Autor/enN. N.
TitelDer Hauslehrer und die Politik
OrtLeipzig
Datum1907
ZusatzAus: Monographien zur Jugendschriftenfrage. Kritische Betrachtungen über Hauslehrerbestrebungen und Altersmundart. S. 11-15
Anmerkungen"Zunächst stimme ich in dem Punkte völlig mit ihm überein: Wenn das Kind fragt, soll man ihm Antwort geben, so gut man es vermag. Und wenn das Kind von der Antwort nicht befriedigt ist und weiter fragt, so kann das in der Tat für den Erwachsenen einen großen geistigen Gewinn bedeuten, weil er die Sache von einem ganz andern Gesichtspunkt betrachten lernt und sie für ihn dadurch klarer wird." (S.11) ..................................................... "Nun aber schreibt Otto selbst, die Artikel möchten, wenn die Kinder entsprechende Fragen stellen, vorgelesen werden, oder auch die Kinder könnten die Artikel selbst lesen. Beides scheint mir nicht der Weg zu sein, einen geistigen Verkehr zwischen Eltern und Kindern herbeizuführen, besonders das letzte nicht. Aber das nur nebenbei. Die Hauptsache scheint mir zu sein, daß die Artikel als Antworten auf Fragen der Kinder viel zu weit gehen. Die Kinder werden mit Dingen und Verhältnissen vertraut gemacht, die weit über ihren Horizont hinausliegen, für die die Reife fehlt, weil es ihnen an der nötigen Lebenserfahrung mangelt. Gewiß kann man mit Kindern über politische Verhältnisse so reden, wie Otto es in seinen Artikeln tut. Und die Kinder werden vielleicht alle Worte verstehen, denn die Sprache im Hauslehrer ist nüchtern und verständlich, und doch werden die Worte trotz der vielen Beispiele im ganzen Worte bleiben. Die Kinder werden im allgemeinen - von besonderen Fällen abgesehen - doch nicht zum Verständnis der Sache vordringen, weil im letzten Grunde das Interesse für die Sache fehlt, denn die lebendige Anteilnahme, die aus der Lebensführung, aus der persönlichen Betätigung entspringt, ist noch nicht vorhanden." (S.12) ..................................................... "Bei der Ottoschen Art ist noch eine Gefahr: obgleich Otto sich bemüht, objektiv zu sein, verleugnet er doch nicht seinen eigenen politischen Standpunkt, er will ihn auch nicht verleugnen. Und es ist natürlich, daß er die Absicht hat, seine Leser für seine politische Überzeugung zu gewinnen. Auf mich wenigstens haben seine Artikel den starken Eindruck gemacht, als ob Otto für seine Überzeugung werben wolle. Das ist sein gutes Recht, solange es sich um Erwachsenen handelt, die eine eigene Überzeugung haben. Für das politisch urteilslose Kind aber bedeuten Ottos Ausführungen nichts weiter als ein Überreden, weil das Kind den Ottoschen Argumenten von sich aus nichts entgegenzusetzen vermag, da ihm die Erfahrung, die Menschen- und Lebenskenntnis fehlt. Otto selbst will ein solches Überreden wahrscheinlich nicht. Denn da er sich sehr scharf gegen ein Aufreden von Überzeugungen in Fragen der Kunst und der Moral wendet, wird er konsequenterweise auch ein Gegener des Aufredens von politischen Meinungen sein. Aber die Wirkung seiner Artikel ist eben hier eine andere, als Otto selbst vielleicht wünscht." (S.13/14) ..................................................... "Ich werde daher den Verdacht nicht los, als sei das politische Interesse nicht so ganz spontan entstanden, sondern - wenn nicht geweckt - so doch künstlich gepflegt - nach meiner Überzeugung nicht zum Vorteil des Kindes, dessen echtes Interesse sich immer auf das beschränken wird, was innerhalb seiner Lebensphäre liegt." (S.15)
ArchivCBL/II/B/H/I [1]
SignaturCBL/II/B/H/I [1]
SchlagworteErziehung
Erziehung, politische
Hauslehrer
Kritik
Otto, Berthold
Politik
Abteilungen2