"Er war einfach schüchtern"
Christiane Kubrick über ihre Ehe mit dem Filmregisseur Stanley Kubrick und dessen
Öffentlichkeitsscheu. Christiane Kubrick, die sich damals Susanne Christian nannte,
galt in den fünfziger Jahren als talentierte Film- und Theaterdarstellerin. 1932
in Braunschweig geboren heiratete sie 1958 den US-Regisseur Stanley Kubrick der am 7. März
2000 im Alter von 70 Jahren starb.
Journalist:
Frau Kubrick, hätte es Ihrem Mann gefallen, dass Sie mit Journalisten reden?
Christiane Kubrick:
Nein, Stanley mochte keine Interviews. Er empfand sich selbst als ungeheur langweilig.
Langweilig im Vergleich zu seinen Filmen wohlgemerkt. Er meinte, was er zu sagen
hatte, könnte er nicht besser ausdrücken als durch seine Filme, über die er so lange
nachgedacht hatte.
Als er 1997 eine Dankesrede halten sollte zur Verleihung des Griffith Awards, hat
er sich selbst hier im Haus gefilmt. Er hatte Lampenfieber, es war eine Katastrophe
und wir haben ihn auch noch ausgelacht. Als er sich das Video später ansah, ist
er selbst fast erstickt vor Lachen. Er war ein sehr humorvoller Mensch. Aber wenn er eloquent
über seine Filme sprechen sollte, fiel ihm nichts ein.
Er war einfach schüchtern. Es fing damit an, dass er nicht gern ausging. Er empfand
das als Unterbrechung seiner Arbeit. Er gab aber gern Gesellschaften zu Hause. Er
hat alles am liebsten hier zu Hause gemacht. Er hatte einfach Angst, etwas Blödes
zu sagen. Er litt.
Mein Mann galt als misanthropischer Eremit. Irgendein Magazin hat mal behauptet, er
sei im klinischen Sinn absolut verrückt geworden. Darüber hat er sich wirklich geärgert.
Und deshalb fing er schließlich an, darüber nachzudenken: "Wie kann ich der Welt
mitteilen, wie reizend ich in Wirklichkeit bin? Dass ich kein solches Arschloch bin,
das seinen Garten mit Insektiziden besprüht, auf Touristen schießt?" Das war ein
paar Monate vor seinem Tod. Und deshalb rede ich jetzt mit Ihnen.
1957 hat mich Kubrick im Fernsehen gesehen, er suchte eine deutsche Schauspielerin
für seinen Film "Wege zum Ruhm", den er damals in München vorbereitete, mit Kirk
Douglas in der Hauptrolle. Wir haben uns im Studio getroffen, und er hat mich engagiert.
Noch vor Beginn der Dreharbeiten, es war Faschingszeit, wurde das Kammerspiel-Ensemble
für einen bunten Abend ausgeliehen eine Riesenhalle voller betrunkener kostümierter
Leute. Stanley hatte von einem Freund gehört, dass ich dort sei; so hat er mich gefunden. Als die Dreharbeiten anfingen, waren wir längst ein Paar. Weihnachten 1957
sind wir dann nach Kalifornien gezogen.
Ich wollte schon immer Malerin werden, konnte damit aber kein Geld verdienen. In Amerika
habe ich sofort angefangen, Malerei zu studieren. Das ist bis heute mein Beruf geblieben.
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