"Es muß nach Sex riechen"
Der amerikanische Mode-Unternehmer Calvin Klein über Parfüms, den Welterfolg seiner
Kollektionen und die Aufregung um seine Werbekampagnen.
Journalist:
Mr. Klein, in Ihrem Atelier steht außer einem Fernsehapparat, einem Arbeitstisch und
einem Sofa fast nichts. Brauchen Sie diese karge Umgebung?
Klein:
Ich habe gerade ziemlich viel rausgeschmissen. Dieses Regal drüben zum Beispiel war
noch vor ein paar Tagen voll mit Büchern und Zeitschriften. Über Jahre habe ich die
da abgelegt und nie reingeschaut. Wozu brauche ich das alles? Wenn etwas nicht absolut
notwendig ist für mich, dann stört es nur. Es nervt, Dinge zu besitzen, die man nicht
unbedingt braucht. Zum überlebensnotwendigen gehören außer Telefon und Licht nur
noch Kleider, die ich trage. Aber auch die sollten nicht wichtiger sein als ich.
Manche Leute ziehen Sachen vor, die einen anschreien: "Hey schau mich an." Ich bin dafür,
daß die Person im Mittelpunkt steht und nicht die Hose.
Heute dreht sich Modedesign um mehr als nur um Kleidung und Parfüm. Wir gestalten
die Umgebung der Leute. Und wenn unsere Arbeit gut ist, geben wir ihnen damit Identität
und Sicherheit. Ein großes Label auf der Brust spazierenzutragen ist für viele Leute
ein Statussymbol geworden. Es genügt heute nicht mehr, den Firmennamen auf der Innenseite
des Hemdes zu plazieren. Die Leute wollen mit einer Firma in Verbindung gebracht
werden, die sie gut finden. Mit einem Namen, der sagt: " Du bist sophisticated. Du
bist reich. Du bist cool. Du bist jung, amüsant und sexy. Die Größe der Logos unterliegt
den Gesetzen der Mode. Mal wollen die Leute groß, dann wird es ihnen langweilig.
Dann wollen sie kleine, dann wollen sie überhaupt keine mehr. Aber deshalb arbeiten
wir ja in der Mode wir wissen, was die Leute wollen.
Wir beobachten den Markt sehr genau, aber das genügt mir nicht: Ich möchte die Dinge
selber vorantreiben und an neuen Trends teilhaben. Wenn Sie so denken und noch dazu
in einer Stadt wie New York aufgewachsen sind, dann bekommen Sie automatisch eine
ganze Menge mit. Ich kann keine alten Sachen nachmachen. Alles, was heute entworfen wird,
muß modern sein. Unser Leben ist viel komplizierter als vor hundert Jahren. Frauen
haben heute ein viel aktiveres Leben, sie sind körperbewußt, und sie brauchen diese
ganze Dekoration nicht mehr. Sie wollen simple Sachen, in denen sie sich wohlfühlen und
bewegen können. Im Grunde genommen wollte ich 1968, als ich anfing, dasselbe wie
heute: Ich wollte, daß die Leute besser aussehen.
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