Autor/enBuzello, Justus
TitelWelche Anregungen gewährt Berthold Ottos Hauslehrer auch für den Schulunterricht?
OrtMagdeburg
Datum1904
ZusatzAus: Vierzehnter Jahresbericht über die Städtische Realschule zu Magdeburg
Anmerkungen[Altersmundart] "Das Eigenartige in der Auffassung Ottos ist, daß er in jedem Kinde, sowie es begonnen hat, seine Gedanken auszudrücken, ein fertiges Wesen sieht, das fest und sicher in seiner kleinen Welt von Anschauungen und Begriffen lebt. In diese Welt des Kindes soll nun der Erwachsene liebevoll eindringen, er soll die Sprache des Kindes verstehen lernen, um sich dann mit ihm in dieser (des Kindes) Sprache zu unterhalten. Daher hat Otto den Begriff der Altersmundart aufgebracht." (S.2) ..................................................... [Berthold Otto; Persönlichkeit des Lehrers] "'Bilde dich zu einer Persönlichkeit aus, die auf deine Schüler Einfluß übt, und auch schließlich die anfangs Widerwilligen treibt und anspornt.' Daß die Schüler wirklich aufpassen, meint Otto, 'ist sicherlich im letzten Grunde Frage der ganzen Persönlichkeit, die nicht nur in den gewählten Worten, sondern in der ganzen Haltung, in der Betonung der Rede, ja im Blicke des Lehrers zum Ausdrucke kommt.' 'Ich bin überzeugt,' fährt er fort, 'daß wortgetreu derselbe Vortrag bei einem Lehrer 'zum Einschlafen', bei einem andern begeisternd gefunden wird.' Der Vortrag des Lehrers soll in erster Linie Klarheit bei den Schülern hervorrufen. ... daher wird der sachliche Unterricht immer der beste sein." (S.5/6) ..................................................... "Sowie unser deutsches Volk in zahllose Klassen zerfällt, die sich gegenseitig beneiden, hassen, befehden und zu vernichten suchen, so sind wir innerhalb unserer gemeinsamen deutschen Sprache ein vielsprachiges Volk; anders der Klang der Worte, anders der Sinn, anders das Verständnis." (S.9) ..................................................... "Fassen wir kurz das in den letzten Abschnitten Besprochene zusammen, so verlangt Otto in erster Linie vom Unterrichte Klarheit. Diese führt den Schüler zum rechten Verständnis und dann auch zum sicheren Urteil. Der Lehrer muß seine Persönlichkeit ganz in den Dienst der Schule stellen und in die Welt seiner Schüler herabsteigen. Er muß der ihm anvertrauten Jugend zu Liebe manche Kraft unbenutzt lassen, die er in sich stetig wachsen fühlt, er muß nicht der Vorgesetzte, sondern der Freund seiner Schüler sein. Er soll in dem Schüler Lust und Liebe erwecken und die Unterrichtsstunden möglichst frisch und anregend gestalten." (S.12) ..................................................... "Die Jugend ist mitleidslos und beugt sich nur vor dem Stärkeren. Dem Schwachen und Ängstlichen tritt sie rücksichtslos und unbarmherzig entgegen." (S.13) ..................................................... [Kenntnis der Schüler] "Die eigentliche Disziplin ist in dem Unterrichte eingeschlossen. Zeige, daß Du etwas kannst, unterrichte lebhaft und anschaulich, daß die Schüler Interesse für die Sache gewinnen, dann wirst Du bald den größeren Teil der Klasse auf Deiner Seite haben. Denn ein großer Teil der in der Schule vorkommenden Dummenjungenstreiche ist darauf zurückzuführen, daß der Schüler sich langweilt und nun auf kindische Einfälle kommt. Und zweitens muß man immer wieder dem jungen Lehrer gegenüber betonen: Lerne Deine Schüler kennen, damit Du zu ihnen in ihrer Sprache sprechen kannst." (S.14) ..................................................... "'Der faule und unartige Knabe,' sagt Otto, 'darf nicht zuerst Ärger, sondern muß zuerst Nachdenken erregen über die Faulheit und Unart.'" (S.16) ..................................................... "Beim Lesen von Ottos 'Hauslehrer' fragt man sich unwillkürlich: Bist Du denn wirklich noch ein Lehrer und Erzieher, oder bist Du nur ein geistiger Tagelöhner, der Tag für Tag sein Pensum mechanisch abarbeitet? Bei näherer Untersuchung erkennt man, daß unsere moderne Schule, die ein Produkt unseres modernen, hastigen Lebens ist, mit ihrer Fülle von Lehrstoff und ihrer Überfüllung mit Schülern es uns sehr erschwert, unsere Tätigkeit in Einklang zu bringen mit unseren Idealen. Deshalb müssen wir dafür kämpfen, daß die äußeren Hindernisse beseitigt werden." (S.19/20) ..................................................... "Die Stärke des Lehrers soll deshalb erstens in seiner wissenschaftlichen Tüchtigkeit liegen, mit der er schließlich immer durchdringen wird, noch mehr aber in seiner sittlich-ernsten Persönlichkeit. Und deshalb wird derjenige Lehrer am besten wirken, der, wie ich es im Beginne meiner Abhandlung an Otto rühmte, Religiosität, warme Vaterlandsliebe und einen auf reicher Lebenserfahrung beruhenden Humor besitzt." (S.20)
ArchivSAMagd/II/B/H/I/Rep.
SignaturSAMagd/II/B/H/I/Rep. 18,3 15.5 d/22 [1]
SchlagworteAlter
Altersmundart
Disziplin
Erziehung
Fachlehrer
Fragerecht
Hauslehrer
Latein
Lehre
Lehrer
Menschenliebe
Otto, Berthold
Schüler
System
Unterricht
Abteilungen2