Übersicht
religiös-gegenständlich | religiös-rituell | religiös-karitativ | Verzicht | Geschädigter | affektiv | |
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Deutsch | ||||||
Polnisch | ||||||
Slowakisch | ||||||
Tschechisch |
de:123456
pl:123456
sk:1245
cz:1245
Sprachvergleich
Opfer – ofiara – obeť – oběť
Die semantischen Profile des Lemmas überlappen sich in den vier verglichenen Sprachen weitgehend. Im Deutschen, Polnischen, Slowakischen sowie Tschechischen konnten das religiös-gegenständliche und das religiös-rituelle Profil wie auch die in der Lexikographie meistens als übertragen und sekundär markierten Profile ʻVerzichtʼ und ʻGeschädigterʼ belegt werden. Die letzteren zwei Bedeutungen gewinnen in den vorwiegend der Publizistik entnommenen Korpusbelegen aller vier Sprachen die Oberhand. Die Häufigkeit des Geschädigtenprofils ergibt sich aus der Tatsache, dass Leidtragende von Naturkatastrophen, Kriegen, Unfällen, Verbrechen u.ä. in der Publizistik oft thematisiert werden. Ihre Bezeichnung als dt. Opfer / poln. ofiara / slow. obeť / tschech. oběť und Phraseme wie zum Opfer fallen / paść ofiarą / padnúť za obeť / padnout za oběť (in derselben Reihenfolge der Sprachen) sind dabei für geschriebene Sprache typisch.
Nur im Deutschen und Polnischen konnte das affektive Profil belegt werden. In beiden Sprachen kommt es meistens in einem festen Syntagma vor, vgl. im Deutschen du Opfer!, im Polnischen (ty) ofiaro! Seine Verwendung in beiden Sprachen überlappt sich nur teilweise. Im Deutschen handelt es sich um eine verhältnismäßig neue Pejorativierung. Durch das Schimpfwort werden vor allem Eigenschaften wie ʻschwach, hilflos, orientierungslosʼ hervorgehoben. Zusätzlich wird mit dem Wort häufig die Ausdrucksweise Jugendlicher oder sozial benachteiligter Gruppen wie Einwanderer u. ä. assoziiert. Im Polnischen stehen demgegenüber solche Eigenschaften wie ʻtolpatschig, ungeschickt, ungelenkʼ im Vordergrund. Im Unterschied zum Deutschen handelt es sich um keinen Neologismus und dem Wort haften auch keine Hinweise auf die soziale Einordnung eines typischen Benutzers.
Ebenso das religiös-karitative Profil wurde nur im gegenwärtigen Deutsch und Polnisch belegt. Im Deutschen findet es allerdings eingeschränkte Verwendung vorwiegend im Diskurs der Gläubigen und wird mitunter auch als veraltet wahrgenommen. Im älteren Neuslowakisch wurde das Lexem zumeist in der Pluralform obeti ebenso im Sinne von ʻSpenden, Obolus für kirchliche oder übertragen auch andere Zweckeʼ verwendet, heutzutage gilt dieser Wortgebrauch als veraltet. Im Tschechischen wurde die Kirchenspende mit der Entlehnung ofěra bezeichnet, mitunter ist das Wort ebenfalls veraltet.
Das Lexem ist in allen vier Sprachen tief im sprachlichen System verwurzelt. Im religiös-gegenständlichen, religiös-rituellen und Verzichtsprofil wird eine Reihe von Derivaten, Komposita und Phrasemen gebildet. Im religiös-rituellen Profil gehören dazu viele relativ seltene fachsprachliche oder veraltete Wörter, die sich auf den in der Umgangssprache selten thematisierten Opferkult beziehen. Das Profil ʻGeschädigterʼ und im kleineren Maß auch das Profil ʻVerzichtʼ weisen in allen vier Sprachen eine Vielzahl an signifikanten Kollokationen auf, die vom häufigen Gebrauch des Wortes in sich stark wiederholenden Kontexten zeugen.