Eröffnung der Amerikanischen akademie in Berlin
Begrüßungsworte des Bundespräsidenten
Bundespräsident Roman Herzog sprach bei der Eröffnung der Amerikanischen Akademie
am 20. März 1998 in Berlin folgende Begrüßungsworte:
Ich freue mich, daß ich heute an einem Ereignis teilnehmen kann, das "den Stier bei
den Hörnern packt", nämlich das heiß umstrittene Thema, ob es im transatlantischen
Verhältnis einen Kulturbruch gibt oder nicht. Mit dem Thema "Geistige Führung für
das neue Jahrhundert" versprechen Sie eine konstruktive Antwort auf diese Frage, und zwar
eine, die mir am Herzen liegt. Gleichzeitig eröffnen Sie mit diesem Ereignis die
American Academy in Berlin. Damit entsteht die erste amerikanische kulturelle und
akademische Institution in Europa nach dem Ende des Kalten Krieges.
Daß die Gründung dieses Instituts so spontan Zustande kam, zeigt, daß Europa nicht
von den Radarschirmen Amerikas verschwunden ist und daß auch nach dem Ende des Kalten
Krieges in der deutsch-amerikanischen Freundschaft neuer Sinn gefunden wird. In den
letzten vierzig Jahren hat sie für Deutsche und Amerikaner Wunder bewirkt. Sie ist zu
einer tiefen, stabilen, erfolgreichen Freundschaft geworden. Sie hat mitgeholfen,
den Kalten Krieg zu beenden. Jetzt geht es darum fast möchte ich sagen, jetzt geht
es ganz einfach darum , neue Wunder zu bewirken.
Die Welt ist im Umbruch, und die Dinge werden komplizierter. Wenn wir die Chance des
Erfolgs der letzten vierzig Jahre für die Zukunft nutzen wollen, müssen wir, wie
Henry Kissinger sagt, die Atlantische Gemeinschaft neu begründen. Und dazu brauchen
wir noch mehr Zusammenarbeit als bisher. Vor allem aber brauchen wir neue Formen der Zusammenarbeit.
So wie vor fünfzig Jahren die Berliner Luftbrücke Symbol unserer Freundschaft war,
könnte die American Academy als geistige Brücke eines der Symbole unserer Freundschaft im nächsten Jahrhundert werden: Sie könnte als eine Lebensader des neuen
transatlantischen Verhältnisses Ideen und Lösungen für die Herausfor-derungen des
kommenden Jahrhunderts in beide Richtungen transportieren.
Sie bringt die öffentlichen Eliten, Wissenschaftler und Kulturschaffende, Unternehmer
und Intellektuelle zusammen, um sie zu einer transatlantischen Lerngemeinschaft zu
verflechten. Sie erweitert damit die politischen Beziehungen um ein neues Bündnis
gegenseitiger kultureller, geistiger und wirtschaftlicher Stimulierung. Sie verspricht
zum Katalysator deutsch-amerikanischer Partnerschaft im nächsten Jahrhundert zu werden.
Daß bei der Umsetzung dieser Ideen nicht nur der öffentliche, sondern ganz besonders
der private Sektor gefordert ist, liegt auf der Hand. Von Unternehmern, die in Perspektiven
denken, also wirklich unternehmerischen Unternehmern, erwarte ich
nicht nur Interesse an Investitionen in die Zukunft, sondern auch Handeln. Privatpersonen
wie Anna-Maria und Stephen Kellen und die Nachkommen von Hans und Ludmilla Arnhold
sind hier leuchtende Beispiele. Wenn es gelingt, die American
Academy mit vereinten Kräften auch finanziell auf die Beine zu stellen, haben wir
nicht nur neue geistige und außenpolitische Traditionen begründet, sondern auch neue
Wege der wirtschaftlichen Umsetzung eingeschlagen.
Ich wünsche der American Academy von ganzem Herzen jeden erdenklichen Erfolg.
© 1999, Francopolis. Tous droits réservés.