Eukonf Erklärung des Bundeskanzlers vor der Presse

Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl gab auf der Pressekonferenz zum Abschluß der Europakonferenz in London am 12. März 1998 folgende einleitende Erklärung ab.

Meine Damen und Herren,

dies war eine sehr ungewöhnliche und sehr wichtige Konferenz. Ich will als erstes dem Kollegen Tony Blair und der britischen Präsidentschaft dafür danken, daß sie das Treffen so gut organisiert hat.

Die Idee ist ja schon vor weit über einem Jahr entstanden. Auf dem Luxemburger Gipfel im vergangenen Dezember ist dann beschlossen worden, daß wir uns hier außerhalb der normalen Tagesordnung treffen wie man zu sagen pflegt: informell. Damals war der Grundgedanke, daß zu dieser Gelegenheit neben den Aufnahmekandidaten, die bereits am Start stehen beziehungsweise in das Rennen gegangen sind, auch die Türkei teilnimmt. Ich kann nur mit Bedauern feststellen, daß die türkische Seite diese Chance nicht wahrgenommen hat. Ich hoffe sehr, daß sie sich darauf besinnt, die Einladung, die ja nach wie vor gilt, bei einem nächsten vergleichbaren Treffen anzunehmen.

Dieses Zusammentreffen fand in einer ungewöhnlich freundschaftlichen Atmosphäre statt. Ich darf das einmal so sagen im Rückblick auf viele EU-Konferenzen, die wir ja auch bei den jeweiligen Erweiterungen im Laufe der Jahre hatten. Denken Sie daran, als die Spanier und die Portugiesen kamen, denken Sie an die letzte Erweiterungsrunde mit Österreich, Finnland, Schweden und Norwegen, das sich ja dann leider, wie Sie wissen,dem Beitritt versagt hat. In diesen Jahren hat sich eine Praxis entwickelt, die für das Gespräch und für die Erörterung von Sachthemen ungewöhnlich förderlich ist.

Die Europakonferenz ist ein Treffen, das deutlich von dem Willen gekennzeichnet ist, aufeinander zuzugehen, die Probleme des anderen zu verstehen und sich, wenn irgend möglich, gegenseitig zu helfen. So glaube ich aufgrund meiner Beobachtungen, daß ein Tag wie der heutige auch im Blick auf die laufenden Verhandlungen und Gespräche über den Beitritt der einzelnen Länder außerordentlich nützlich ist, weil man die Gelegenheit hat, im Vorfeld miteinander zu sprechen. Es geht einfach darum, Meinungen auszutauschen, aktuelle Probleme zu erörtern, Positionen abzustimmen, Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu prüfen und zu einer gemeinsamen Strategie zu kommen.

Wir wollten heute über zwei wichtige Themen miteinander sprechen. Das eine ist der Kampf gegen das international organisierte Verbrechen und den Drogenhandel, das zweite die Notwendigkeit, europaweit eine aktive Politik zum Schutz und zur Erhaltung der Umwelt zu betreiben. Aufgrund der Situation im früheren Jugoslawien haben wir selbstverständlich auch über die aktuelle Lage im Kosovo diskutiert. Dazu ist ein Text erarbeitet worden.

Die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und des illegalen Drogenhandels ist ein Thema, das uns seit Jahren beschäftigt. Ich habe heute gesagt: Wenn wir dieses Thema auf die Tagesordnung setzen, ist jetzt endlich Zeit, zu ganz konkreten Punkten der Zusammenarbeit zu kommen. Ich persönlich bleibe bei meiner These, daß für uns in Europa im Verlauf der nächsten zehn Jahre neben dem Thema Arbeitslosigkeit gleichermaßen die Frage der inneren Sicherheit von äußerster Brisanz ist.

Daß die internationale Drogenkriminalität enorm zugenommen hat, ist unübersehbar. In diesem Bereich werden gewaltige Geldmittel erwirtschaftet, die dann auch international untergebracht sprich: gewaschen werden. So, wie die Dinge jetzt sind das sage ich nun als deutscher Bundeskanzler , besteht natürlich die Gefahr, daß versucht wird, dieses Geld vor allem in Hartwährungsländern anzulegen. Wenn nun in einer sehr absehbaren Zeit der Euro kommt, wird sich das natürlich in weiten Teilen Europas auswirken.

Wir haben eingehend darüber gesprochen. Wir haben die Beispiele diskutiert und erwähnt, die sich aus den Veränderungen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa und durch die Öffnung der Grenzen ergeben. Man braucht ja nur zu erwähnen, Was sich zwischen Deutschland einerseits und Polen, der Ukraine und Rußland andererseits im Bereich des Autodiebstahls tut. Das bedrückt viele Leute sehr.

Ich könnte noch viele andere Beispiele nennen, etwa das Einschleusen von Menschen. Davon ist Deutschland ja besonders betroffen. Es ist angesichts zunehmender Notsituationen in nicht wenigen Teilen der Welt ganz naheliegend, daß Menschen, die zu Hause an ihrer Existenz verzweifeln, ihr Glück anderswo suchen. Und es ist kein Zufall, daß wir in Deutschland weit mehr Asylanten als das gesamte übrige Europa haben. Das ist ein Teil des Problems.


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