Die Kraft des Lachens ist wie die Macht zu töten

Der 46jährige Filmemacher erzählt von Faschismus und Holocaust, Komödianten und Kindern und der großen Gabe, Menschen zum Lachen zu bringen.

Journalist : Herr Benigni, am Sonntag werden die Oscars verliehen. Ihr Film bekam überraschenderweise gleich sieben Nominierungen unter anderem in den Topkategorien Bester Schauspieler , Bester Regisseur und Bester ausländischer Film . Das Leben ist schön ist eine Komödie und handelt vom Holocaust. Das klingt zunächst absurd. Wie kamen Sie auf die Idee?

BENIGNI : Es ist ja nicht wirklich eine Komödie über den Holocaust, denn das wäre ein Widerspruch in sich. Es wäre unmöglich. Wenn man versucht, einen Gag über den Holocaust zu schreiben, weigert sich die Hand. Der Maler Wassily Kandinsky hat mal gesagt: Wenn ich einen Witz über ein Konzentrationslager hörte, würde ich die Stadt verlassen . Genau das würde ich auch tun. Der Film ist also keine Komödie über den Holocaust, sondern ein Film über den Holocaust eines Komödianten. Und Komödianten können manchmal das Tragische in einer Geschichte besser ausdrücken als Dramatiker, denn sie sind wie Kinder.

Das macht sie aber auch sehr verletzlich. Wenn ich mir das Gesicht von Charlie Chaplin, Buster Keaton oder Stan Laurel in einer tragischen Situation vorstellen würde, müßte ich sofort weinen. Sie sind der Inbegriff von Reinheit. Sie sind wie Heilige.
Für diesen Film stellte ich mir einen Clown in einem Konzentrationslager vor. Und ich versuchte mir auszumalen, wie dieser Clown versucht, seinen Sohn zu beschützen, indem er ihm sagt, daß der schrecklichste Ort der Welt der schönste und beste ist: Oh, wir haben so ein Glück, hier zu sein! Bist du glücklich hier? Aber das alles hat mich auch geängstigt.

Wenn man über den Holocaust liest, ist man danach nicht mehr derselbe Mensch wie vorher. Der Film ist also auch mein Beitrag zum Bewahren der Erinnerung an den Holocaust. Am Anfang dachte ich nur über diese Art nach, das Kind zu beschützen. Das war die einzige Möglichkeit, wie ich in dieser extremen Situation handeln konnte. Ich mache allerdings auch keine Dokumentarfilme. Ich bin kein Regisseur wie Martin Scorsese oder Steven Spielberg sie können Gewalt direkt zeigen. Ich bin ein Komödiant und habe einen anderen Stil.

Giorgio Cantarini spielt die Rolle des kleinen Giosué, dieser Junge ist ein Geschenk des Himmels. Bei den Proben kam er ganz alleine herein. Sein Gesicht ich fiel fast vom Stuhl! Wirklich, es war als sei er mir geschickt worden. Sein Gesicht war nicht makellos schön, klassisch. Nein, da gibt es diese dicke Nase ein sehr altertümliches Gesicht. So poetisch. Und ich habe mich sofort in den Jungen verliebt. Er wußte nichts vom Show- busineß. Er kann nicht lesen, und es schien unmöglich, daß er seinen Text auswendig lernt. Er fürchtete sich, weil er so gar nichts wußte. Also schützte er sich selbst und griff jedesmal, wenn ich Action sagte, nach seinem Penis. Das war schon mechanisch, als ob er Angst hätte, daß er kastriert würde, der seltsame Junge. Wenn Sie mal im Film darauf achten, bewegt sich seine Hand immer. Und dann war da noch diese Energie, die er ausstrahlte.

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