"Blühende Landschaften"
Geologe Ulrich Berner über verfrühte Warnungen vor einer Klimakatastrophe, die überschätzten
Wirkungen von Kohlendioxid und die Uneinigkeit der Klimaforscher.
Journalist:
Herr Berner, in Ihrem kürzlich erschienenen Buch "Klimafakten" behaupten Sie, das
Treibhausgas Kohlendioxid habe keine Hauptschuld an der Temperaturerhöhung. Halten
Sie die Warnungen vor der Klimakatastrophe etwa für Panikmache?
Ulrich Berner:
In der Tat. Natürlich fügt der Mensch der Atmosphäre CO2 hinzu. Aber wie groß die
Auswirkungen auf das Klima sind, das vermag im Augenblick noch niemand zu sagen.
Ich bezweifle, dass der Temperaturanstieg der letzten 150 Jahre vollständig auf CO2
zurückzuführen ist. Neuere Computersimulationen zeigen, dass wir den Temperaturverlauf nur
nachvollziehen können, wenn wir den Einfluss der Sonne mit einberechnen, deren abgestrahlte
Energiemenge ständig schwankt. Die Sonne wirkt wie ein riesiger Motor, der unser
Klimasystem antreibt. Sie brennt allerdings nicht konstant wie eine Glühbirne. In
ganz bestimmten Zyklen bilden sich auf ihrer Oberfläche mal mehr und mal weniger
Sonnenflecken. Wir haben bislang unterschätzt, wie stark diese Sonnenflecken das
Wettergeschehen auf der Erde steuern. Denn erstaunlicherweise ändert sich mit der Zahl der Sonnenflecken
auch die Wolkenbedeckung auf der Erde.
Wie genau das funktioniert, wissen wir leider noch nicht. Und wenn wir mehr Wolken
haben, reflektiert auch mehr Energie zurück in den Weltraum. Sind weniger Wolken
da, gelangt mehr Energie in unser irdisches Klimasystem. Im Rahmen der letzten 150
Jahre erleben wir von Zyklus zu Zyklus einen Anstieg der Sonnenfleckenintensität, der ziemlich
genau den Temperaturverlauf der letzten Zeit nachzeichnet. Schauen wir uns die letzten
150 Jahre an. Der CO2-Anstieg in der Atmosphäre stimmt nicht mit der Temperaturkurve überein. Bis 1940 hat es einen Temperaturanstieg gegeben, der vom Anstieg des Kohlendioxid
überhaupt nicht mitgemacht wurde. Dann wiederum sind Anfang der fünfziger Jahre die
Temperaturen gefallen, während das Kohlendioxid in der Atmosphäre zugenommen hat. Viele Klimaforscher nehmen mittlerweile Rückzugspositionen ein und betrachten nur
noch die letzten 30 Jahre, in denen man tatsächlich einen gleichzeitigen Anstieg
von Kohlendioxid und Temperatur sieht.
Die bevorstehende Temperaturerhöhung wird nichts übersteigen, was die Menschheit nicht
schon in früheren Zeiten erlebt hat. Und in der Vergangenheit haben Klimaveränderungen
die Menschen immer wieder dazu veranlasst, aktiv zu werden und sich anzupassen. Negatives Beispiel sind sicher die Völkerwanderungen. Aber es hat auch sehr positive
Auswirkungen gegeben, beispielsweise während des mittelalterlichen Klimahochs: Damals
lebten wir hier in Europa in blühenden Landschaften. Der Weinbau in England florierte.
Er war sogar ein großer Konkurrent für den Weinbau auf dem französischen Festland.
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