Autor/enN. N.
TitelProtokollbuch der 32. Gemeindeschule Neukölln, vom 27.02.1932 bis 18.01. 1934. Handgeschrieben
OrtBerlin
Datum1934
Anmerkungen"Lehrerkonferenz am Donnerstag, den 27.II.1930 abends 6.30 Uhr:" ..................................................... "Tagesordnung: Die zukünftige Arbeitsorganisation der 32. Gemeinschaftsschule und die Stellung des Schulleiters innerhalb der Schule. (Auffassung der kollegialen Schulleitung) Das Referat hat Herr Hoffmann übernommen. Er führt im Wesentlichen folgendes aus: Die Schularbeit, soweit sie sich auf das Schulganze bezihet, ist gelähmt. Es besteht keine Klarheit über die Richtung. Viele Kinder sind interesselos. Es mangelt an Arbeitsdisziplin. Die Leitung der Schulgemeinde liegt nicht fest in der Hand des Kollegiums. Das Verhältnis zur Schulverwaltung ist gespannt. Es fehlt am vollen persönlichen Einsatz, es fehlt auch am vollen Einsatz der Arbeitskraft. Wir haben nicht die Führung bei den Eltern. Man kann nicht verlngen, daß jemand die formale Verantwortung für die Durchführung einer Aufgabe übernimmt, die nicht vom ganzen Kollegium gestellt und restlos bejaht wird." (S.1) ..................................................... "Hagedorn und Lindner sprechen für eine größere Beachtung der sogenannten Äußerlichkeiten (Stundenbeginn, Ruhe im Schulhaus). Busse warnt vor einer Überbeachtung des Satzes `Ruhe im Schulhaus`. Der Pausenkrach ist biologisch bedingt" (S.3) ..................................................... "Konferenz am ... 1930. Beginn: 18.30 Uhr:" (S.4) ..................................................... "Tagesordung: Stellungnahme zum Erlaß der P.S.K. betr. Maßnahmen gegen die politische Verhetzung der Jugend. An die Vorlesung des Erlasses schloß sich eine rege Diskussion. Herr Hoffmann wird beauftragt, das Diskussionsergebnis zu einem Bericht zusammenzufassen. Die Stellungnahme des Kollegiums bewegte sich in folgenden Gedankengängen:/ Um die Möglichkleiten einer staatsbürgerlichen Erziehung an unserer Schule fetszustellen, ist es notwendig, zuerst einmal die soziale und politische Zusammensetzung unserer Elternschaft zu betrachten. Die Eltern unserer Schule gehören zum größten Teil der Arbeiterschaft an, wozu ein kleiner Prozentsatz fortschrittlicher Intellektueller kommt. Sie sind fast durchweg in politischen und gewerkschaftlichen Verbänden organisiert und ihnen zum großen Teil als Funktionäre tätig. Daraus resultiert eine bewußte politische Haltung, die bei den radikaler eingestellten Eltern durchaus nicht staatsbejahend ist. Diese Feststellungen gründen sich auf unsere Beobachtungen in zahlreichen Elternversammlungen und Elternausschußsitzungen. Dabei ist nicht zu verkennen, daß pädagogische Fragen und Probleme der inneren Ausgestaltung unserer Schule mit lebhaftem Interesse diskutiert werden. Die kritische Haltung kommt vor allem bei der Diskussion schulpolitischer Fragen zum Ausdruck./ Selbstverständlich ist, daß unsere Kinder bei dieser politisch bewußten Haltung der Eltern viel früher und viel intensiver von politischen Gedankengängen bewegt werden als die Kinder anderer Schulen. Im Unterricht ergibt sich daher von selbst, daß die Einflußnahme der Eltern durch bestimmte Äußerungen in Erscheinung tritt, doch ist es bisher immer möglich gewesen, diese Dinge zum Ausgangspunkt sachlicher Diskussionen zu machen./ Das Zusammenleben der Klassen und der Unterricht sind durch die verschiedenen politischen Beieinflussungen der Kinder nicht gestört worden. Die pädagogischen Mittel, mit denen wir in der Richtung des Erlasses wirken können, sind bei der heutigen Organisation des Schullebens gering. Wir sind im Wesentlichen auf Belehrung, Aussprache und den Einsatz der Pesron des Lehrers angewiesen./ Der Auifgabenpreis der Schülerselbstverwaltung ist in dieser Organisationsform zu beschränkt, als daß er in diesem Zusammenhange als positiver Faktor eingesetzt werden könnte. Wir bedauern es sehr, daß die schlechte Lebenslage unserer Eltern und die wenigen öffentlichen Mittel, die wir erhalten, es uns nicht ermöglichen, unser Zusammenleben mit den Kindern durch Ausflüge, Fahrten, Reisen, Leben in Schulheimen und Zeltlagern intensiver zu gestalten; denn erst hier würde der Zwang des Aufeinanderangewiesenseins eine natürliche Entwicklung zum Zusammenwirken, zur gegenseitigen Achtung und Hilfsbreitschaft erzeugen, und damit eine bessere Basis zur Staatsbejahung. Wir betonen, daß - natürlich - alle Mittel ausgenutzt werden, die Kinder zur gegenseitigen Achtung und Duldung, wie zur Achtung vor den Einrichtungen des Staates zu erziehen. Eine solche Einflußnahme in beiden Richtungen ist für die Schule Lebensnotwendigkeit. Der positive Ausgang dieser Bemühungen läßt erhoffen, daß die Schule auch in Zukunft vor wesentlichen Erschütterungen bewahrt bleibt./ In den elf Jahren unseres Bestehens sind wir besrebt gewesen, die Elternschaft eng an das Leben der Schule anzugliedern. Versammlungen der Klassenelternausschüsse neben und in Verbindung mit den Beratungen des Elternbeirates werden vom Kollegium besucht, gemeinsame Fragestellungen und LKösungen erarbeitet. In zahlreichen Elternversammlungen der Klassen und der Gesamtschule wurden Schulprobleme behandelt; außerdem wurden regelmäßige Elternabende veranstaltet./ Der Protokollführer: Seedorf/ Hoffmann." (S.4-6) ..................................................... "Konferenz am 16.III.1931 um 6 Uhr abends... Konferenzthwema: Kritik am bestehenden Plan. In einer Reihe von kurzen Besprechungen hatten sich im LKaufe des Winterhalbjahres eine Reihe von negativen Erfahrungen gezeigt. Herr Busse übernahm den Auftrag, die verschiedenen Gedankengänge in einem einheitlichen Referat zusammenzufassen. Er kritisiert die positive Bewertung der `exakten und gut zu Ende geführten` Ausstellungsgegenstände der Linke-Schule durch einige Kollegiumsmitglieder. Er analysiert die Methoden und Mittel, die angewandt werden müssen um solche exakten, `unkindlichen` Arbeiten anfertigen zu lassen. Die Arbeit des Kindes ist grundverschieden von der Arbeitshaltung des Erwachsenen, der von einem starken Willen geleitet, seine Umgebung zweckbestimmt umgestaltet und seine ganze Aktivität in die Außenwelt legt. Die Forderung solcher Arbeitshaltung für das Kind bedeutet die Lahmlegung der spontanen Aktivität des Kindes für seine Entwicklung. - In unseren Fachkursen muß darauf geachtet werden, daß der Stoff nicht der bestimmende Faktor des Unterrichtsgeschehens wird. Desgleichen muß die sich immer mehr einschleichende Systematik bekämpft werden. Der Referent führt Beispiele aus dem Schulleben an, die ihm als Anzeichen für eine beginnende Stoffherrschaft und eine Betonung der Systematik als Unterrichtszusammenhang erscheinen.- Die in der letzten Zeit sich häufenden Disziplinschwierigkeiten führt der Referent in der Hauptsache auf die immer mehr vom Stoff und von der Systematik her bestimmte Unterrichtsgestaltung zurück, die unsere Kinder z.T. zwingt, sich mit ihnen wesensfremden, für sie zum großen Teil inhaltslosen Stoffen, zu beschäftigen; mit Stoffen, die keine Bindungen schaffen. In den Disziplinlosigkeiten tobt sich unausgenutzte, überschüssige Kraft aus. Dagegen sollte man nicht mit äußeren Maßnahmen - nutzlos - ankämpfen, sondern diesen Kräften Auswirkungsmöglichkeiten in Gemeinschaftsunterricht schaffen.- In unseren Kursen sitzen viele Kinder, die durch irgendwelchen Zwang dorthinein geordert worden sind. Viele Mißerfolge und Schwierigkeiten sind in der Hauptsache darauf zurückzuführen. Wir müssen uns kontrollieren, ob bei der Plangestaltung doch irgendwie der Gedanke mit im Spiel war, daß die Kinder doch möglichst von allen Gebieten der Realien etwas wissen müßten. Auch die leiseste Anfreundung mit der sog. Allgemeinbildung müsse bekämpft werden.- Reine Fachlehrer, ohne den Mutterboden der Lebensgemeinschaft sind abzulehnen. Die Fachfragen müssen mehr als bisher in die Lebensgemeinschaftsstunden eingebaut werden./ Die zahlreichen Beispiele aus dem schulleben, die Herbert Busse aufführte, werden diskutiert und z.T. geklärt. In der Diskussion wurde die allgemeine Erkenntnis deutlich, daß die bisherige Planform zu starr sei, daß ein starrer Fachunterricht ohne Verbindung mit dem Leben der Kinder sich breit mache, daß die Wahlfreiheit der Kinder für die Kurse stärker zu beachten sei./ Der Protokollführer: Herbert Busse/ Hoffmann." (S.20-22) ..................................................... "Konferenz vom 18. Januar 1932, 19. Uhr... Die Konferenz setzt sich die Aufgabe, die besondere pädagogische Situation unserer Schule herauszuarbeiten. Die tatsächliche Praxis der letzten beiden Jahre, die einen besonderen Abschnitt in der Entwicklung unserer Schule darstellt, soll bewußt der Ausgangspunkt der Untersuchungen sein. ... Verbesserungen der üblichen Methodik stehen nicht im Blickpunkt unserer Interessen. Die 32. Schule setzt sich nicht die Aufgabe, nur einzelne, isolierte Methoden zu verbessern, sondern sie bemüht sich um die Konstituierung eines neuen Schultyps. ... Bei den Ausführungen des Abends ist die Stellungnahme immer abhängig von den Absichten, der `Ideologie` des Lehrerkollegiums, die wohl alle Reden durchzieht und bestimmt, aber nicht formuliert wird." (S.33/34) ..................................................... "Konferenz vom 25. April 1932 ... Tagesordung: 1. Aussprache über das Referat von Frau Regierung- und Schulrat Dr. Rosenow über die Schule und die sogenannte Aufklärung ... 1. Nachdem schon in den vorangegangenen Tagen den einzelnenen Lehrern Gelegeneheit gegeben wortden war, sich über den Inhalt des Referats über die Schule und die sogenannte Aufklärung zu unterrichten, wird dieses noch einmal von Herrn Hoffmann vorgelesen. Das Referat wird von Herrn Hoffmann unter Zustimmung des Kollegiums als notwendig begrüßt. Er weist darauf hin, daß eine Beschäftigung mit diesem thema für den Lehrer immer aktuell ist und Besprechungen darüber seit Bestehen der Versuchsschule stets gepflegt worden sind. Die Störungen des Gemeinschaftaslebens durch den bei einzelnen Kindern irregeleiteten Geschlechtstrieb jeder Zeit drohen. Allerdings müsse man beachten, daß der derartige Störungen auf die verschiedensten Grade des Bewußtseins bei den betreffenden Kindern zurüchgingen. Herr Koch berichtet über seine erafhrungen in einer Klasse von schwer schwachsinnigen Kindern und zeigt, wie Kinder, denen es nicht möglich ist, sich auf dem legalen Wege durchzusetzen dieses oft dadurch zu erreichen versuchen, daß sie besonders verbotene, abwegige Dinde tun oder nachahmen. Herr Koch hat in solchen Fällen eine große Wirkung dadurch erzielt, daß er dem Kinde seinen psychologischen Zustand bildlich erklärte und daß er ihnen zeigte, wie man auf dem legalen Wege leichter und besser zu positiven Erfolgen käme. Die Klassengemeinschaft müßte das Kind in Pflege nehmen, das es dann nicht mehr nötig hat, sich auf absonderliche Weise hervorzutun. Herr Ullbrich weist darauf hin, daß sehr oft Komplikationen entstehen, wenn Kinder aus einer reinen Knaben- oder Mädchenschule zu uns kommen, diese aber von einer einigermaßen festen Klassengemeinschaft fast ohne Zutun des Lehrers in kürzester Zeit überwunden würden. Eine besonders günstige Wirkunmg übten hierbei die Mädchen aus. Frl. Riese berichtet über den Aufenthalt von Jungengruppen auf den Toiletten und Herr Hoffmann darüber, daß Jungen versucht hätten, ein Mädchen zu küssen. Herr Busse ist der Meinung, das bei einem sehr vertrauten Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern sich derartige Schwierigkeiten nicht ergeben würden. Er hätte in seiner Klasse über solche Dinge nicht zu klagen. Herrn Lindtners Klasse hat die sexuellen Dinge nicht so früh abreagiert. Ein ziemlich grober Fall, der sich zwischen zwei Kindern seiner Klasse abspielte, ist sehr svchnell auf eine gute Weise erledigt worden. Schwieriger sei die Behandlung bei den Zärtlichkeitsstrebungen der Kinder, die nur in sehr weiter Verbindung mit sexuellen Vorgängen stünden. Wenn hierbei ein Kind zu weit ging, müsse man es rechtzeitig zurückweisen. Es käme dabei entscheidend auf die Haltung des Lehrers an, der durch eine kleine Gebärde, mit der eine Sache beurteile oft mehr erreiche alsw mit vielen Worten. Herr Koch schlägt vor, Kinder, die vom Küssen nicht lassen wollen, die Erlaubnis zu geben, sich in einen Kinderstuhl setzen und dort eine Puppe küssen zu dürfen. Schon der Gedanke daran würde normal empfindende Kinder zur Beherrschung drängen, da kein Kind jünger sein wolle. Herrn Lindtner und Herrn Busse geneühbger, die dieses Mittel für falsch halten, erklärt Herr Koch, daß jedes Mittel recht sein müsse, um die Kinder aus ihrem infantilen Zustand zu lösen. Herr Lindtner berichtet, wie er die Unsitte der Knaben, sich vor die Geschlechtsteile zu schlagen, sehr schnell durch einen Hinweis auf ihre natürliche Entwicklung bekämpfen konnte. Die geschlechtliche Aufklärung seiner Klasse wäre bereits vor einem halben Jahre erfolgt und zwar ohne biologische Vorbereitung, weil dadurch die Kinder noch freier wären. Ein Problem wäre allerdings noch zu lösen: Die Frage des kinderlosen sexuellen Verkehrs, die Frage des Genusses. Weitere Aufklärung darüber könne man da aber nicht geben, es sei denn, daß die Kinder ganz ohne Spannung sich in einem vollständig klar (?) gestalteten TZustande befänden. Dabei spräche die Klassenatmosphäre mit; der Begriff der Reife spielte eine rolle, auch für das Bewußtsein der Kinder. Unreife müsse für sie verächtlich sein. Herr Busse weist auf die Kinder hin, die von Hause aus belastet sind. In einer guten Klassenatmosphäre wären das leichte Fälle, aber nach der Schulzeitgerieten sie leicht vom Wege ab. Herr Hoffman spricht vonn der Bedeutung der Kleidung, wie sie für die Mädchen Gefahr oder Sicherung bedeuten könne. Ebenso müsse das ganze Gebaren der Kinder vom Erzieher beobachtet und eventuell korrigiert werden. Frl. Hintz bringt zum Auzsdruck, daß die Schule zu wenig leisten könne, weil viele der Arbeitereltern nicht im Stande seien, sich um die Kinder zu kümmern. Herr Koch weist auf die zwei Wurzeln des ... hin, die soziale und die psychologische. Herr Hoffmann wendet sich gegen eine lehrplanmäßige Aufklärung im Biologieunterricht. Man könne eine Gesinnung nicht durch Lehrstunden erledigen. Es sei unmöglich, eine LOebensfrage durch Wissensstoffeinstellung zu lösen. Ein System des Aufklärungsunterrichts zu entwickeln würde an den verschiedenen Reifungsstandpunkten der Kinder scheitern. Herr Koch glaubt, daß die Biologie an bekanntes anknüpfend bei , (?) der Aufklärung vertiefend wirken könne. Frl. Hintz weist darauf hin, daß nur größte Offenheit nutzen könne, da viele Kinder schon manches wüßten und ihr Wissen nur vom Lehrer bestätigt sehen wollten. Zum Schluß gibterr Koch einen kurzen Bericht über das Buch von Mathilde ... `Wahrheit und Irrtum in der Geschlechterpsychologie` ..." (S: 37-40) ..................................................... "Revision der Schule durch Frau Dr. Rosenow." (S.45) ..................................................... "Konferenz am 6. Juni 1932: Anwesend sind alle Mitglieder des Kollegiums. Tagesordnung: 1. Verlesung des Protokolls der letzten Konferenz. 2. Stellungnahme zur Frage der Schulordnung. 1. Das Protokoll der letzten Konferenz wird gelesen und genehmigt. 2. Zum Punkt 2 hat herr Lindtner es übernommen, einleitend kurz zu referieren. Die Diskussion, an der sich alle Mitglioeder des Kollegiums lebhaft beteiligen, dient der Überprüfung und Vertiefung der leitsatzartig vorgetragenen Gedankengänge und ihrer Erhärtung durch praktische Beispiele. Der Gesichtspunkt der Fortentwicklung unseres Schullebens spielt dabei die bedeutendste Rolle.- Zum Beginn der Diskussion wird festgestellt, daß es wegen der besonderen Bestimmung dieses Protokolls zweckmäßig sei, es in der Form einer zusammenfassenden Erklärung abzufassen. Der Schulleiter erhält den Auftrag zur Formulierung eines solchen Entwurfs./ Stellungnahme des Kollegiums zur Frage der Schulordnung./ Die volle Entfaltung des Schullebens ist von zwei Voraussetzungen abhängig, von der pädagogischen Klasenarbeit, die alle Spontanität und Triebhaftigkeit der Kindesnatur in Arbeitsaktivität umzubilden versteht und von der Schaffung einer Bewegungsordnung(?) für alle Vorgänge des Schullebens./ Zur Schulordnung gehören in diesem Sinne alle Regelungen, die sich auf die Sicherung und Bewahrung des Arbeitsvorganges beziehen und die in Hinblick auf gegenwärtiges und künftiges Gemeinschaftsleben Formen des Zusammenlebens schaffen sollen./ Das Kollegium erklärt ausdrücklich, daß es die Sicherung der pädagogischen Arbeit durch eine solche Schulordnung für unabweisbar notwendig hält. Es bleibt sich indessen bewußt, daß diese Ordnung nicht Selbstzweck, sondern Mittel ist./ Ordnung ergibt sich nicht von selbst, ist also nicht als Nebenprodukt der Schularbeit zu erwarten. Sie ist eine Aufgabe, die von der gesellschaftlichen Notwendigkeit diktiert wird, und deren Erfüllung zielstrebig angebahnt werden muß. Hierbei spielt das Mittel der Gewöhnung eine entscheidende Rolle. Sie wird mit steigendem Alter durch vertiefte Einsicht ersetzt. Das Resultat muß auf jeden Fall ein geformtes Schulleben sein, und man wird überall da, wo Kindereinsicht den Gesetzen des Zusammenlebens noch nicht volle Geltung zu schaffen vermag, auf den einfacheren Vorgang der Regelung durch den Lehrer, auf bloße Gewöhnung zurückgreifen müssen - die Kinder sollen in sinnvollen Lebensformen aufwachsen, um in sich selbst besser organisiert, geformt zu sein./ Die großstädtische Schule bildet für den inneren Ausgleich von Gegensätzen zwischen der triebhaften Knidesnatur und den notwendigen Beschränkungen keinen günstigen Arbeitsboden. In ihrem Massencharakter bietet sie nicht genug Differenzierungsmöglichkeiten, um die individuelle Entwicklung kräftig zu fördern, und nicht genug Bewegungsmöglichkeiten, um vielfältige Formen des Zusammenlebens der Gruppen zu ermöglichen. So wenig die Aufgabe der Schulordnug durch solche Überlegungen in Zweifel gezogen werden kann, so sehr werden sie in der Beurteiling der Verstöße eine Rolle spielen müssen./ Das Ergebnis, der erreichte Ordnungszustand, darf nach der Auffassung des Kollegiums nicht in befohlener und erzwungener Ruhe und in künstlicher Normung des Schulverhaltens gesehen werden, sondern in einer deutlich erkennbaren allseitig zutage tretenden Rücksichtnahme und Einstellungsfähigkeit auf äußere Arbeitsvoraussetzungen, ohne das Bewegungsdrang und Ungezwungenheit im Schulverhalten erstickt werden./ Eine solche Formung zu erreichen, setzt sich das Kollegium ständig zur ersten Aufgabe./ Die Beschlüsse des Kollegiums, die die Regelung im Einzelnen betreffen sind dem Herrn Schulrat durch Schreiben vom 4. Februar 1932 überrreicht worden./ Protokoll geführt: Seedorf/ Hoffmann" (S.46-48) ..................................................... "Konferenz am Montag, den 15. Aaugust 1932/ Anwesend sin ddie Mitglieder des Kollegiums mit Ausnahme der beurlaubten Damen Frl. Hintz, Frl. Hagedorn und Frl. Seedorf./ Thema: Plangestaltung./ Nach einem Referat des Schulleiters folgt eine sehr eingehende Diskussion. Es wird wieder - wie in der letzten Konferenz - beschlossen, das Gesamtergebnis zusammenfassend darzustellen, um es als Bericht dem Schulrat, herrn Dr. Hering zu übersenden. Der Schulleiter übernimmt die Formulierung des Berichts./ Während der letzten zwei Jahre ist der Wandel der pädagogischen Auffassungen an unserer Schule in den Berichten an die Schulaufsichtsbehörde mehrmals dargelegt worden. Die Anfangsperiode fällt in die Zeit einer Labilität aller Wertungen. Sie ist in ihren Folgerungen gekennzeichnet durch das Erziehungsziel des selbstschöpferischen Menschen, der freigestaltenden Arbeit in den Auszugsgebieten. Daneben brachte sie in der Bedeutung eines Kompromisses an die praktischen Lebensnotwendigkeiten eine isolierte Arbeit in den Techniken und Realien./ Dem Kernstück dieser Arbeit, den Bemühungen um Ausdruckskultur im Sinne einer schlackenlosen Selbst- und Erlebnisdarstellung lag von Anfang an ein Plan zugrunde. Er konnte nicht stofflicher, er mußte formaler Natur sein, so wie er etwa in Jensen`s `Weg zum eigenen Stil` und den weiteren Durchbildungen dieser Ideen in unseren Berichten beschrieben worden./ Die Wendung zu einer kollektiven Geltung und zu einem stärkeren Gesellschaftsinteresse bedingt eine Erweiterung des stofflichen Materials über den Bezirk des Selbsterlebbaren hinaus. Erst die Weite des Materials und die stärkere Durcharbeitung der Einzelheiten können zu einer Vertiefung solcher Arbeit zu allgemeingültigeren Urteilen führen./ Es steht fest, daß auch im veränderten Arbeitsbild ohne Planung an eine erfolgreiche Erziehungsarbeit nicht zu denken ist. Ein Plan enthält in seiner durch Vorerfahrung gewonnenen Materialsammlung eine Möglichkeit zu einer gesellschaftlich bildenden Erziehungsarbeit. Er bezeichnet einen möglichen Arbeitsweg und bewahrt die Arbeit durch die in ihm liegenden Impulse vor mangelnder Intensität./ Seine Bedeutung darf indessen nicht überschätzt werden. Mit seiner klaren Durchformung und späteren Einhaltung allein ist die Gewähr für den gewünschten Erfolg einer Erziehung zu gesellschaftlichem Denken noch nicht gegeben. Diese Erziehungsarbeit muß sich nicht notwendig an diesem Material vollziehen, auch nicht unbedingt an ähnlichen Materialien des gleichen Stoffkreises. Es kommt entscheidend auf die Gesamthaltung der Arbeit an, die die latenten Spannungen- sie sind meistens nicht als ein bestimmtes stoffliches Interesse ausgeprägt- in einer materialerfüllenden Arbeit, gleich welcher Art, zu lösen versteht./ An sich ist es verhältnismäßig leicht, in Stoffgruppen zu planen. Es ergibt sich aber häufig die Notwendigkeit, zu ferner liegenden Stoffgruppen und Materialien überzugehen, wenn die oben angedeutete Haltung der Arbeit als ihr wichtigstes Erfordernis nicht verloren gehen soll. Ein solcher Wechsel darf aber auch vollzogen werden, sobald die Geeignetheit des neuen Stoffes oder der neuen Arbeit für die Fortführung der begonnenen Entwicklung feststeht. Es muß sogar möglich sein, periodisch einmal von den Sachgebieten zu einer Ausdruckspflege überzugehen./ Das Kollegium empfiehlt sich daher in der Durchführung von starren Planbindungen Abstand zu nehmen, trotzdem aber für jedes Vierteljahr in umfassender Weise stofflich und material zu planen./ Für die Abstimmung der einzelnen Facharbeiten sollten die folgenden Gedanken Geltung haben./ Eine weitgehende Abstimmung der Fächer aufeinander ist notwendig. Die einfache Nebenordnung verwandter Stoffe mehrerer Fächer bringt indessen noch nicht die vollkommende Lösung. Sie braucht nicht mit der Schaffung des Lebenszusammenhanges in kinderpsychologischem Sinne identisch zu sein. Trotzdem wird durch die Notwendigkeit ständigen Ausbalancierens und des manchmal zwanghaften Beziehungssuchens der Eigengesetzlichkeit der Facharbeit Gewalt angetan und der Arbeitsantrieb dadurch gelähmt. Die Nebenordnung verschiedener Lebensgebiete, etwa an Ausdrucksarbeit, an Gartenarbeit oder physikalisches Basteln gebunden, erscheint nach den bisherigen Erfahrungen natürlich./ Die Hauptarbeit an einem Sachgebiet wird also häufig in einem Fach liegen. Die Arbeit bekommt von ihm aus eine deutliche Akzentuierung. Die Nebenfächer werden unter Umständen nur gelegentliche Aufträge bewältigen müssen, so daß sich in dem zeitlichen Ausmaß Differenzen ergeben. Diese Fächer werden dann stofflich in Fortführung der Arbeit aus dem vergangenen Vierteljahr aus eigenen Impulsen ... Es wird aber bei der Planung an eine möglichst weitgehende komplexhafte Verbindung gedacht werden müssen./ Zur Frage des Lesens, Rechnens und Schreibens, der Fertigkeiten überhaupt ist zu sagen:/ Die Techniken sind für alle weiterführende Arbeit unmugängliche Voraussetzung. Die Leistungshöhe muß auf den einzelnen Stufen den Forderungen der Richtlinien entsprechen./ Der Protokollführer: Hoffmann/ Hoffmann" (S.49-52) ..................................................... "Konferenz am 15. November 1933... 2. Referat über Rassenkunde, Frau Rosenow." (s. Konferenz am 6. Dezember 1933)
ArchivRütli/II/B/J/I
SignaturRütli/II/B/J/I
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