Übersicht
religiös | religiös-gewalttätig | säkular | |
---|---|---|---|
Deutsch | |||
Polnisch | |||
Slowakisch | |||
Tschechisch |
de:123
pl:123
sk:123
cz:123
Sprachvergleich
Märtyrer – męczennik – mučeník – mučedník
Der Begriff Märtyrer – męczennik – mučedník – mučeník, sowie seine movierten Äquivalente Märtyrerin - męczennica – mučednice – mučenica referieren im allgemeinen Verständnis auf Menschen, die um ihres Glaubens oder ihrer Überzeugung willen verfolgt wurden oder dafür starben. In den slawischen Sprachen ist das Lemma von dem Verb męczyć bzw. mučit ‘foltern, martern, quälen, peinigen’ abgeleitet. Męczennik wurde daher früher auch als jmd., der anderen Leid zufügt, definiert (SJPDor. 1958-1969). Im gegenwärtigen Sprachgebrauch wird diese Bedeutung nur noch in den Derivaten von (poln.) męka, bzw. (tschech.) mučení, (slowak.) mučenie ‘Quall, Folter’ ausgedrückt, vgl. (poln.) męczarnia ‘große physische oder psychische Quall, früher auch ein Ort des Leidens’, (poln.) męczyć ‘jemandem Leid zufügen’, (slowak.) mučiť sa ‘sich quälen’, umučiť ‘zu Tode foltern’. Der Begriff Męczennik – mučedník – mučeník wird gegenwärtig lediglich als ‘jmd., dem Leid zugefügt wurde’ definiert.
Im vorliegenden Wörterbuch werden drei Profile dieses Konzeptes unterschieden. Das religiöse Profil bezieht sich auf den christlichen Glauben und referiert auf Christen, die ein ‘Blutzeugnis’ für den Glauben, insbesondere in Auseinandersetzung mit dem Heidentum, ablegten.
Im säkularen Profil wird das Leiden des Menschen für Ideale thematisiert. Der Begriff wird dabei zum einen in historischen Zusammenhängen zur Beschreibung, u. a. von Nationalhelden, gebraucht. Zum anderen dient das Konzept als ein stilistisches Mittel der Hyperboliesierung und Ironie, welche sowohl in der Alltagssprache als auch in der Publizistik – meistens im politischen Kontext – anzufinden ist. Häufig tauchen dabei Phraseme wie (poln.) zgrywać męczennika ‘sich zum Märtyrer aufspielen’, robić z siebie męczennika/ (slowak.) robit sa hrdinom ‘sich zum Märtyrer aufspielen’, auf. Die Wortbildung der hier untersuchten Sprachen gleicht sich weitgehend, vgl. męczennica – mučednice – mučenica ‘Märtyrerin’, męczeństwo – mučednictví – mučeníctvo ‘Märtyrertum, Martyrium’, męczeński – mučednický – mučenícky ‘märtyrerhaft’ oder męczeńsko – mučednicky – mmučenícky ‘märtyrerhaft’.
Das religiös-gewalttätige Profil wird von der Lexikographie der hier verglichenen Sprachen nicht erfasst. Es handelt sich um einen Neosemantismus, der in der Publizistik in Zusammenhang mit terroristischen Selbstmordanschlägen oder radikalen, islamischen Gruppierungen vorkommt. Der Anwendungsbereich dieses Profil ist dadurch eingeschränkt, weist jedoch eine hohe Frequenz in den Korpora der untersuchten Sprachen auf.