Übersicht
religiös | ethisch | Strafe | Geldstrafe | |
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Deutsch | ||||
Polnisch | ||||
Slowakisch | ||||
Tschechisch |
de:1234
pl:1234
sk:123
cz:123
Sprachvergleich
Buße – pokuta – pokánie – pokání
Im vorliegenden Wörterbuch konnten vier Profile ausgesondert werden. In allen vier Sprachen kommen das religiöse und das ethische Profil vor. Während im Deutschen, Slowakischen und Tschechischen auch ein Wiedergutmachungsprofil existiert, verfügt nur das Deutsche über ein Geldstrafeprofil. Die Bedeutung von Buße hat sich aus der Sicht des heutigen Sprechers von der religiösen Bedeutung ausgehend sukzessive auf die anderen Profile erweitert.
Die jeweiligen Intensionen von Buße/ pokuta/ pokánie/ pokání sind nicht deckungsgleich. Während im Slowakischen und Tschechischen eher die innere Reue und durch Taten beglaubigte Umkehr im Vordergrund stehen, wird im Deutschen und Polnischen eher das semantische Merkmal der Strafe akzentuiert. Daraus ergeben sich z.T. erhebliche Unterschiede im Wortgebrauch und den mit dem Wort verbundenen Konnotationen. Im Deutschen ist Buße auch ein fester Bestandteil des juristischen Wortschatzes (beim Verb büßen ist dies noch stärker spürbar, s. auch die Rubrik semantischer Wandel unter dem Lemma Buße). Demnach tritt die Assoziation mit einer Strafe besonders im Wiedergutmachungsprofil (s.u.) und im Geldstrafeprofil (s.u.) stark hervor.
Allen Sprachen gemeinsam ist das ethische Profil. Hier behält das Wort auch bei säkularer Verwendung eine starke religiöse Konnotation. Das zeigt sich u. A. daran, dass häufig religiös gefärbte Wörter in Kookkurrenzen auftreten (z.B. dt. Absolution, Aussöhnung, Läuterung, Vergebung, tschech. smíření ‘Versöhnung’, odpuštění ‘Vergebung’, vina ‘Schuld’, poln. pojednanie ‘Versöhnung’, grzech ‘Sünde’, pokora ‘Demut’, slowak. zmierenie ‘Aussöhnung’, hriech ‘Sünde’, pokora ‘Demut’). Im säkularen Gebrauch gehört das Wort dem gehobenen Sprachstil an und wirkt feierlich. In der Publizistik wird es häufig für politische Gesten mit Symbolcharakter verwendet, die zu einer Aussöhnung zwischen gesellschaftlichen Gruppen beitragen oder der Aufarbeitung von historischem Unrecht dienen sollen.
Im Wiedergutmachungsprofil sind die oben angesprochenen semantischen Unterschiede besonders deutlich: Im Deutschen kann hier die innere Emotion und Einsichtigkeit des Bußetuenden fehlen (im Geldstrafeprofil wird eine solche gar nicht wahrgenommen). Dagegen konzentriert sich im Slowakischen und Tschechischen die Bedeutung von pokánie/ pokání auf das Moment der Reue. Diese umfasst als Konsequenz einer echten inneren Umkehr allerdings auch eine konkrete Handlung der Wiedergutmachung. Da im polnischen pokuta das Element der Strafe semantisch im religiösen und säkularen Profil im Vordergrund steht, ist ein eigenes Wiedergutmachungsprofil anders als in den anderen betrachteten Sprachen nicht vorhanden.
Eine Besonderheit des Deutschen ist die Existenz eines Geldstrafeprofils. Es tritt ohne religiöse Konnotationen auf, ebenso fehlen Komponenten der Reue und inneren Bewegung. Das Geldstrafeprofil gab es im älteren Polnisch, ist aber in der heutigen Sprache nicht mehr vorhanden. In der juristischen Fachsprache ist lediglich ein von pokuta abgeleitetes Derivat vorhanden: pokutne in der Bedeutung ‘Geldbuße’. Im Slowakischen und Tschechischen erfüllt pokánie/ pokání keine vergleichbare Funktion. Interessanterweise wird das Profil Geldstrafe aber in diesen beiden Sprachen von pokuta vertreten, es handelt sich also in den drei slawischen Sprachen um Kognate. In diachroner Perspektive ist pokuta ein tschechisches Lehnwort im Polnischen; während sich die Bedeutung in der Gebersprache eingeengt hat, ist in der entlehnenden Sprache eine ursprüngliche allgemeinere Bedeutung von pokuta erhalten geblieben.
In der Wortbildung sind im Polnischen einerseits und Tschechischen und Slowakischen andererseits unterschiedliche Tendenzen zu erkennen. Während slow. pokánie/ tschech. pokání vom Sprecher als von kajať sa/ kát se motiviert erkannt werden kann und sekundäre Derivate bildet, ist die Etymologie des polnischen pokuta für den heutigen Sprecher undurchsichtig und das Lexem selbst ist ein Ausgangspunkt von Derivaten (pokutować), wobei einige Bedeutungen dieses Verbs weit vom Grundwort entfernt sind, vgl. pokutować in der Bedeutung ‘hartnäckig andauern’. Aufgrund der Betonung der göttlichen Sprache im Polnischen pokuta haben einige Linguisten (z. B. Minikowska) die Meinung vertreten, dass die Verwendung des Wortes in der polnischen Sprache insgesamt rückläufig ist.