Autor/enVogt, Walther
TitelWas von Berthold Ottos Gedanken heute schon verwirklicht werden kann
OrtDresden
Datum1928.08.29
ZusatzAus: Sächsische Schulzeitung. Jahrgang 95, Nr. 26
AnmerkungenDarlegung der Ottoschen Gedanken. Bezug auf Johannes Kretschmann und die Volksschule in Holbeck. Verweis auf die Bücher: Kretschmann, "Freier Gesamtunterricht in der Dorfschule"; Hoppe-Kretschmann, "Vom Sprechen zur Sprache" (Berlin, Union Deutsche Verlagsgesellschaft) ..................................................... "Es handelt sich bei Berthold Ottos Lehre um die wissenschaftliche Grundüberzeugung, daß alles seelische Geschehen gleichermaßen organisch verläuft wie das Wachstum einer Pflanze oder eines Tierleibes." (S.533) ..................................................... [Lehrer; Erzieher] "... so gibt es auch ein Wachstum der jugendlichen Seele, dem wir mit der gleichen Zuversicht vertrauen können, daß aus der Seele des kleinen Kindes eine vollwertige Menschenseele wird, ohne daß wir an diesem Seelenleben dauernd herumzerren. (Dabei ist unter Seele nichts Metaphysisches zu verstehen, sondern einfach nur der Inbegriff aller unserer Regungen, Gefühle, Gedanken u.a., gleichgültig ob wir uns ihrer bewußt werden oder nicht.) Freilich vollzieht sich das Wachstum gerade der Menschenseele kaum anders als in der Gemeinschaft anderer Menschen, zunächst innerhalb der Familie und etwa des Dorfes und dergleichen. Und gerade kindliches Seelenleben nimmt mit starker Selbsttätigkeit und Griffsicherheit das, was es zu seinem Wachstum braucht, von seiner Umgebung her. Sache des Lehrers und Erziehers ist es, diesem Wachstum die günstigsten Bedingungen zu verschaffen und ihm im übrigen zu vertrauen, weiter nichts." (S.533) ..................................................... "Otto selbst nennt das Ganze 'Fremdbeobachtung, ausgelegt durch Selbstbeobachtung' ..." (S.533) ..................................................... "Über die Technik dieses freien Gesamtunterrichts zu sprechen, würde hier zu weit führen. Es muß hier die Mitteilung genügen, daß der freie Gesamtunterricht, richtig gegeben, nicht nur die Schüler allmählich auflockert, so daß in ihnen der ursprünglich vorhandene Erkenntnistrieb wieder machtvoll rege wird oder, wenn noch uneingeschränkt vorhanden, sich voller und voller entfaltet, sondern daß er auch im Lehrer die Auffassung von seiner Aufgabe um und um wandelt. Sein ganzer Unterricht wird davon ergriffen, wird in gewissem Sinne Gesamtunterricht, der Lehrer sucht das Leben seiner Klasse im Unterricht volksorganisch zu verstehen, weiß sich selbst als ein Organ dieser Klasse und lenkt behutsam den seelischen Ablauf dieses Unterrichts, immer darauf bedacht, daß keine Erkenntnis aufgezwungen wird, sondern immer im seelisch günstigsten Augenblick mit regster Eigentätigkeit der Schüler erfolgt. Das letzte Ziel ist ein Unterricht ohne jeden Zwang und jede Strafe, selbst ohne das geringste böse Wort, ein Unterricht, der ganz aus der Erkenntnislust des Schülers geboren und von ihr getragen wird." (S.533) .................................................... "Aus dieser Schule gehen wahrhaft gebildete junge Menschen hervor, Menschen, deren Eigendenken so stark geworden ist, daß sie sich nicht mehr von der politischen und literarischen Phrase einschüchtern lassen, sondern zu sich selber Zutrauen haben und ihr Urteil auf eigene Füße stellen." (S.534)
ArchivB.-O.-S./II/B/H/V/21
SignaturB.-O.-S./II/B/H/V/21 [22]
SchlagworteDenken, volksorganisches
Dorfschule
Erkenntnisorgan des Volkes
Gesamtunterricht
Lehre
Lehrer
Otto, Berthold
Volk
Abteilungen2