Autor/enOtto, Berthold/ (Hrsg.)
TitelDer Hauslehrer. Wochenschrift für den geistigen Verkehr mit Kindern. 1. Jahrgang, Nr. 6. (Inhalt: Schulreform und geistiger Verkehr mit Kindern. Ein Ostergruß an Eltern, Erzieher und Lehrer. S. 73. - Der deutsche Reichstag, II. Wie er gewählt wird und wie er arbeitet. S. 80. - Russische Zeitrechnung. S. 83. - Für jüngere Kinder: Aus der Sprachlehre. S. 85. - Lateinische Ecke: S. 86.)
OrtLeipzig
Datum1901.04.07
Anmerkungen[Gymnasialmethode] "Jene Methode, die mit fest formulierten Regeln ohne Rücksicht auf individuelle Verschiedenheiten den Schülern zu Leibe geht, und die ... es für erlaubt hält, mit Schelten und Strafen geistige Leistungen zu beeinflussen. Diese Gymnasialmethode ist auch auf sehr vielen anderen Schulen im Gebrauch; ..." (S.75) ..................................................... [I.3.3.; I.4.3.; II.7.; IV.1.] "Schuld daran haben die ungeheuren technischen, wirtschaftlichen und politischen Umwälzungen des neunzehnten Jahrhunderts. Wenn es die Schule als ihre Aufgabe ansieht, aus dem bisherigen historischen Leben der Menschheit gewissermaßen die Summe zu ziehen, diese Summe in einer für die Kinder faßlichen Weise abzustufen und zu gestalten und so allmählich den Kindern von Jahr zu Jahr Geistesbildung, menschheitliche Entwicklung und Kenntnisse beizubringen, so schwankte natürlich die Unterlage all dieser Bemühungen, sobald durch eine verblüffende neue Erfindung, durch eine ungeahnte wirtschaftliche Entwicklung, durch einen überraschenden politischen Neubau jene Summe der historischen Entwicklung, von der der ganze Unterricht ausgeht, verändert wurde. Und besonders wenn man als wichtigsten Inhalt des Menschheitsdaseins die begriffliche Beherrschung der Erde und ihrer Naturkräfte ansieht, wenn man als Hauptaufgabe der Erziehung betrachtet, Kenntnisse in Fächer zu ordnen und mit unermüdlichem Eifer zu überlegen, ob man dies oder jenes Fach noch mit 'beizubringen' habe, ob man in dieses oder jenes Fach die Schüler mehr oder minder tief einzuweihen habe, gerade dann würde das ganze Fachsystem und mit ihm das ganze Schulwesen alteriert durch die gewaltigen Fortschritte der Erkenntnis, die mitunter so plötzlich eintraten, wie ein Hochwasser bei schmelzendem Schnee. So schwoll der naturwissenschaftliche Lehrstoff zu einer Unzahl von überfüllten Fächern an, so wuchs die entwicklungsgeschichtliche Betrachtung der geistigen und politischen Bestrebungen durch die fast plötzlich gelingende Entzifferung der ägyptischen und assyrischen Funde ins Ungeheure, und selbst amerikanische Denkmäler nahen drohend, um neue Fächer zu heischen oder alte brechend zu überfüllen. So lange die Schule daran festhält, das Leben der Menschheit auf Erkenntnisse abzuziehen und in Fächer zu fassen und dann die Jugend zu zwingen, in die Fächer einzudringen, die man aus irgend welchen Gründen gerade selber für besonders wichtig hält, so lange werden die Umwälzungen des Schulsystems nicht zur Ruhe kommen und so lange wird im Ernst niemand sagen können, welches der vorhandenen Schulsysteme besser sei als das andere." (S.75/76) ..................................................... "Eine voreilige Entscheidung über die Schulform der Zukunft würde sehr leichtsinnig sein; sie würde kaum zu rechtfertigen sein, wenn sie gegen die Überzeugung einer Mehrheit oder auch nur einer beträchtlichen Minderheit der amtierenden Lehrer erfolgte." (S.76) ..................................................... "Was man nicht mit schlichten Worten Kindern klar zu machen vermag, das hat man eben selber noch nicht verstanden, und jeder von uns merkt nach kurzer Zeit, daß das auf allen Gebieten erschrecklich viel ist." (S.78) ..................................................... "Die Disziplinierung der auf diese Weise gewonnenen Anschauungen ist eine Sache für sich ... die man ganz nach Gefallen selber, so gut man es versteht, vorbereiten, oder auch ganz und gar der Schule überlassen kann. Denn die Verarbeitung dieser Anschauungen, die das Leben täglich darbietet, zu geschlossener Weltanschauung ist natürlichstes Endziel jedes Unterrichts, mag er sich nennen, wie er will." (S.79)
ArchivCBL/II/B/H/II [7]
SignaturCBL/II/B/H/II [7]
SchlagworteChristentum
Eltern
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Kind
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Schulreform
Toleranz
Volk
Zeitrechnung, russische
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