Autor/enRauch, Fr.
TitelSinn, Geist und Ziel der Schule. in: Aus Arbeit und Leben der Magdeburger Versuchsschule am Sedanring. Beiheft zur Pädagogischen Warte. 34. Jahrgang
OrtOsterwieck am Harz
Datum1927.04.15
Anmerkungen"Jede neue Schule muß einmal in der Gegenwartskultur stehen, zum andern aber auch zugleich Zukunftswerte zu schaffen suchen. Sie muß sich als ein Organ der großen Volksgemeinschaft fühlen. Als solches hat sie zunächst einen Selbstzweck: sie führt ihr Eigenleben, ist ein Jugendreich für sich und nicht nur eine Vorbereitung für das Leben, das erst mit dem 15. Lebensjahre beginnt. Der Sinn der neuen Schule ist, daß sie ein Stück Leben selbst darstellt, und zwar das wichtigste nächst dem Familienleben." (S.2) ..................................................... [Klassengemeinschaft] "Klassenelternabende und Mütterstunden müssen dazu beitragen, das Ethos zu schaffen, das in der Klassenseele (nicht Klassengeist), jenem überindividuellen geistseelischen Gepräge einer Klasse, seinen Ausdruck findet." (S.2) ..................................................... "Es entspricht dem Sinn und Geist der neuen Schule, wenn diese das Kind zum 'Subjekt des Unterrichts' macht." (S.3) ..................................................... "Vertrauen und Zutrauen, der ständige seelische Kontakt zwischen Kind und Erwachsenen ist die Voraussetzung für den freien geistigen Verkehr mit Kindern, der mehr bedeutet als 'freie geistige Schularbeit', er führt zum Gesamtunterricht, der geradezu aus der Familie stammt, vom Tischgespräch auf die Schule übertragen worden ist." (S.3) ..................................................... "Und warum müssen denn solche Gelegenheiten immer nur von Kindern kommen? Ob vom Kinde, vom Lehrer oder vom Stoffe aus? Es tut dem Geiste der neuen Schule keinen Abbruch, wenn der eine Lehrer mehr diesem, der andere mehr jenem Prinzip huldigt. Die starre Orientierung vom Kinde aus ist ebenso einseitig, wie die alte Methodengläubigkeit, die nicht selten mehr Routine als Methode war. Nur ist ein feststehender Stoffplan unmöglich, wenn man dem Wachstumstrieb des Kindes, seinen Vorstellungsneigungen und seinem spontanen Eingreifen gerecht werden will." (S.4) ..................................................... [IV.4.] "Wenn die Errichtung von Versuchsschulen und -klassen einen Sinn haben soll, muß man ihnen Freiheiten gewähren, die man nicht ohne weiteres allen Schulen zubilligen kann." (S.4) ..................................................... "Auf eine neue Formulierung des Zieles der Erziehung kommt es uns weniger an als auf eine Charakterisierung des neuen Menschen, den wir gern aus unserer Schule hervorwachsen sehen möchten. Und welches sind die Wesenszüge dieses neuen Menschen? Es ist der junge Mensch, der sich - trotz gewisser Bindungen - möglichst frei entwickeln darf, nach seinen Anlagen und Kräften. Es ist der junge Mensch, der infolge der geistigen Aufgeschlossenheit in der Schule die seelische Innerlichkeit - auch das Tiefreligiöse - genau so entfalten kann wie den Intellekt. Es ist der junge Mensch, der Freude findet an der Arbeit, an der Leistung, nicht in erster Linie wegen des blinkenden Lohnes. Es ist der junge Mensch, der sich willig einfügt in die Gemeinschaft aus Einsicht, aus Rücksicht auf die Mitmenschen. Es ist der junge Mensch, der Autorität anerkennt, von innen gewachsene Autorität, der sich sehnt nach geistiger Führung. Es ist der junge Mensch, der seinen geistigen Hunger in den 8 Schuljahren nicht verloren hat. Es ist der junge Mensch, der durch sorgsame Pflege der körperlichen und geistigen Kräfte seinen natürlichen Rhythmus erkennt und behält." (S.5)
ArchivCBL/II/B/H/I [5]
SignaturCBL/II/B/H/I [5]
SchlagworteBildung
Erziehung
Glaube
Kind
Otto, Berthold
Politik
Schulreform
Versuchsschule
Wachstumstrieb des Kindes
Abteilungen2