Autor/enKretschmann, Johannes
TitelBerthold Ottosche Unterrichtsgrundsätze in der Praxis einer öffentlichen Volksschule. I. Der freie Gesamtunterricht
OrtDresden
Datum1928.08.29
ZusatzAus: Sächsische Schulzeitung. Jahrgang 95. Nr. 26
Anmerkungen[Hierzu gehört auch Dokument 18 aus dieser Mappe. Dokumentennummer 0000270] ..................................................... "Zweck der Gesamtunterrichtsstunde ist der, den Gesamtgeist, innerhalb dessen die einzelnen Schüler leben, sich in Gesprächen betätigen zu lassen." (S.534) ..................................................... "Und diese Gesamtunterrichtsstunden haben unzweifelhaft das Ergebnis, daß die geistige Regsamkeit gefördert wird." (S.534) ..................................................... "Wenn es uns also in unseren Schulen darauf ankommt, solche Menschen zu erziehen, die dem Leben geistig rege gegenüberstehen, und alle geistigen Fähigkeiten, die sie von Natur mitbringen, aufs beste entwickeln zu lassen, dann ist für die unsere Art des Unterrichts am meisten zu empfehlen." (S.535) ..................................................... "Wenn wir nicht den natürlichen Fragetrieb des Kindes in den ersten Schuljahren töten, dann ist jede Auseinandersetzung darüber, wie man Kinder im Unterricht zum Fragen bringt, überflüssig, und dann brauchten nicht im Dienste des 'Beweglichmachens' die wunderlichsten Sachen verrichtet zu werden." (S.535) ..................................................... "... und eines Tages war es soweit, da komen die Kinder selber und brachten ihre Wünsche vor. Fortan standen wir in diesen Stunden als eine Denkgemeinschaft der Welt als Gesamtheit gegenüber. Und wir suchten uns in der Welt zurechtzufinden, wie es gerade der Augenblick gab. Jeder brachte das vor, was ihn im Augenblick am meisten geistig beschäftigte. Immer gab es Gleichgesinnte, deren Interesse in der gleichen Richtung lag, und so entstand oftmals eine lebhafte Erörterung über das, was zur Sprache gebracht worden war." (S.535) ..................................................... "Den Fragen der Kinder ging ich stets nach, wenn nötig mit Hilfe des Lexikons. Aus diesen Fragen ersah ich, was die Kinder vom Einblick in die Kulturzusammenhänge wissen wollten. In dem Augenblick, wo das Kind fragt, interessiert es sich unzweifelhaft für die Sache; sein Geist ist darauf gespitzt, die Erkenntnis aufzunehmen. Geht dieser Augenblick ungenutzt vorüber, dann ist eben der günstige Moment verpaßt, dann muß später, wenn man nach dem Lehrplan auf die Sache zurückkommt, die Aufmerksamkeit dafür erzwungen oder künstlich hergestellt werden." (S.535) ..................................................... "Der freie Gesamtunterricht hat ferner unzweifelhaft den Erfolg, es den Schülern zu ermöglichen, ihre Erlebnisse außerhalb der Schule nachhaltiger zu gestalten; sie verweilen mit Interesse bei Dingen, an denen sie früher mit gleichgültigem Blick vorbeigingen." (S.535) ..................................................... "Was im freien Gesamtunterricht immer wiederkehrt, das ist die Erscheinung, das Individuelle einer Zeitungsnachricht für die Vermittlung kulturgeschichtlicher oder bürgerkundlicher Kenntnisse auszuwerten." (S.535) ..................................................... "Erst die Gesamtheit der Stunden gibt das ganze Weltbild, das eben diese Kinder verlangen." (S.537) ..................................................... "Was man nicht erklären kann, das war nur Scheinwissen, das hat man noch gar nicht ganz verstanden." (S.537) ..................................................... "Fragen, die nicht vom Erkenntnistrieb diktiert sind, lehne ich mit einer scherzhaften Wendung ab. Kinder albern und scherzen nämlich auch mitunter, geradeso wie Erwachsene, und wenn man eine absichtlich alberne Kinderfrage für ernst nimmt, so macht man sich lächerlich. 'Man muß auch witzemachende Kinder verstehen und das Kind dann nicht ernst nehmen, wenn es nicht ernstgenommen sein will.(Otto)" (S.537) ..................................................... "Die Furcht, sich vor den Kindern zu blamieren, sollte also in der Tat kein Hinderungsgrund für die Einführung des freien Gesamtunterrichts sein. ... Wer eben komplizierte Sachen wissen will, der muß sich gedulden lernen. Und gerade in einer Gemeinschaft nach der idee des freien Gesamtunterrichts ist es sehr bald eine Selbstverständlichkeit, daß man nicht alles wissen kann." (S.537) ..................................................... "Seit Ostern 1927 unterscheiden wir stundenplanmäßig nur noch zwischen einem freien geistigen Unterrichtsverkehr und einer Technik zur Erwerbung von Kenntnissen und Fertigkeiten." (S.538) ..................................................... "Sinn und Wesen des freien Gesamtunterrichts ist es, daß wir der Initiative des Kindes folgen dürfen ohne den leisesten Anflug eines bösen Gewissens." (S.539) ..................................................... "Und wenn der Arbeitsschulpädagoge besorgt fragt, auf welche Weise wir denn nun zusammenhängendes Wissen erzeugen, so beruhige ich ihn mit dem Hinweis, daß jeder Menschengeist bei fortschreitendem Wachstum den Urtrieb zu systematisieren betätigt." (S.539) ..................................................... "Unter dem Gesichtspunkt eines natürlichen Unterrichts scheint mir der freie Gesamtunterricht eine Umwertung der Arbeitsschulwerte zu bedeuten. Das Primäre ist der freie geistige Verkehr mit den Schülern; wo der ist, da ist auch Arbeitsschule, und wo der fehlt, da läuft die Arbeitsschule Gefahr, unnatürlich zu werden." (S.539)
ArchivB.-O.-S./II/B/H/V/21
SignaturB.-O.-S./II/B/H/V/21 [23]
SchlagworteDorfschule
Gesamtunterricht
Interesse
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Volk
Volksschule
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