Übersicht
religiös-institutionell | religiös-kollektiv | religiös-lokal | säkular | |
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Tschechisch |
Sprachvergleich
Kirche – kościół – cirkev – církev
Die Profile religiös-institutionell, religiös-kollektiv, religiös-lokal und säkular sind im vorliegenden Wörterbuch in den einzelnen Sprachen unterschiedlich vertreten. Die Unterschiede ergeben sich u.a. daraus, dass im Tschechischen und im Slowakischen das Kirchengebäude als kostol bzw. kostel bezeichnet wird.
Das religiös-institutionelle Profil bezieht sich auf eine soziale Organisationsform von Religionen. Das SuP fasst in diesem Profil sowohl die Institution Kirche als auch ihre Vertreter, den Klerus, zusammen. Diese Bedeutung ist allen hier verglichenen Sprachen gemeinsam, im Diskurs werden jedoch semantische Unterschiede sichtbar. Im Deutschen, Tschechischen und im Slowakischen wird neben der neutralen Bedeutung des Wortes, die sich auf die verschiedenen Konfessionen bezieht, die Kirche – církev – cirkev auch als eine moralische Instanz aufgefasst, vgl.: Stellungnahme der Kirche zur Zulassung der Abtreibungspille, die Kirche, ähnlich im Tschechischen: církev dusí naprostá nechuť o takových tématech (i těch mnohem méně kontroverzních) vůbec mluvit, připustit svobodnou debatu, otevřenost novým myšlenkám a lidem. Durch den hohen Rang der katholischen Kirche in Polen und ihren damit einhergehenden politischen Einfluss wird das Lexem kościół in letzter Zeit medial wirksam im politischen Diskurs eingesetzt, vgl. Kościół łagiewnicki (von Krakauer Łagiewniki – links-liberal orientiert), Kościół toruński (von Toruń – rechts- konservativ, nationalistisch orientiert). Kościół dient hier als Bezugswort von Beschreibungen religiös-ideologischer Gegenpositionen. Dies hat nicht zuletzt dazu geführt, dass kościół abhängig von der politischen Einstellung des Sprechers eine unterschiedliche Axiologie ausdrückt. Die tatsächliche Rolle der Kirche, bzw. der Kirchenvertreter entscheidet hierbei, ob es sich um das religiös-institutionelle oder das säkulare Profil des Lemmas handelt. Es hat sich in der Publizistik auch die Bezeichnung Kościół smoleński etabliert: so wird spöttisch die Bewegung bezeichnet, die sich nach der Katastrophe des Präsidentenflugzeugs bei Smoleńsk 2010 entwickelte. Ein Teil der Gesellschaft glaubt nicht an einen Unfall und sieht in den Opfern Märtyrer, die gefallen sind. Es entwickelt sich ein quasi-religiöser Kult, der von rechts-nationalistichen Gruppierungen als politischer Treibstoff benutzt wird. Das Lexem Kościół bezeichnet hier ein quasi-religiöses Phänomen. Die Anhängerschaft von Kościół smoleński besteht im Prinzip aus religiösen Menschen, die religiöse Praktiken in die profanen Umstände einsetzen, also zwangsläufig diese säkularisieren. In den Medien taucht Kościół als Metapher auf, die weitere Begriffe aus der religiösen Domäne zurückruft, wie religia ‘Religion’, relikwie ‘Reliquien’, męczennik ‘Märtyrer’, papież ‘Papst’ usw., vgl.:
Kościół smoleński ma swoją kapłankę, westalkę pisowskiego ogniska, Anitę Czerwińską. W tym Kościele Jarosław jest papieżem, Bogiem Lech Ka, a kardynałem Antoni Macierewicz. I tak ten Kościół idzie do prawdy, na skróty rozumu. (http://cleofas.blogujaca.pl/ [07.05.20155])
Kościół smoleński ist im Polnischen in letzter Zeit das prominenteste mediale Beispiel des säkularen Profils, ansonsten weist dieses Profil eher einen okkasionellen Charakter auf, häufiger wird in dieser Bedeutung das Wort sekta ‘Sekte’ gebraucht. Selten wird dieses Profil auch im Slowakischen festgehalten, wenn überhaupt, dann als Vergleiche, vgl. ako cirkev. Im Deutschen und Tschechischen ist das säkulare Profil gar nicht vorhanden. Im Tschechischen wird diese Bedeutung gegebenfalls mit dem Wort sekta realisiert.
Der Anwendungsbereich des religiös-kollektiven Profils ist in allen vier Sprachen deckungsgleich. Kirche – kościół – církev – cirkev bezeichnet hier eine zumeist christliche Glaubensgemeinschaft. Diese Bedeutung kommt im allgemeinen Sprachgebrauch des Deutschen, Polnischen und des Tschechischen eher selten vor und ist für den theologischen Diskurs kennzeichnend. Im Slowakischen hingegen kommt cirkev als Bezeichnung einer Gemeinschaft von Gläubigen auch im Falle von nicht-christlichen Glaubensgemeinschaften, relativ häufig vor.
Das lokale Profil, welches sich auf ein zum Gebet und zum Gottesdienst genutztes Bauwerk bezieht, ist im Deutschen und im Polnischen vertreten. Im Slowakischen ist der Gebrauch von cirkev im religiös-lokalen Profil selten. In aller Regel wird hier stattdessen kostol verwendet. Im Tschechischen wird das Kirchengebäude als kostel bezeichnet.