Polysemie
- religiös-geographisch: ‘Garten Eden’
- religiös-eschatologisch: ‘Aufenthaltsort der Seelen’
- psychologisch: ‘Eldorado’
- architektonisch: ‘Atrium’
Definition
Paradies, auch Paradeis
Nach der Bibel der Ort, am dem die ersten Menschen Adam und Eva nach der Schöpfung gelebt hatten, bevor sie infolge ihrer ersten Sünde von dort vertrieben wurden. Ein schöner Garten, in dem Frieden und Ruhe herrschen.
Sg. tant.
Konnotationen
- Unschuld, Sündlosigkeit, Reinheit, Naivität, Nacktheit
- Schlange, Baum der Erkenntnis, Lebensbaum, Apfel
- Sündenfall, Erbsünde
- Cherub
Lexikalische Relationen
Synonyme
- (Garten) Eden
Hyperonyme
- Himmel
Wortbildungen
Substantive
- Paradiesapfel1 ‘besonders auf der Balkanhalbinsel heimischer kleiner, rundlicher, wild wachsender Apfel’
- Paradiesapfel2/ Paradeiser ‘regionaler Ausdruck für die Tomate’, auch Liebesapfel (veraltet) oder Paradeisapfel (regional (v. a. Österreich), veraltet), laut Duden nach dem Vergleich des kräftigen Rots mit der Schönheit der verbotenen Frucht im Paradies
- Paradiesfisch ‘eine Art Zierfisch’
- Paradiesgarten ‘Paradies’
- Paradiesvogel1 ‘tropischer Vogel mit prächtigen Gefieder’
- Paradiesvogel2 ‘jmd., der in seiner Umgebung durch ungewöhnliche Ideen, unangepasste Lebensweise, durch ausgefallene Kleidung o. Ä. auffällt’
Adjektive
- paradiesisch1 ‘das Paradies (religiös-biblisches Profil) betreffend, zu ihm gehörend’, vgl. der paradiesische Zustand der Unschuld
Phraseme, Kollokationen
Kollokationen
- Garten des Paradieses
- irdisches Paradies
- Paradies auf Erden
- Vertreibung aus dem Paradies
Belege
Bäume wurden auch bei anderen Anlässen geschmückt, als Maibaum etwa oder als Richtbaum. Der geschmückte Christbaum hingegen ist eine Andeutung auf den Paradiesbaum.
Die biblische Schöpfungsgeschichte erzählt, dass Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben wurden, weil sie vom verbotenen Baum genascht hatten. Von diesem Baum ging das Unheil aus, weswegen das Kommen des Erlösers Jesus Christus notwendig wurde, von dessen Bedeutung schließlich der Christbaum kündet. Die Äpfel, die man früher in den Christbaum hing, unterstreichen dies: Denn es soll ein Apfel gewesen sein, den Eva dem Adam reichte.
Mannheimer Morgen, 24.12.2008
Neben Gottesdiensten, Gesprächs- und Meditationsangeboten will sich das Projekt „Kirche auf der Buga 2011“ thematisch vor allem mit dem Begriff der Schöpfung auseinandersetzen. „Gärten sind im christlichen Sinne immer auch ein Symbol für das verlorene Paradies, der Einheit des Menschen mit Gott und seiner Schöpfung“, unterstreicht Superintendent Dr. Markus Dröge. Dies ist auch ganz im Sinne des Leitgedankens der Buga. „Die Buga ist ja keine einfache Blümchenschau, sondern sie steht unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit – und dazu gehört auch, dass wir Menschen des 21. Jahrhunderts darüber nachdenken, inwiefern wir mit unserer Natur verantwortungsbewusst umgehen“, sagt Hanspeter Faas, Geschäftsführer der Buga-GmbH.
Rhein-Zeitung, 09.05.2009
Die katholische Marienkirche mal ganz anders erleben kann man am Freitag, 23. Oktober: Um 20 Uhr setzt die Gruppe „Sancto Petrolio“ den Kirchenraum mit ihrer Feuerperformance in Flammen. Von der Schöpfung bis zum Weltuntergang, vom brennenden Dornbusch und dem Thron Gottes bis zu Hexenverbrennungen und Auschwitz setzt die Theatergruppe biblische Geschichte in Verbindung mit Kirchengeschichte in Szene. Ob Dornbusch oder Baum der Erkenntnis, die sieben Blitze, die den Weltuntergang ankündigen, oder die flammenden Schwerter der Cherubime vor dem Paradies – das Feuer ist allgegenwärtig.
Schon jetzt laufen intensiv die Vorbereitungen. Die Theaterpädagogin Anja Drescher aus Nidderau, deren Feuerspektakel – ursprünglich ihr Studien-Abschlußprojekt – sich selbständig zu machen scheint und schon der fünften Aufführung entgegensieht, klärt noch letzte Fragen zum Rauchabzug mit Fachleuten der Freiwilligen Feuerwehr und dem vorbeugenden Brandschutz.
Frankfurter Rundschau, 21.10.1998
Definition
Paradies, auch Paradeis
Im Christentum und einigen anderen Religionen der Ort und Zustand der ewigen Seligkeit der Menschen nach ihrem Tod. Okkasionell auch für Tiere.
Sg. tant.
Konnotationen
- ewiges Leben, Auferstehung der Toten, Unsterblichkeit
- Makellosigkeit, Glanz, Herrlichkeit
- Fülle
- Engel, Harfen
Lexikalische Relationen
Synonyme
- Elysium ‘Gefilde der Seligen’
- Himmelsreich
- Himmlisches Jerusalem
Opposita
- Fegefeuer
- Hölle1
Wortbildungen
Adjektive
- paradiesisch2 ‘das Paradies (religiös-eschatologisches Profil) betreffend, zu ihm gehörend’, vgl. das paradiesische Leben nach dem Tode
Phraseme, Kollokationen
Kollokationen
- das Paradies schauen
- ins Paradies eingehen
- ins Paradies kommen
Belege
Jüngst rückte eine Meldung sie wieder einmal ins öffentliche Bewusstsein: Von Papst Benedikt XVI. gebilligt, wurde die traditionelle Vorstellung der „Vorhölle“ für ungetaufte tote Kinder für überholt erklärt. Der Ausschluss unschuldiger Kinder aus dem Paradies widerspreche der besonderen Liebe Christi zu den Kindern, hieß es; der Papst habe sich unter anderem wegen der weltweit hohen Zahl der Abtreibungen zu dieser Äußerung entschlossen. Die „Vorhölle“ heißt in der Theologie „Limbus“ (= Rand, Saum), unterteilt in „Limbus der Väter = limbus patrum“ und „Limbus der ungetauften Kinder = limbus infantium vel puerorum“, so der Linzer Theologe Johannes M. Schwarz. Limbus meint zwar einen Teil der Hölle, nicht aber als Ort höllischer Temperaturen und Qualen, sondern einen „Zustand, in dem Gott nicht geschaut wird“
Rhein-Zeitung, 28.04.2007
Sollte dieses Prinzip nicht auch bei überzeugten Terroristen Anwendung finden? 3. Der christliche Aspekt. Christus sagte zu dem einen Schächer am Kreuz zwar: „Wahrlich, ich sage dir, heute noch wirst du mit mir im Paradies sein“, griff aber nicht in den Gang der damaligen Justiz ein, indem er den Verbrecher vom Kreuz steigen und nach Hause gehen ließ. Er versprach dem Täter Gnade im Jenseits.
Nürnberger Zeitung, 31.01.2007
Da kriegen sie von solch einem Bild auch keinen Schock“, so B. Was die Schlägereien betraf, meinte der Islamlehrer lapidar: „Die toben sich halt gern aus.“ Auf der Homepage des Jugendtreffs soll Horst B. den Jugendlichen zudem gedroht haben: „Allah weiß alles und wird Euch zur Rechenschaft ziehen.“ Damit soll er die Jungen eingeschüchtert haben, bei der Polizei nicht gegen ihn auszusagen. „Wer kein gottgefälliges Leben führt, wird bestraft. Ich glaube an ein Paradies und Höllenfeuer“, wie sich B. ausdrückt.
Nürnberger Zeitung, 03.06.2008
Udo Körner (56), Pfarrer an der katholischen Christ-König-Kirche Wallstadt von 1983 bis 1990 und im krankheitsbedingten vorzeitigen Ruhestand nun im Alten Pfarrhaus in Lobenfeld lebend, ist ein weiteres Mal mit einer Neuerscheinung hervorgetreten: Udo Körner „Hilf mir ins Paradies hinein …“, 30 Tierfabel-Predigten (Friedrich Pustel Verlag Regensburg, 25 Mark). Der „Künstlerpfarrer“ verbindet in seinen „Predigten“ Weisheiten der Bibel mit Fabeln und Märchen aller Völker der Weltliteratur. In seiner Kraichgauer „Künstlerklause“ wirkt er als Buchautor und Kolumnist für Zeitungen und Zeitschriften über religiöse und ethisch-philosophische Themen.
Mannheimer Morgen, 14.01.1998
Schlaf nun selig und süß,
schau im Traums Paradies,
schlaf nun selig und süß,
schau im Traums Paradies.
Braunschweiger Zeitung, 21.12.2007
Definition
Paradies
Ort (oder metonymisch selten: Zustand) von unbegrenztem Wohlstand, des Wohlbefindens und des Glücks, der perfekt ist bzw. ein Ort höchster Glückseligkeit für etwas oder jemanden; wird in Bezug auf spezifische, ausgewählte Eigenschaften verwandt, die ihn für bestimmte Tätigkeiten, meist Freizeitvergnügungen, ideal erscheinen lassen.
Konnotationen
- Luxus, unbegrenzte Freude, Harmonie, Ruhe
- idyllisch, vollkommen, ideale Bedingungen
Lexikalische Relationen
Synonyme
- Eldorado
- Himmel (auf Erden)
- Idylle
- Traumland
Opposita
- Hölle2
Wortbildungen
Substantive
- Anglerparadies ‘-paradies als zweiter Bestandteil einer beliebig erweiterbaren Reihe von Wortverbindungen, deren erstes Glied die Art des Paradieses näher bestimmt’
Adjektive
- paradiesisch3 ‘etwas, das die positiven Eigenschaften des Paradieses besitzt’, vgl. paradiesische Zustände, paradiesischer Luxus
Phraseme, Kollokationen
Phraseme
- das Paradies auf Erden haben: <jmd.> hat das Paradies auf Erden ‘sagt man, wenn es jmdm. unbeschreiblich gut geht’
Kollokationen
- ein bedrohtes Paradies
- ein kleines Paradies
- ein Paradies für Bergsteiger
- kommunistisches Paradies
- sozialistisches Paradies
Belege
Ihnen liege eine Erinnerung aus frühester Kindheit zugrunde. «Nur in unserer Kindheit gab es die Zeit, dass wir in mangelhafter Bekleidung von unseren Angehörigen wie von fremden Pflegepersonen, Dienstmädchen, Besuchern gesehen wurden, und wir haben uns damals unserer Nacktheit nicht geschämt.»
Diese der Scham entbehrende Kindheit erscheine unserer Rückschau später als ein Paradies, «und das Paradies selbst ist nichts anderes als die Massenphantasie von der Kindheit des einzelnen». Dieses Paradies ist ein Garten, der Garten Eden, es ist ein Ort wilden Lebens, ein Ort, den es ohne das Wasser nicht gäbe.
St. Galler Tagblatt, 07.08.2009
Aber statt zu kuschen und sich im sozialistischen Alltag einzugliedern, beginnt sie über ihr Leben in der DDR nachzudenken. Dabei stößt sie auf immer mehr Widersprüche. „Der graue, triste Alltag hatte nur wenig mit dem zu tun, was uns als sozialistisches Paradies vorgegaukelt wurde.“
Braunschweiger Zeitung, 01.10.2005
Denn der Drömling, wirklich eines der einmaligsten Naturgebiete Europas, ist eine Art Kessel. Es fließt massenhaft Wasser hinein. Das ursprüngliche Sumpf- und Feuchtgebiet ist ein Eldorado für ganz seltene Tier- und Pflanzenarten – ein Lehrstück, ein Paradies, ein Garten Eden. Klasse, wie es kreucht und fleucht. Bloß der Bauer hat nix davon, jedenfalls nicht genug, hüben wie drüben.
Braunschweiger Zeitung, 14.10.2009
„Brown, James Brown“, stellt sich der „Director of Surveillance“ vor, ein kleiner, quirliger Schotte, der schon in dutzenden Ländern Spielbankbetrüger dingfest machte. „Am schwierigsten ist es in Las Vegas, da kann jeder anonym ins Casino spazieren wie in ein Kaufhaus oder eine Bahnhofshalle“, sagt Brown. Thessaloniki ist dagegen ein Paradies für die Sicherheitsleute. „Hier kennen wir die Identität unserer Gäste, unser Computer kann Gesichter und Personaldaten einander zuordnen“, sagt Brown.
250 000 Personaldaten sind in der Datenbank des Casinos inzwischen gespeichert.
Frankfurter Rundschau, 18.09.1999
Der sogenannte Surf-Sound, ursprünglich nur in Kalifornien populär, entwicklelte sich zur Wunderwaffe gegen die „british invasion“ von Beatles & Co. Er war eine rhythmische Variante des American dream: „Die Beach Boys malten ein strahlendes Bild von Stränden, Parties und nimmer endenden Sommern, ein Paradies der Flucht ins Private und der geteilten Freuden“, konstatiert Band-Biograph Jim Miller.
Kleine Zeitung, 24.06.1999
Der große Exodus fand nicht statt.
Die meisten Montserrater blieben lieber, wo sie waren – trotz Flüchtlingselend, miserabler Unterkünfte und Angst vor dem Vulkan. „Wenn wir jetzt gehen, werden wir nie wieder zurückkehren können“, war der Tenor des Trotzes, mit dem die Vulkan-Opfer an ihrem bedrohten Stückchen Paradies festhielten. „Auf der ganzen Erde werde ich keinen Ort finden, den ich so liebe wie diesen hier“, bekannte Sergeant Kenneth Winspear, zuständig für die Paßkontrolle in Montserrat. „Aber wie können wir hier leben ohne Banken, Versicherungen, Geschäfte, Häuser?“
Frankfurter Rundschau, 30.08.1997
Definition
Paradies
Atrium in Kirchen und Klosteranlagen.
Lexikalische Relationen
Synonyme
- Atrium
- Kirchenvorhof
Wortbildungen
[Für dieses Profil wurden keine Wortbildungen und Derivate gefunden.]
Phraseme, Kollokationen
Kollokationen
- Zugang zum Paradies
Belege
In seiner architektonisch gelungenen, aufgelockerten Form stellt das Paradies von Maria Laach ein Unikat von besonderem Rang dar. Das Paradies (von griechisch paradeisos = Halle, Garten) ist dem Westwerk unmittelbar vorgelagert und bildet auf annähernd quadratischem Grundriß von 18,6 x 20,0 m einen offenen Wandel„gang“ (der südliche Arm ist nach außen mit einer Mauer versehen). Auf den mit Doppelsäulen versehenen Arkaden ruht eine auf der Nord- und Ostwestseite von Fenstern durchbrochene Mauerfläche. Der Wandelgang ist gewölbt; der Süd- und Nordarm führt je auf ein Kirchenportal zu.
Den Zugang zum Paradies bildet ein triumphbogenartig gestalteter Durchlaß, dessen Pfeilerbündel eine lebhaft gestaltete Kapitellzone aufweisen. Zur rechten befinden sich Köpfe und Kopfprofile in Laubwerk, zur linken kleine Szenen: die sog. Haarraufer – ein Teufelchen, das die Sünden des Volkes notiert.
http://www.baufachinformation.de/denkmalpflege.jsp?md=1988017132042 [30.05.2011]
Das Paradies ist Teil des Klosters Herrenalb. Von dem ursprünglichen Gebäude sind nur noch der romanische Eingang mit dem gotischen Dachreiter und der Ausgang vorhanden, sowie inmitten der romanischen Seitenmauern mit vollständig erhaltenen Rundbögen ein Grab. Grabplatten befinden sich auf der anderen Seite und Teile von Grabplatten und Steine der alten Anlage auf der rechten Seite auf dem Weg zur Kirche. Nach Vollendung der romanischen Klosterkirche wurde das Paradies um 1200 angebaut. 1462 erhöhte man es um die Teile der Spätgotik, das Maßwerkfenster, die Christusfigur und das Glockentürmchen prägen die westliche Giebelwand.
http://www.pfenz.de/wiki/Paradies_(Kloster_Herrenalb)[30.05.2011]
Wortindex
- Anglerparadies
- Atrium
- das Paradies auf Erden haben
- Eldorado
- Elysium
- Fegefeuer
- (Garten) Eden
- Himmel
- Himmel (auf Erden)
- Himmelsreich
- Himmlisches Jerusalem
- Hölle1
- Hölle2
- Idylle
- Kirchenvorhof
- Paradeiser
- Paradiesapfel1
- Paradiesapfel2
- Paradiesfisch
- Paradiesgarten
- paradiesisch1
- paradiesisch2
- paradiesisch3
- Paradiesvogel1
- Paradiesvogel2
- Traumland
Etymologie
Mhd. paradīs(e) , ahd. paradīs <kirchenlat. paradisus <griech. parádeisos ‘(Tier-)Park; Paradies’, aus dem avestischen pairi.daêza ‘Einzäunung, eingezäuntes (Stück Land), umgrenzter Bereich’; hebr.: pardes.
Semantischer Wandel
Das DUW führt folgende Bedeutungen des Wortes auf: 1. <ohne Plural> >Religion> a) (nach dem Alten Testament) als eine Art schöner Garten mit üppigem Pflanzenwuchs und friedlicher Tierwelt gedachte Stätte des Friedens, des Glücks und der Ruhe, die den ersten Menschen von Gott als Lebensbereich gegeben wurde; Garten Eden: b) Bereich des Jenseits als Aufenthalt Gottes und der Engel, in den die Seligen nach dem Tod aufgenommen w erden 2,) Ort, Bereich, der durch seine guten Lebensbedingungen oder Ähnliches alle Voraussetzungen für ein schöne, glückliches, friedliches oder ähnliches Dasein erfüllt 3. Atrium.
Das vorliegende Wörterbuch führt ähnlich wie das DUW vier Profile für das Deutsche auf: ein religiös-geographisches, ein religiös-eschatologisches, ein psychologisches und ein architektonisches Profil. Das religiös-eschatologische und das psychologische Profil gehen aus dem religiös-geographischen Profil hervor, zum einen eine Übertragung des Zustands Seligkeit und des Glücks vom Paradiesgarten auf einen Ort im Jenseits, zum anderen auf gleichen Wonnezustands auf schöne oder für eine bestimmte Tätigkeit besonders geeignete Orte (seltener in Bezug auf Zustände).
Im religiös-eschatologischen Profil ist in den letzten Jahren eine Erweiterung der Wortverwendung von Paradies in den letzten Jahrzehnten auf Haustiere festzustellen. Es wird immer häufiger die Frage aufgeworfen, was eigentlich mit geliebten Haustieren nach dem Tode passiert. (vgl. Wie sieht es im Islam mit Tieren aus? Kommen die auch ins Paradies? Wer schon mal ein Haustier gehabt hat weiß, dass Tiere keine Objekte sind. Die haben genauso Gefühle und können genauso denken wie Menschen. Jede Schöpfung hat seine bestimmten Eigenschaften und die des Menschen ist beachtlich groß. Also meiner Meinung nach kommen Tiere auch ins Paradies, was sagen aber die Gelehrten? www.shia-forum.de/index.php?/topic/13068-kommen-tiere-ins-paradies/ [22.05.2013]; Was passiert mit den Tieren nach ihrem Tod? Kommen Tiere in den Himmel, ins Paradies? "Je länger ich mich mit der Frage beschäftige, umso eher sage ich dann etwas flapsig - ja wohin denn sonst?" Sagt Rainer Hagencord, Theologe und Biologe, Lehrbeauftragter an der Philosophisch-Theologischen Ordenshochschule in Münster. www.dradio.de/dlf/sendungen/tagfuertag/2066195/ [23.05.2013]). Die ethische Diskussion um den Eigenwert der Welt, der in ökologischen (aber auch in religiösen) Diskursen immer nachdrücklicher unterstrichen wird, lässt ein Anwachsen dieses Diskursstrangs in nächster Zeit erwarten. Als Hinweis auf eine auch theologisch fundierte Position werden folgende biblische Stellen zitiert, Jesaja 65,25 sowie Jesaja 11,6-8 und der entsprechenden Schlussfolgerung: Es scheint so zu sein, als ob es auch einen Himmel, ein Paradies für Tiere gibt. Auch gefährliche Tiere wie Löwen und Bären werden offenbar friedlich! (http://www.martin-wagner.org/kommen-tiere-in-den-himmel.htm [23.05.2013]
Das psychologische Profil wird häufig für Werbezwecke für Orte verwendet, an denen ideale Bedingungen für Freizeit- und Urlaubsvergnügungen bestehen. Diese Verwendung ist in der Publizistik sehr häufig anzutreffen und tritt parallel zu entsprechenden Komposita auf (vgl. ein Paradies für Angler alternativ zu Anglerparadies).
Dem architektonischen Profil liegt die Vorstellung des dem Jerusalemer Tempel (hier der Kirche mit dem Allerheiligsten repräsentierenden Altarraum) vorgelagerten Durchgangs- bzw. Prozessionsraum zugrunde, der mit dem den Sitz Gottes umgebenden himmlischen Garten verglichen wird. Das Wort gehört dem Fachwortschatz an und zudem veraltet (fachsprachlich wird eher Atrium verwendet). In der Bedeutung ‘Kirchenvorhof‘ ist das Wort im Französischen in einer aus einer älteren Sprachstufe stammenden Form noch in Gebrauch (parvis). Allerdings ist es aus diesem Grund im Französischen etymologisch nicht mehr transparent.
Die Wortbildung ist insbesondere durch Komposita vertreten. Taucht Paradies- als erstes Wortglied auf, so nimmt das Determinans Bezug auf den himmlischen Garten und die mit ihm verbundenen Konnotationen, wie z.B. seine Üppigkeit und seine exotischen Kreaturen. Es werden jeweils verschiedene Facetten der dort zu vermutenden Pflanzen und Tiere auf die Referenten übertragen: u.a. die exotisch anmutende Ungewöhnlichkeit und extravagante Auffälligkeit (Paradiesvogel2), die exotische Schönheit (Paradiesvogel1, Paradiesfisch) oder die üppige, kräftige Farbe (Paradiesapfel, Paradeiser). Im psychologischen Profil tritt -paradies dagegen als zweiter Wortbestandteil, d.h. als Determinatum auf. In diesem Fall handelt es sich um eine potentiell offene Klasse von spontan bildbaren Komposita, die die besondere Eignung oder die idealen Bedingungen des Ortes für die im Determinans näher bezeichnete Art des Paradieses bezeichnen, meist in Bezug auf eine bestimmte Tätigkeit (vgl. Badeparadies, Anglerparadies, Wanderparadies usw.)
Sprichwörter
- Die sehen am meisten nach dem Paradiese, welche der Hölle am nächsten sind.
- Einer allein ist nicht einmal gut im Paradies.
- Er muss ins Paradies fahren wie die Sau ins Mäuseloch. ‘von jemandem, der ein gutes Leben hinter sich hat’
- Es ist ein Paradies auf Erden. ‘wird gesagt, wenn es einem sehr gut geht’
- Im Paradies allein ist Pein. ‘sein Glück nicht teilen zu können mindert es beträchtlich’
- Ins Paradies wird niemand getrieben. ‘niemand wird gezwungen zum Glücklichsein’
- Jedes Paradies hat seine Schlange. ‘in allem Guten steckt ein Körnchen Böses’
- Wer einmal im Paradiese gelebt, der sehnt sich nicht nach der Wüste.
- Wer ins Paradies will, muss einen guten Schlüssel haben. ‘man muss viel herumtricksen, um ohne 'anständige Arbeit' Großes zu erreichen’
Kulturelle Kontexte
Literatur
- Emile Zola: Das Paradies der Damen (Au bonheur des dames 1883), 2004.
Film
- Hochzeitsnacht im Paradies (Regie: Paul Martin), Österreich, 1962.
- Paradies: Glaube (Regie: Ulrich Seidl), Österreich/ Deutschland/ Frankreich, 2012.
- Abschied vom falschen Paradies (Regie: Tevfik Başer), West-Deutschland, 1988/89.
Musik
- Die Toten Hosen: Paradies, ein Lied
- Boehse Onkelz: Paradies, ein Lied
- Sido & B-tight: Paradies, ein Lied
Werbung
-
Katzenfutterwerbung
(Quelle: http://adadiekmann.blogg.de/files/2012/07/sheba-paradies.jpg) -
Werbung der Bild-Zeitung
(Quelle: http://www.esgibtsie.de/blogpics/bildessen.jpg)
Sonstiges
- Das Hochzeits-Paradies - eine Website für Braut-und Festmode (http://www.hochzeitsparadies.net/)
Bibliographie
Hartmann, Mareike 2010: Himmels-Blicke: Paradiesesbilder, ihre Quellenfunktion und das Verhältnis von Kunst und Kirche im 19. Jahrhundert, Freiburg im Breisgau.
Kühn, Gudrun 1990: „Das ‚Paradies‘ im publizistischen Text“, in: Sprachpflege und Sprachkultur: Zeitschrift fur Gutes Deutsch, 39 (1), S. 18-22.
Parnev, A. V. 2003: „Transformatsiia obrazov raia i Tsartva Bozh'ego v srednevekovoĭ nemetskoĭ mistike“, in: Obraz raia: Ot mifa k utopii, St. Petersburg, S. 140-145.
Prümm, Karl 1996: „In der Hölle-im Paradies der Bilder: Medienstreit und Mediengebrauch“, in: LiLi: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik, 26 (103), S. 52-69. (journal article)