Trilaterale Kommission zu Themen des 21. Jahrhunderts

Begrüßungsworte des Bundespräsidenten in Berlin

Bundespräsident Roman Herzog sprach beim Empfang der Teilnehmer der Plenarsitzung der Trilateralen Kommission im Schloß Bellevue am 23. März 1998 in Berlin folgende Begrüßungsworte:

Graf Lambsdorff,
Herr Volcker,
Herr Kobayashi,
Herr Rockefeller,
meine Damen und Herren,

ich freue mich, die Trilaterale Kommission aus Anlaß ihres 25. Plenartreffens im Schloß Bellevue zu begrüßen. Sie haben sich zum ersten Mal in Berlin zusammengefunden. Als so eine Art Altberliner, der schon einen großen Teil seiner Dienstgeschäfte von Berlin aus führt, freut mich das besonders. Sie wissen, daß mein Amt bereits in diesem Jahr ganz nach Berlin umziehen wird.

Auch Sie haben sich, wie ich höre, in den vergangenen Tagen mit den Themen des 21. Jahrhunderts beschäftigt. Daß dieses Jahrhundert eine Ära gemeinsamen Handelns werden muß, darüber kann es angesichts der unaufhaltsamen Globalisierung keinen Zweifel geben. Das setzt gemeinsame Erkenntnis und gemeinsames Verständnis der Zukunftsprobleme voraus.

Gerade die reifen Industrienationen teilen eine ganze Reihe von drängenden Problemen miteinander, die vor nationalen Grenzen nicht haltmachen und die deshalb auch niemand im Alleingang lösen kann. Denken Sie an die jüngsten Währungskrisen und Kapitalmarkteinbrüche in Asien, denken Sie auch an die gesellschaftlichen Probleme, etwa die auf den Kopf gestellte Alterspyramide, die für erheblichen Reform-
druck in Japan und Deutschland sorgt, während in den USA zwar die Reform des Umlagesystems diskutiert wird, die private Altersvorsorge aber schon weitgehend gesellschaftlich und ökonomisch verankert ist.

Auch in den internationalen Beziehungen kann man neuen Herausforderungen nur mit neuer Politik begegnen. Die Schlüssel einer solchen Politik finden sich, so meine ich, in einer Dreifachstrategie der Kommunikation, der Kooperation und der Integration.

Zur Strategie der Kommunikation gehört zum Beispiel die Jahresversammlung der Trilateralen Kommission. Der Meinungs- und Erfahrungsaustausch nicht nur auf politischer, sondern auch auf wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene mobilisiert Frühwarnsysteme, ebenso aber auch Kraft-und Energiequellen, aus denen wir Ideen für Lösungen schöpfen können. Wenn wir den Dialog eröffnen und vertiefen, wird es uns übrigens auch leichter fallen, gegenseitig Toleranz zu üben.

Schon jetzt treiben ja nicht mehr nur Diplomaten mit Diplomaten Außenpolitik. Künstler, Unternehmer, Abgeordnete, Wissenschaftler verschiedener Länder nehmen unmittelbar Kontakt miteinander auf. Sie bilden internationale Netzwerke, die ein unschätzbares Kapital für zukünftige Zusammenarbeit sind. Insofern ist das Konzept der nun schon ein Vierteljahrhundert alten Trilateralen Kommission immer noch taufrisch.
Die Strategie der Kooperation gehört als zweites Element zu einer neuen Politik. Im Zeitalter der Globalisierung ist eine wachsende Zahl von Aufgaben durch Nationalstaaten allein nicht mehr lösbar. Die jüngsten Währngsturbulenzen, die von Asien ausgingen, aber alle anderen Länder mitbetroffen haben, erinnern uns an die der siebziger Jahre. Die Trilaterale Kommission kann also aus den Erfahrungen ihrer Grün dungszeit schöpfen, wenn sie über die Frage der internationalen Koordinierung von Wirtschafts- und Währungspolitiken nachdenkt.

Vielleicht noch klarer als damals ist heute, daß wir wirtschaftliches Gleichgewicht - auch auf dem Arbeitsmarkt - nur durch Erschließung neuer Wachstumsformen erreichen. Ich denke dabei insbesondere an die Mobilisierung wissensgestützten Wachstums. Ludwig Erhards Wort vom "Wohlstand für alle" gilt unverändert fort. In Zukunft wird er sich aber nur noch im Zweiklang mit der Devise "Bildung für alle" verwirklichen lassen.

Der anspruchsvollste Teil der Dreifachstrategie ist natürlich die Strategie der Integration. Ich denke hier nicht nur an die supranationale Integration im Stil der Europäischen Union, obwohl die Idee der Integration gerade von Europa aus mit der Wirtschafts- und Währungsunion einen großen Sprung nach vorn macht. Integrierend wirken im Zeitalter der Globalisierung auch die vielfachen Formen zwischenstaatlicher, transnationaler oder auch nur ökonomischer Verflechtung. APEC und ASEM sind Beispiele solcher Verflechtungstendenzen, die Amerika, Asien und Europa verbinden. Auch hier hat natürlich die Trilaterale Kommission Vorarbeit geleistet.

Für Ihr Wirken im kommenden Jahr wünsche ich Ihnen in diesem Sinne allen erdenklichen Erfolg.


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