Autor/enKarsen, Fritz
TitelEine großstädtische Einheits- und Gemeinschaftsschule. in: Auf dem Weg zur neuen Schule. Eine Vortragsreihe im Berliner Rundfunk. Seiten 23-29
OrtBerlin
Datum1929
Anmerkungen"Immer noch steht über unserer Schule, besonders über der höheren Schule, als alleinbestimmend der humanistische Gedanke der Bildung einer allseitig entwickelten Persönlichkeit." (S.23) ..................................................... "... Daß die Bildung, die in der Schule vermittelt wird, nicht mehr im alten Sinne allgemeine Bildung sein darf, sondern daß sie sich vollzieht in der Richtung der verschiedenen Berufung der einzelnen Menschen, und hin auf den mehr oder minder spezialisierten Beruf, für den sie Anlagen mitbringen, und in dem sie einmal der Allgemeinheit dienen werden. Es folgt, daß die Schule, besser das gesamte Schulsystem, eine Anpassung an diese differenzierten Bedürfnisse unseres gesellschaftlichen Lebens vollziehen muß." (S.24) ..................................................... "Wir müssen ein Schulsystem aufbauen, das in sich keine starren Gliederungen hat, sondern das sich soweit an die Entwicklung der Schüler anpaßt, daß jedem aus seiner wurzelhaften Veranlagung heraus Gerechtigkeit, d.h. Hinführung zu einem Beruf, zu einer ausfüllenden Stelle im gesellschaftlichen Leben, zuteil wird. Und gerade die Großstadt bietet durch die Massen der Schulkinder die in der Kleinstadt nicht bestehende Möglichkeit, differenzierteste Schulen aufzubauen." (S.25) ..................................................... [Begabung] "Was ist nun natürlicher als im Aufbau einer vierjährigen Oberstufe, die sich an die fünfjährige Mittelstufe anschließt, diese Begabungsbetonung für die Gliederung der Schüler und der Schule ausschlaggebend sein zu lassen? In diesem Sinne also wird die vierfach gegliederte Oberstufe, wie vorhin schon ausgeführt, die Richtung auf den Beruf als Einteilungsprinzip geltend sein lassen. Nicht auf eine nebelhafte Allgemeinbildung, die auf den vier, heute typenmäßig vorgeschriebenen Schularten des Gymnasiums, Realgymnasiums, der Oberrealschule und Oberschule angeblich erreicht wird." (S.26) ..................................................... "Wir verlangen, daß die Schule, mit allem was sie lehrt, Rücksicht nimmt auf die Anforderungen des praktischen Lebens, daß unsere Großstadtjugend sich zurechtfindet ebenso in den wirtschaftlichen, wie in den technischen, wie in den kommunal- und staatlich-organisatorischen Formen, in dem Geistesleben unserer Stadt, unserer Zeit." (S.26) ..................................................... "Überträgt man denselben Gesichtspunkt auf die Arbeit einer Schulklasse, so weitet sie sich zum wohloragnisierten Werkraum, und die Aufgabe des Lehrers ist es, die lebensgemäßen Aufgaben unter die selbstarbeitenden Schüler nach den sachlichen Notwendigkeiten des Stoffes und unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Leistungsfähigkeit zu verteilen, damit die erstrebte Lösung in der Zusammenarbeit dieser differenzierten Klasse gefördert wird. Er steht mit ihnen unter dem Gesetz der sachlichen Arbeit, leistet mit ihnen produktive Arbeit, anstatt sie zu mehr oder minder reproduktiver Arbeit zu zwingen." (S.27) ..................................................... "Daß es ein Mißbrauch der Schule wäre, wollte man ihren Bildungzweck, und das heißt den werdenden Menschen, irgendeinem sachlichen Mechanismus unterordnen, darüber lasse ich gar keinen Zweifel." (S.28) ..................................................... "Es sollte also klar sein, daß nur die Bereitstellung der besten Arbeits- oder Lehrmittel, daß nur die beste und zeitgemäßeste Arbeitsorganisation die beste Vorbedingung für den Bildungserfolg, für die menschliche Bildung jedes einzelnen und der Gesamtheit der Schüler, der späteren Bürger der sachlich organisierten Großstadt schafft. Aber die Romantiker schweigen nicht. Sie behaupten sogar mit einer gewissen Überspitzung, daß gerade eine primitive Schule die menschlich beste sei, sie kommen zu der Verallgemeinerung, daß die unentwickelten ländlichen Verhältnisse ein weit erziehlicheres Milieu darstellen als die technisierte Großstadt." (S.28) ..................................................... "Müssen wir nicht, die wir den Wert sachlicher Bindungen als Grundlage des Zusammenlebens in unsrer Zeit erkannt haben, alles daran setzen, diese sachlichen Bindungen zu ermöglichen und auf dieser Basis persönliche Bindungen, lebensgemäße Gemeinschaft und Gemeinschaftsordnung zu schaffen?" (S.28) ..................................................... "Die Schule aber, die wir haben, wurde geschaffen mit dieser Jugend und durch diese Jugend, und ihr gehört sie und den Lehrern und den Eltern als gemeinsames Werk. Allen Bedürfnissen, die sich auf allen Arbeits- und Lebensgebieten regen, müssen wir gemeinsam gerecht werden. Dazu arbeiten wir in Klassengemeinden, wo jeder Bruch der selbstgeschaffenen Ordnung ohne nutzlose und verbitternde Strafen behandelt und geheilt wird, soweit nicht der Arzt zuständig ist, darum in unsern vielen Ausschüssen, darum in unsern gemeinsamen Konferenzen, darum in unsrer Schulgemeinde. Und aus dieser sachlichen Bindung an unser Werk, an unsre Schule, entspringt in dieser Massenschule unser Gefühl der persönlich menschlichen Zusammengehörigkeit." (S.29) ..................................................... [Schulideal] "Des Ideals eines Humanismus, der nicht den Einzelnen in der Absonderung von der Masse adelt, sondern der allein aus der gesellschaftlichen Arbeit am bejahten Werk entsteht." (S.29)
ArchivB.-O.-S./II/B/H/VII
SignaturB.-O.-S./II/B/H/VII
SchlagworteArbeit
Begabung
Bildung
Bildung, formale
Bildungsbedürfnis
Gemeinschaft
Gemeinschaftsschule
Grundschule
Höhere Schule
Schule
Vortrag
Abteilungen2