Autor/enOtto, Berthold/ (Hrsg.)
TitelDer Hauslehrer. Wochenschrift für den geistigen Verkehr mit Kindern. 6. Jahrgang, Nr. 22. (Inhalt: Pfingstgruß. S. 301. - Lichtenberger-Neuderben: Allerlei vom Leben der Pflanzen. IX. Ein Maimorgen-Spaziergang (Schluß). S. 303. - Kati Lotz. Aus der Erziehungsschule Friedenau. S. 307. - Anzeigen. S. 308. - 2. Beilage: Lateinische Präparationen des Hauslehrers. Aus einem lateinischen Lesebuche für Anfänger. S. 313. - Aus dem ersten Lateinbrief. S. 315)
OrtGroßlichterfelde
Datum1906.06.03
Anmerkungen"... Freude an der Anschauung und Betrachtung der Welt." (S.302) ..................................................... "Die Kinder sind am meisten dazu befähigt. Sie verstehen das am besten, was eigentlich die erste Vorbedingung für jede Freude am Erkennen ist: das Erstaunen, das Sichwundern. Wer über nichts mehr erstaunt, sich über nichts mehr wundern kann, der mag für das praktische Leben ein sehr vollkommener Mensch geworden sein, aber wirkliche echte Freude an der Weltbetrachtung kann er nicht mehr haben, die ist ihm bei all seiner Vollkommenheit vollkommen verloren gegangen. Und jedes Kind hat es darin viel besser als solch ein Mann. Am schlimmsten aber wäre ein Mensch daran, der fest überzeugt wäre, alles, was überhaupt wissenswert ist, schon zu wissen. Ob es wirklich solche Menschen gibt, weiß ich nicht; aber, daß es hier und da einen Menschen gibt, der so tun möchte, als wenn er so wäre, oder der sich namentlich vor Kindern so anstellen möchte, als ob er alles wüßte, das weiß ich sehr wohl." (S.302) ..................................................... "... jedem Menschen, der da meint, er dürfe Kindern niemals eingestehen, daß er sehr viele Dinge nicht weiß, dem möchte ich zurufen, daß er nicht nur von den Dingen in der Welt um ihn herum, nicht nur von sehr vielen klugen und gelehrten Leuten noch sehr viel lernen kann, sondern daß er von jedem Kinde sehr viel lernen kann. Und der glücklichste Mensch und der auf dem Gebiete der Erkenntnis vollkommenste Mensch bleibt immer der, dem es gelungen ist, grade auf diesem Gebiete soviel wie möglich Kind zu bleiben, das heißt, bis in sein Alter zu verstehen ebenso zu erstaunen und sich ebenso zu wundern wie ein Kind." (S.302) ..................................................... [Geistiger Verkehr mit Kindern] "Wenn man sich bemüht, zunächst mit den Kindern die Welt zu betrachten, um ihnen auf ihre Fragen so zu antworten, daß sie es verstehen, dann lernt man ganz allmählich nicht nur mit den Kindern, sondern auch wieder in der Weise der Kinder um sich zu schauen." (S.302) ..................................................... "Und das Interesse ist ganz anders als all die Dinge, die ein jeder zu seinem Beruf gebraucht. Denn das, was ein jeder zu seinem Beruf gebraucht, das ist das, was die Menschen von einander trennt; das ist das, wodurch die Menschheit und wodurch schließlich auch jedes Volk zersplittert wird in so viele einzelne Teilchen, die einander gegenseitig nicht mehr verstehen. Aber die allgemeinen Interessen, die jederr von uns gehabt hat, die bei den meisten nur eingeschlafen sind, und die durch den geistigen Verkehr mit Kindern geweckt werden, das sind die Interessen, wodurch das ganze Volk und schließlich auch die ganze Menschheit geeint wird." (S.303)
ArchivDIPF/II/B/H/III[9]
SignaturDIPF/II/B/H/III[9]
SchlagworteGeistiger Verkehr
Interesse
Kind
Abteilungen2