Autor/enN. N.
TitelInterview mit Frau Jäckel, ehemalige Schülerin der Berthold-Otto-Schule in Berlin-Lichterfelde
OrtBerlin
Datum1993
Anmerkungen"Viele von uns, ich auch, sind gern auf die Schule gegangen. Wir freuten uns sogar, wenn die großen Ferien zu Ende waren, daß es wieder hieß, jetzt geht es in die Schule." ..................................................... [Schülerselbstverwaltung] "Das heißt die Schüler wählten sogenannte Ordner und ein Schülergericht, einen Oberrichter und zwei Nebenrichter und Ersatzrichter und das hielten wir durch bis 1945, selbst in der Kinderlandverschickung haben wir das noch praktiziert." ..................................................... [Prägende Erlebnisse] "Ja, daß man sich immer melden konnte, immer sagen konnte, was man selber dachte, was auf öffentlichen Schulen ja so nicht üblich war ..." ..................................................... "Hat der Unterricht in der Berthold-Otto-Schule Ihr Denken und Verhalten geprägt für das Leben? Ja, das würde ich wohl sagen, ..." ..................................................... [Gesamtunterricht] "Ja sicher, da konnte man sich melden, Themen vorbringen, ganz egal, was einen interessierte, und darüber wurde dann gesprochen. Jeder Schüler konnte sich dazu äußern, nur, wenn einmal kein Schüler eine richtige Auskunft geben konnte, sprang auch mal der Lehrer ein und erklärte irgendetwas. Ich muß sagen, es war immer sehr anregend, es war immer die letzte Stunde bei uns, wo also alle Kinder von 6 bis 17 beieinander waren und auch alle Lehrer." ..................................................... [Nationalsozialismus] "Naja, also ich habe das jetzt aus diesen Papieren entnommen, daß man unsere Schule natürlich schließen wollte. Zumal wir viele jüdische Mitschüler hatten. Es waren aber meistens solche Juden, die dann ins Ausland gegangen sind." ..................................................... [Schülerselbstverwaltung; Schülergericht] "Ja, also wie gesagt, für die Ordnung und auch für die Bestrafung waren nur die Schüler zuständig, die Lehrer mischten sich da nicht ein. Es war allerdings so, wenn eine Klage erstellt wurde, also man mußte sagen, wer der Kläger ist, wer angeklagt ist und weshalb, das mußte ein Lehrer unterzeichnen, damit nichts falsch gemacht wurde. Aber die Verhandlung selbst wurde nur von dem Oberrichter und den beiden Nebenrichtern geführt und jeder konnte zuhören oder auch sich melden und etwas dazu sagen, auch die Verurteilung ging nur von den Schülern selber aus. Und auch was die Ordnung anbetrifft, also, daß kein Unsinn gemacht wurde, die Lehrer kümmerten sich nicht darum. Das machten nur die gewählten Schüler, die Ordner, ich meine, es kommt immer mal Quatsch vor, also zum Beispiel eine Zeit lang war es darauf abgesehen, andere zu bestrafen, aber es griff kein Lehrer ein, es mußte jemand kommen und sagen, hört endlich damit auf."
ArchivB.-O.-S./II/B/H/VII
SignaturB.-O.-S./II/B/H/VII [6]
SchlagworteGesamtunterricht
Interview
Kinderlandverschickung
Koedukation
Nationalsozialismus
Schüler
Schülergericht
Schülerselbstverwaltung
Verschickung
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