Autor/enFrisch, W.
TitelZucht und sittliche Erziehung bei Berthold Otto
Orto.O.
Datum1933.04
Anmerkungen"Freiwilliger Gehorsam" ist eigentlich ein Pleonasum, ebenso wie "alter Greis", denn wenn der Greis nicht alt ist, dann ist es kein Greis, und wenn der Gehorsam nicht freiwillig ist, dann ist es kein Gehorsam. Wer das Befohlene nur tut aus Furcht vor Strafe oder bösen Folgen, oder in der Erwartung von Vorteilen, der ist nicht wirklich gehorsam. Seine Tat mag genau wie die des Gehorsamen aussehen, (im Augenblick sogar äußerlich denselben Wert haben), aber sittlich steht sie weit unter der des Gehorsamen, und es ist bedauerlich, daß der Sprachgebrauch den Unterschied zwischen freiwilligem und erzwungenem Gehorsam so wenig erkennen läßt und damit zeigt, daß in unserm Volk nicht volles Verständnis dafür vorhanden ist." ..................................................... "Man kann eine Tugend nicht erzwingen, nicht einprügeln, sie muß freiwillig sein, sonst erhält man zwar ein der Tugend ähnliches Surrogat, aber es ist in der Tat keine Tugend, vielmehr ein Laster: Angst, Streberei, Heuchelei, Gesinnungslumperei." ..................................................... "Berthold Otto ist der Überzeugung, daß der kleine Mensch nicht als ein Gefäß der Sünde anzusehen ist, wonach also dem Erzieher die Aufgabe zufiele, alle die sündigen Neigungen zu bekämpfen und den bösen Willen zu brechen, sondern, daß in den Kindern auch die guten Eigenschaften schlummern, und daß des Erziehers Aufgabe ist, diesen guten Eigenschaften die besten Entwicklungsbedingungen zu geben." ..................................................... "Bei den Menschen ist es nicht anders. Zwinge ihm nichts auf, was nicht in seiner Natur liegt, versuche nicht aus einem, der einen trefflichen Bauern abgeben kann, einen Professor zu machen, aus einer stillen Gelehrtennatur einen Kampfflieger, sondern laß jeden sich seinen Anlagen gemäß entwickeln und stelle ihn dann an den für ihn passenden Platz. Dann bekommst du etwas Ganzes, Wertvolles, sonst ein unglückliches Geschöpf mit einem verpfuschten Leben." .................................................... "Otto achtet das Kind und verlangt, daß es sich möglichst frei und seiner Natur entsprechend entwickelt, aber icht weiß auch keinen Pädagogen, der wie Otto den Kindern deutlich zu machen versteht, daß kein Mensch für sich allein dasteht, sondern daß alle Glieder eines Volkes zusammengehören, daß sich jeder der Gesamtheit einzufügen, auf die andern Rücksicht zu nehmen hat."
ArchivB.-O.-S./II/B/H/VI/1
SignaturB.-O.-S./II/B/H/VI/14 [30]
SchlagworteErziehung
Gehorsam
Individuum
Jugend
Jugenderziehung
Otto, Berthold
Staat
Staatsbürger
Zucht
Abteilungen2