Auto II
Deutschland auf gutem Wege in die Zukunft
Rede des Bundeskanzlers in Frankfurt am Main
Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl hielt anläßlich der Eröffnung der 57. Internationalen
Automobil-Ausstellung am 11. September 1997 in Frankfurt am Main folgende Rede :
I.
Sehr verehrte Frau Oberbürgermeisterin, liebe Frau Roth,
Herr Ministerpräsident Eichel,
lieber Herr Präsident Gottschalk,
Exzellenzen,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
einen ganz besonders herzlichen Gruß möchte ich namens der Bundesregierung auch den
vielen ausländischen Gästen sagen, die heute und in den kommenden Tagen auf der 57.
Internationalen Automobil-Ausstellung hier in Frankfurt sind.
Die IAA ist in diesem Jahr ein besonderes Ereignis sie feiert ihr 100jähriges Bestehen.
Es ist ein weiter Weg gewesen von jener ersten Ausstellung im September 1897 bis
zur heute weltweit bedeutendsten Automobil-Ausstellung. Wir erleben eine eindrucksvolle Leistungsschau modernster Autotechnik. Dies unterstreichen auch die zahlreichen
neuen Modelle und technischen Innovationen, die die rund 1300 Hersteller und Zulieferer
aus 41 Ländern hier erstmals der Öffentlichkeit präsentieren.
Die 100jährige Entwicklung der IAA spiegelt zugleich die einzigartige Erfolgsgeschichte
des Automobils wider. Das Automobil ist nicht irgendein Gegenstand. Mit dem Auto
verbinden wir auch sehr viel Emotionales, Lebenswillen und nicht zuletzt Lebensfreude.
Das Auto hat einen wesentlichen Anteil am Entstehen der arbeitsteiligen Wirtschaft
und damit der modernen Industriegesellschaft. Es ist heute aus unserem Alltag nicht
mehr wegzudenken. Es steht zudem und das scheint mir immer wieder besonders wichtig
zu sein für individuelle Mobilität, persönliche Freiheit und ein Stück Unabhängigkeit.
Wir haben dies einmal mehr vor über sieben Jahren im Zuge der deutschen Wiedervereinigung
erlebt. Die Boomphase gerade für die Automobilindustrie in jenen Tagen hat den Wunsch
vieler Menschen in den neuen Ländern nach dem eigenen Auto deutlich zum Ausdruck gebracht. Im Nachfrageboom der deutschen Wiedervereinigung und im Aufhooprozeß der
neuen Länder ist zugleich die enorme Bedeutung des Autos und von Verkehrswegen als
Quelle von Wohlstand und Wachstum besonders spürbar geworden.
Mit Blick auf die Geschichte und den Stellenwert des Automobils ist das Motto der
diesjährigen IAA gut gewählt: "Auto verbindet". Das Motto ist zugleich Wegweiser
für anstehende Herausforderungen. Für die Bundesregierung bleibe ich bei einem klaren
Ja zum Auto wie ich es in all den Jahren meiner Amtszeit immer gesagt habe. Die Bundesregierung
fühlt sich gerade auch der durch das Auto verkörperten individuellen Mobilität verpflichtet.
Das Auto ist und wird auf lange Zeit wichtigstes individuelles Verkehrsmittel bleiben.
Dieser Tatsache müssen wir Rechnung tragen. Wir müssen natürlich ebenso die Schattenseiten
des Autos berücksichtigen, wie Verkehrsstaus, Lärmbelästigungen und die Luftbelastung mit Schadstoffen. Dabei ist klar. Die umweltpolitischen Notwendigkeiten einerseits
und das berechtigte Mobilitätsbedürfnis der Bürger und der Wirtschaft andererseits
sind kein unauflöslicher Widerspruch. Im Gegenteil: Wer die Abkehr vom Auto propagiert, fährt in Wahrheit in die Sackgasse. Er schadet dem wirtschaftlichen Wachstum,
gefährdet Arbeitsplätze und Wohlstand.
Wir dürfen uns nicht von manchen Ideologen in die Falle locken lassen, die das Auto
mit beinahe religiöser Inbrunst verteufeln. Gerade auf diesem Feld ist die Heuchelei
gewaltig. Ich wundere mich immer wieder über manche Demonstranten, die mit dem Auto
zur Demonstration anreisen und nur die letzten 100 Meter zu Fuß gehen. Mit dieser Art
der Auseinandersetzung um den Erhalt der Schöpfung bei gleichzeitig steigendem Verkehrsaufkommen
kommen wir nicht weiter. Notwendig ist vielmehr, die Pros und Contras sorgfältig abzuwägen und die erforderlichen Schritte entschlossen zu gehen.
Wir müssen bei steigenden Mobilitätsbedürfnissen Ökonomie und Ökologie auf Dauer miteinander
verbinden. Das heißt: Wir müssen Auto und Verkehr umweltverträglich gestalten Wir
haben die Erfahrung, die Intelligenz und wie ich hoffe auch den Willen, dieser Notwendigkeit Rechnung zu tragen. Gerade in einer modernen Industriegesellschaft
wie der unseren müssen wir bereit sein, im Blick auf die eigenen
Kinder und Enkel diese Verantwortung zu übernehmen.
Das heißt: Wir müssen erstens die Verkehrsinfrastruktur ausbauen und besser nutzen.
Die Verkehrsinvestitionen sind bereits heute der größte Investitionsposten im Bundeshaushalt.
Sie werden weiterhin hohe Priorität behalten auch wenn wegen der schwierigen Haushaltslage nicht alles unmittelbar umgesetzt werden kann, was wünschenswert wäre.
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