Manasir – Die moderne Bevölkerung
Die Konzession von H.U.N.E. liegt vollständig im Siedlungsgebiet der Manasir. Bis jetzt bestreiten die meisten von ihnen ihren Lebensunterhalt mit Ackerbau, Dattelpalmpflanzungen und Kleinviehzucht. Die dafür nutzbare Fläche ist extrem klein, doch immerhin gestatten die klimatischen Verhältnisse zwei jährliche Ernten. Weizen, Linsen, Saubohnen, Kichererbsen sowie Okra, Gurken, Tomaten, Auberginen, Zwiebeln, Wassermelonen und Kürbisse sind die wichtigsten Wintergewächse. Im Sommer wird neben Hülsenfrüchten und Gemüse vor allem Sorghum angebaut.
Die Dorfgemeinden in Dar al-Manasir sind klein und haben meisten nicht mehr als einige Dutzend Einwohner. Märkte gibt es nur an zentralen Punkten, in unserem Konzessionsbereich einmal wöchentlich in Salamat (Bild). Auch weiterbildende Schulen, Läden und einige andere Versorgungseinrichtungen, wie eine Arztpraxis, sind nur in Salamat und einigen größeren Gemeinden auf der Insel Shirri zu finden.
Die etwa 30.000 – durchgängig arabischsprachigen und muslimischen – Manasir werden ihre angestammte Heimat verlassen müssen und sind damit die am stärksten vom Dammbau beeinträchtigte Bevölkerungsgruppe. Insgesamt sollen 48.000 Menschen in vier verschiedene Gebiete flußauf und flußab des gefluteten Areals umgesiedelt werden. Unmittelbar hinter der Dammbaustelle haben die Evakuierungsmaßnahmen bereits begonnen. Die verlassenen Dörfer bieten einen gespenstischen Anblick, denn sie wurden zerstört, um eine Rückkehr der Bewohner zu verhindern.
In ihren künftigen Siedlungsgebieten werden sich die Leute an ganz neue Lebensum-stände – eine andere Landschaft, ein anderes Wirtschaften, andere Wohnformen, ande-re soziale Netzwerke – gewöhnen müssen. Den Manasir droht nicht nur der Verlust ihrer traditionellen Lebensweise, sondern auch das Aufbrechen und Verschwinden ihrer soziokulturellen Einheit. Eine beratende Begleitung im Vorfeld der Umsiedlung durch staatliche Stellen hat es bisher nicht gegeben. Die Manasir wissen nicht einmal genau, wann sie ihre Heimat zu verlassen haben.
Während unserer Feldarbeit stehen wir in engem Kontakt mit der lokalen Bevölkerung: wir leben und arbeiten mit ihnen. Wir möchten daher nicht nur archäologisch tätig sein, sondern auch den schweren Prozeß der Umsiedlung begleiten und wenigstens dabei helfen, das kulturelle Erbe zu dokumentieren und es für die Manasir und ihre nachfolgenden Generationen zu erhalten. In den nächsten Feldkampagnen soll uns ein Ethnologe begleiten.
Die Manasir gehen in eine ungewisse Zukunft. Bei ihrem Umzug müssen sie sich auf das Lebensnotwendige und Transportable beschränken. Viele Dinge werden zurückbleiben. Sie haben nicht einmal die Möglichkeit, Bilder ihrer alten Heimat, die sie unwiederbringlich verlieren werden, mitzunehmen – etwas für uns so Alltägliches wie Fotoapparate besitzen sie nicht.
Auf Bitten unserer Gastgeber, Nachbarn und in der weiteren Umgebung wohnender Manasir haben wir außer Aufnahmen von Altertümern auch zahlreiche Bilder von den Menschen in ihrem alltäglichen Umfeld gemacht. Abzüge davon sind inzwischen auf dem Weg in den Sudan. Das soll jedoch nur der Anfang einer planmäßigen Bestandsaufnahme des heutigen Lebens in Dar al-Manasir sein. Ziel ist die Errichtung eines Bild- und Tonarchivs, das den Manasir in ihrer zukünftigen Heimat zur Verfügung steht.
Weder für die vorgesehene ethnographische Feldarbeit noch für die Aktion "Fotos für die Manasir" oder gar das Erinnerungsarchiv ist die Finanzierung gesichert. Sponsoren speziell für diese Projekte sind uns deshalb hochwillkommen. Wenn Sie die Arbeit von H.U.N.E. unterstützen wollen und möchten, daß Ihre Spende gezielt für die Dokumentation der gegenwärtigen Kultur eingesetzt wird, fügen Sie Ihrer Überweisung bitte das Stichwort "Dar al-Manasir heute" bei.