Re-Membering - Spuren armenischen Lebens in der Diaspora
Villa Oppenheim
Lilith Brühl und Marit Cochius
Nicht weit entfernt von der Bismarckstraße in Berlin trifft man auf die im Grünen liegende Villa Oppenheim, ein imposantes altes Bauwerk. Neben der Dauerausstellung Westen! zeigt das Museum anlässlich des vor 110 Jahren geschehenen Genozids an den Armenier:innen derzeit auch Exponate der armenischen Diaspora in Deutschland. Der Titel der Sonderausstellung lautet Re-Membering – Spuren armenischen Lebens in der Diaspora. Sie kann noch bis zum 14. September 2025 besucht werden, der Eintritt ist frei. Die Ausstellung wurde vom Museum Charlottenburg-Wilmersdorf und von Akebi e.V. in Kooperation mit dem Houshamadyan-Verein ins Leben gerufen und wird von der Berliner Landeszentrale für politische Bildung gefördert. Leitende Kuratorin ist die in der Türkei geborene Asuman Kırlangıç.
Die Ausstellung befindet sich im ersten Stock des Museums und erstreckt sich über drei Räume sowie das Foyer. Im ersten Raum wird man von fröhlicher armenischer Musik begrüßt. Den zur Musik passenden traditionellen Tanz kann man parallel auf einer großen Leinwand betrachten. Die Art der Präsentation lädt zum Mitmachen ein. Im anliegenden Flur, welcher die Besuchenden in den zweiten Raum der Ausstellung bringt, befindet sich ein große Infotafel, auf welcher man wichtige Erinnerungsorte der armenischen Diaspora entdecken kann. Im zweiten Raum angelangt, fällt besonders die Anordnung der Ausstellungsstücke ins Auge. Sie sind entlang der Wände platziert, ein weiteres befindet sich im Zentrum des Raumes und zieht den ersten Blick auf sich. Bei den Objekten handelt es sich vor allem um persönliche Gegenstände armenischer Familien, die in Deutschland leben, etwa ein Brautkleid, eine Violine, ein Set von zwölf Kaffeetassen sowie alte Schwarz-Weiß-Fotografien.
Alle Beschreibungen der Ausstellungsstücke wie auch das Infomaterial sind auf Armenisch, Türkisch und Deutsch verfügbar, was auf die erwarteten Zielgruppen schließen lässt. Der dritte und gleichzeitig auch größte Raum wirkt auf den ersten Blick nicht, als wäre er noch Teil der Ausstellung. Grund dafür ist die sehr uneindeutige Anordnung weiterer Objekte zwischen Exponaten der Dauerausstellung. Jedoch wird hier mit zusätzlichen Medien wie Videos und Spielen gearbeitet, die durch ihre Positionierung leider leicht verpasst werden könnten.
Weitere Kritik unsererseits bezieht sich vor allem auf die Größe und die Räumlichkeiten der Ausstellung. Das Thema selbst ist zu komplex, um es in so kleinem Ausmaß zu präsentieren. Außerdem stammen alle Objekte aus wenigen ausgewählten Familien-Archiven und können dadurch nur einen eingeschränkten Einblick in das Leben der armenischen Community liefern. Wir hätten uns an dieser Stelle mehr Vielfalt gewünscht, um dem Thema in seiner Komplexität gerecht zu werden. Zudem ist die Einbettung der Ausstellungsstücke im dritten Raum in die Dauerausstellung thematisch unpassend und lässt sie wie Fremdkörper wirken. Die ausgeprägte Interaktivität der Ausstellung bewerten wir hingegen positiv. Unsere Erwartungen wurden insofern enttäuscht, als dass die Ausstellung schlichtweg zu klein ist. Trotzdem wird diesem im deutschen Kontext sonst nicht oft beachteten, aber dennoch sehr wichtigen Thema hier eine Bühne geboten. Es ist empfehlenswert, sich im Vorfeld bereits ein wenig mit der armenischen Geschichte auseinanderzusetzen. In der Ausstellung bekommt man zwar einen weit gefächerten Einblick in verschiedene kulturelle Lebensbereiche armenischer Menschen wie Musik, Tanz und Kindheit, für den Kontext ist jedoch etwas Vorwissen hilfreich. Den Großteil der Ausstellung kann man in einem ausführlich angelegten Booklet nachschlagen. Außerdem gibt es einen Flyer, welcher auf weitere Veranstaltungen hinweist, die im Zuge der Ausstellung stattfinden, beispielsweise Stadtrundgänge, Filmvorführungen und Vorträge. Daher ist die Ausstellung nicht zwangsläufig ortsgebunden und bietet weitere Möglichkeiten, etwas über das Thema zu lernen.
Abschließend lässt sich sagen, wie bemerkenswert es ist, dass dieses lange übersehene Thema nun endlich ins öffentliche Blickfeld gerückt wird. Auch wenn die Umsetzung uns nicht in allen Aspekten überzeugen konnte, bleiben Anerkennung und Sichtbarmachung ein wichtiger erster Schritt.
Re-Membering – Spuren armenischen Lebens in der Diaspora
1.April – 14.September 2025
Villa Oppenheim
Schloßstraße 55/Otto-Grüneberg-Weg
14059 Berlin
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 10-17 Uhr, Samstag/Sonntag und Feiertage 11-17 Uhr
Eintritt frei