Autor/enKoch, Walther
TitelNeue Erziehung. Gedanken zu Berthold Otto und Gustav Wyneken
OrtCharlottenburg
Datum1919.06
AnmerkungenUnterschiede im Erziehungsbegriff von Berthold Otto und Gustav Wyneken .............................................................. "Wenn man von außen her die verschiedenen neuen Erziehungsgedanken betrachtet, mag es dem flüchtigen Blicke fast so erscheinen, als komme in allen in der Praxis nach so mannigfaltigen Bestrebungen doch ein einheitlicher neuer Geist zur Geltung. Gegenüber dem bisher üblichen Erziehungssystem, wie es sich vor allem in der Staatsschule ausgedrückt har, ist ein gemeinsamer Wille zur Befreiung der Erziehungsarbeit von jeder Abrichtung auf bürgerliche, auf staatliche oder kirchliche Zwecke bei allen freien und neuen Strömungen wohl vorhanden. Das Kind soll nicht mehr in die Vorstellungswelt der Alten hineingepreßt werden, die Jugend nicht mehr zu einer Betätigung im Sinne der bestehenden Gesellschaft ausgebildet werden. Also, das Negative, die Ablehnung des Vorhandenen, die Suche nach neuen Wegen ist schon ein einheitlicher Zug der neuen Erziehungstendenzen." (S.336) .............................................................. [I.2.2.] "Beim Lesen Berthold Ottoscher Schriften fallen immer wieder Ausdrücke auf wie 'man muß alles sich entfalten lassen', 'die Keime müssen sich entwickeln'. Jeder Eingriff in das Wachstum des Kindes wird als Verbrechen dem natürlichen Prozeß der Entwicklung des Menschen abgelehnt. Im Grunde liegt diesem Maturalismus, bei dem der Erzieher nur die Rolle eines hegenden und pflegenden Gärtners zu spielen hat, ein grenzenloser Optimismus zugrunde, der fröhliche Glaube Rousseaus, daß das Natürliche zugleich das Gute ist, und daß das Schlechte nur durch Hemmung des naturhaft Wachsenden durch Kutureinflüsse zu erklären ist. Es gilt also nach Berthold Otto lediglich eine unumschränkte Entfaltung des Kindes in seinem natürlichen Wachstumsbedingungen zu sichern, um ein kräftiges und gutes Menschengeschlecht heranwachsen zu lassen. Das Kind wird von der biologischen Seite her genommen, wird pflanzenartig geschaut, wobei allerdings schon der Vergleich mit jeder Weiterbildung von Pflanzen und Tieren durch bewußte Züchtung außer Betracht bleiben muß." (S.336) .............................................................. "Allein schon bei dem Beispiel der Mutter zeigt sich, daß eine Erziehung mit Ausschaltung des Erziehers als wirklich leitender Führerpersönlichkeit ein Widerspruch in sich selbst ist. ... Es strömt eine Kraft vom Erzieher aus, die das Kind beeinflußt, mag es nun beabsichtigt sein oder nicht. So soll zwar beim Berthold Ottoschen Gesamtunterricht der Lehrer nur Verhandlungsleiter im formalen Sinne sein, die Fragen und auch Antworten sollen ganz und gar von den Kindern ausgehen. Allein die im 'Hauslehrer' niedergelegten Protokolle praktischer Beispiele zeigen ganz deutlich, daß faktisch der Erzieher sehr stark mit seiner ganzen Perönlichkeit einwirkt, mag er es auch noch so sehr ablehnen." (S.336/337) .............................................................. "Jede Kultur, die nicht von der Entfaltung der Individualität ausgeht, wird von dem im letzten Grunde monotheistisch denkenden Berthold Otto als unoriginell verworfen." (S.337)
ArchivB.-O.-S./II/B/H/III/
SignaturB.-O.-S./II/B/H/III/9 [41]
SchlagworteKultur
Natur
Abteilungen2