The 2005 Campaign [Translation into English: Heinrich Hall]
From early February to early April 2005, the second fieldwork campaign of H.U.N.E. took place. The systematic survey of the concession area was continued; first excavations also took place.
Over 800 new sites were identified and recorded. They are documented following a consistent system, including mapping with GPS coordinates, a detailed description of all structures visible on the surface, several photographs and several sketches, some of them to scale. Surface finds, especially pottery and stone tools, but also a variety of other objects, were collected. They are currently being analysed in Berlin, so as to gain information for an exact dating of the sites.
The Islands [Text: Claudia Näser; translation into English: Heinrich Hall]
The island survey concentrated on Sherari, at 6.5 square kilometres the smallest of the four main islands of the concession. Nearly all of it could be walked; a total of 141 sites were recorded. Their chronological sequence reaches from the Stone Age as far as the Christian period. Especially noteworthy are several sites of the late prehistoric periods, i.e. the 4th to 2nd millennia BC. They include a cemetery of the Kerma period, with over 150 graves. Surface finds from this site include sherds of ceramic and stone vessels that can definitely be identified as Egyptian imports. They permit a dating to the early 2nd millennium BC.
During the second half of the campaign, the team returned to the island of Us, to conduct excavations on two sites already identified in the previous year. On site US022.A a mudbrick structure the function of which could not be definitely asserted on the basis of surface material was examined. It turned out to be a small church in an exceptionally good state of preservation. It could be uncovered in its entirety. It is nearly square in plan and measures ca. 9 by 9 metres. The architectural equipment includes an altar built of mudbrick, a pulpit and several bench-like installations in both sacristies. Underneath a wall near the entrance, a foundation brick was found. It bears a short ink inscription with the names of the church’s patrons, St. Jacob and Mary, Mother of God. On the outside of the church, an intact grave was uncovered. It contained the burial of a man of ca. 60 years.
A trial excavation on the Neolithic settlement site US007 revealed much pottery and stone tools, but mostly numerous well-preserved animal bones. Some of them have already been identified as the remains of domesticated cattle. Because of these promising finds, it is intended to continue working on this site in the next campaign.
Furthermore, a specialised rock art survey took place on Us – the island is among the richest and most interesting rock art landscapes of the 4th Cataract. In total, 160 rock art sites were recorded. They include some very complex sites, but also numerous unusual motifs and compositions, adding entirely new facets to the known repertoire of northeast African rock art. A special feature of the 4th Cataract area’s rock art are the so-called rock gongs. These are mostly undressed granite blocks that produce bell-like metallic sounds when struck with a hard object. Used as musical instruments since prehistoric times, they preserve the sound of past times in a unique fashion. Several such objects could be identified on Us.
Part from its archaeological activities, H.U.N.E. 2005 also engaged on a sub-project devoted to the modern-day inhabitants of the region and their culture. See under Culture of the Manasir.
Sherari
Us
Das Festland [Text: Julia Budka]
„Der Kirbekan-Survey im Februar-März 2005“
Die zweite H.U.N.E.-Kampagne dauerte vom 11. Februar bis zum 29. März 2005. Das auf dem Festland tätige Team konzentrierte sich auf den südlichen Abschnitt des Konzessionsgebietes, den Landstrich vom Gebel Musa im Süden bis Kereiti im Norden – eine Strecke von 10 km.
Dabei diente das in etwa auf halber Strecke zwischen Gebel Musa und Kereiti gelegene Dorf Kirbekan als Hauptquartier und täglicher Ausgangspunkt.
Während der ersten Hälfte der Kampagne wurde in Zweier-Teams ein Survey durchgeführt, der aufgrund der lokalen topographischen Gegebenheiten zu Fuß erfolgte und zeichnerische Skizzen der Objekte, digitale Photodokumentation, Einmessung mit GPS-Geräten sowie bei ausgewählten Fundplätzen auch die genaue Vermessung mit einer Totalstation umfasste. In diesen drei Wochen konnten insgesamt 384 individuelle neue Fundplätze dokumentiert werden. Diese enorme Anzahl sowie vor allem die breite zeitliche Spanne der belegten Nutzungsphasen vom 4. Jahrtausend v. Ch. bis in subrezente Zeit illustrieren den archäologischen Fundreichtum der Region und die hohe Dichte an Denkmälern, die sich schon während der ersten Begehung im Frühjahr 2004 abgezeichnet hatte.
Da nun mit über 570 Fundplatztypen – die 384 neuen Plätze aus 2005 lassen sich als insgesamt 445 Einzeltypen kategorisieren, hinzu kommen 118 individuelle, gesamt 126 aus 2004 – eine repräsentative Menge vorliegt, können die Haupttypen archäologischer Relikte im Konzessionsgebiet von H.U.N.E. wie folgt beschrieben werden:
• Felsbilder, Felsinschriften und Graffiti: Die dominierenden Motive der Felsbildkunst sind Kamele (mit und auch ohne Reiter) sowie Rinder. An weiteren Tierdarstellungen begegnen vorwiegend Ziegen und Capride, Strauße, Giraffen und Canide. Seltener sind Darstellungen von Menschen (meist Jäger und Krieger) sowie Symbole (v.a. christliche Kreuze) und Kirchen belegt.
• unterschiedliche Typen von Friedhöfen – mit Tumuli (Oberbauten als Steinkreise unterschiedlicher Ausformung), mit Steinkistengräbern unterschiedlicher Form und Größe, mit Kuppelgräbern sowie mit Felsspalt-Gräbern
• Isolierte Gräber derselben Typen, die sich zu mehreren Untergruppen zusammenfassen lassen
• diverse Steinsetzungen und –legungen (teilweise rätselhafter Funktion)
• eine Kirche (sehr schlecht erhalten) mit dazugehörigem Steinkisten-Friedhof
• Siedlungsplätze mit oder ohne Architektur/Strukturen
• Siedlungen aus Trockenmauerwerkbauten und diverse Unterstände
• Bruchsteinmauern
Ausgewählte Fundplätze des Kirbekan-Surveys 2005
Felsbilder
Felsinschrift
UQ 006 – Ausschnitt einer christlichen Inschrift mit griechischen Buchstaben, im Kernbereich des heutigen Dorfes Umm Qatatīa |
Friedhöfe
Isoliertes Grab
KIR 005 – isoliertes Kuppelgrab (dome grave) im Hinterland von Kirbekan, freistehend auf den anstehenden Fels gesetzt, geplündert, Datierung unklar |
Siedlungsplätze
Siedlung
KIR 054 – Blick auf den westlichen Abschnitt einer Siedlung aus mehreren Trockenmauerwerk-Bauten; auf einer natürlichen Terrasse auf der Insel Kirbekan |
Bruchsteinmauern
KIR 185 – Bruchsteinmauer entlang eines Hügelkammes im Hinterland von Umm Qatatīa, Nord-Süd verlaufend; eine Art Demarkationslinie? |
Ausgewählte Funde
Grabungsplätze der 2005-Saison
Während der zweiten Hälfte der Kampagne wurden kleinere Grabungen und Testschnitte an ausgewählten Plätzen durchgeführt und verschiedene Strukturen zeichnerisch dokumentiert. Zwei Grabungsplätze erwiesen sich dabei von besonderem Interesse – eine Kirche aus dem christlichen Mittelalter (KIR 257) sowie ein Friedhof aus der napatanischen Epoche (KIR 208).
Die Kirche von El Kuneisa
Mit der Hilfe von Arbeitern aus der Region wurde im Verlauf von zwei Wochen der Fundplatz KIR 257, unweit des Gebel Musa, untersucht. Dabei traten die Überreste eines christlichen Gebäudes zutage, bei welchem es sich am ehesten um eine Kirche handelt. Die sichergestellten architektonischen Reste inmitten moderner Felder sind nur spärlich und umfassen vor allem zwei parallele Lehmziegelmauern, die wohl ehemals einen Bestandteil des Gewölbes der Kirche bildeten. Als die unteren Mauern des Gebäudes zerstört wurden, um die dortigen Lehmziegeln als Baumaterial wieder zu verwenden, stürzte naturgemäß das Gewölbe ein und blieb in der Position auf natürlichem Sediment liegen, in der es 2005 ausgegraben wurde.
Besonders hervorzuheben ist bei der Kirche von El Kuneisa einerseits das Fundmaterial –dieses umfasst nicht nur einen hohen Prozentsatz an keramischen Feinwaren, sondern auch beschriftete Tonplatten, diverse Kleinfunde wie Spinnwirtel, Putzreste und Fragmente eines tönernen Fenstergitters – anderseits die Verbindung zum nahe gelegenen Friedhof mit Steinkistengräbern, der im heutigen Dorfbereich entdeckt wurde sowie der inhaltliche Kontext zu den zahlreichen christlichen Symbolen im Repertoire der Felsbilder der näheren Umgebung, insbesondere zu der Kirchendarstellung KIR 333, die nur wenige Hundert Meter vom Kirchenstandort entfernt gefunden wurde (siehe oben).
Ein napatanischer Friedhof
Für unser Wissen über funeräre Archäologie, Grabbauten und Bestattungssitten der Region brachte die Kampagne 2005 einen wesentlichen Erkenntniszuwachs. 56 Friedhöfe und 64 Einzelgräber wurden dokumentiert. Besonders hervorzuheben ist die Gruppe der so genannten Kuppelgräber (engl. dome graves), die scheinbar eine lokale Grabvariante darstellen. Diese Bauten konnten auch von anderen Missionen am Vierten Katarakt festgestellt werden und wurden aufgrund des Fundmaterials von der Kermazeit bis in die napatanische Epoche datiert.
Um die zeitliche Einordnung der Gräber in der Region um Kirbekan exemplarisch zu prüfen, wurden acht der Anlagen ausgegraben. Vier isolierte Gräber wurden nahezu vollständig geplündert vorgefunden. Besonders aussagekräftige Befunde erbrachte jedoch der Friedhof KIR 208, der mindestens acht Gräber umfasst. In zweien dieser Kuppelgräber fanden sich noch die Bestattungen in situ, zwei weitere zeigten ausreichend Knochenmaterial um die Position der Skelette als Hockerbestattungen zu rekonstruieren. Jede der Bestattungen war zwar in antiker Zeit geplündert worden, doch hatten die Räuber entweder einiges übersehen oder sie legten keinen Wert auf Dinge wie einfache Perlenketten und Keramikgefäße. Für uns als Archäologen sind diese zurückgelassenen Objekte hingegen von großer Bedeutung – denn sie lassen uns nicht nur die Gräber datieren (in diesem Fall in die Napatanische Zeit, konkret ins 8.-7. Jahrhundert v. Chr.), sondern sie geben auch Auskunft über die Ausstattung der Gräber, wodurch in weiterer Hinsicht Einblicke in das damalige Bestattungsbrauchtum die Jenseitsvorstellungen möglich sind.
KIR 208: Überblick des Friedhofes | |
KIR208_3: Blick auf die enge Hockerbestattung in Grab 3 |
Ausgewählte Funde aus Friedhof KIR 208:
KIR 208_24c: Anhänger/Ohrring aus Fayence mit Längsdurchbohrung – gefunden neben dem Schädel in Grab 2 |