Autor/en | Kerner, Georg |
Titel | Aus dem Lebenswerk Berthold Ottos. in: Pädagogisches Zentralblatt. Herausgegeben vom Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht. Juli/August Heft, Jahrgang 9, Heft 7/8, S. 402- 403 |
Ort | Langensalza |
Datum | 1929.07 |
Anmerkungen | "Denn wenn es nicht gelingt, die Fülle der bunt durcheinander und gegeneinander wirkenden menschlichen Begabungen und Zielrichtungen zu einheitlicher Leistung zusammenzufassen und alle Kräfte in den Dienst einer gemeinsamen Lebensaufgabe zu stellen, dann bringt die Menschheit in ihrem heutigen Zustand sich selber um. Diese Lebensaufgabe aber muß so eingerichtet sein, daß der einzelne sich dabei zwar nur als winziges Glied einer gewaltigen Lebenseinheit empfindet und sich als solches bescheiden einfügen lernt, aber durch das Gefühl der lebendigen Zusammengehörigkeit mit dem Geist, der diese Einheit durchwaltet, sich über sich selbst hinausgehoben fühlt, ..." (S.402) ..................................................... "Nicht der ist freiheitlich gesinnt, der für sich selber Freiheit verlangt und die Freiheit der andern darüber vergißt, sondern der zuerst und vor allem für die Freiheit derer sorgt, die ihm anvertraut sind." (S.403) ..................................................... "Es handelt sich also darum, eine Reihe von äußeren mit einer Reihe von inneren Beobachtungen in das rechte Vernehmen zu setzen, was nur möglich ist, wenn beide mit gleicher Sorgfalt hergestellt werden. Für jeden Komplex von materiellen Vorgängen sind sofort die entsprechenden geistigen in der eigenen Seele aufzusuchen, und ebenso sind alle Beobachtungen, die wir an uns selbst zu machen glauben, so lange als Vermutungen anzusehen, bis wir die entsprechenden Äußerungen auch an anderen in derselben Weise wie bei uns erfolgen gesehen haben." (S.406) ..................................................... "Nun, man könnte allerdings den Inhalt des Volksorganischen Denkens dahin zusammenfassen, daß man sagt: Berthold Otto will uns mit diesem Werk ein Volk sehen lehren! Ja, er will uns zeigen, daß ein Volk eine deutlicher faßbares Wesen ist als ein einzelner Mensch; denn einen einzelnen Menschen gibt es im Grund gar nicht, sondern der Mensch kann nur im Zusammenhang mit dem Gesamtleben seines Volkes verstanden und in seinem Menschentum begriffen werden, ..." (S.414/415) ..................................................... "Durch die gemeinsame Muttersprache sind wir in unseim Denken und Fühlen so aufeinander abgestimmt, daß dadurch ein gegenseitiges Verstehen aus dem allgemeinen Gesamtgeist heraus zwischen allen Einzelnen in allen wesenlichen Fragen möglich ist. Mit unsern Angehörigen zusammen bilden wir als Familien Zellen in diesem Volksleib. Als Teile unsrer Berufsorganisationen gehören wir zu den Gliedern, aus denen das Volkswesen wie jedes lebende Wesen zusammengesetzt ist und mit denen es planmäßig arbeitet, ..." (S.415) ..................................................... "Erst durch solche Eingliederung in die Lebensgemeinschaft, die wir Volk nennen, bekommt das einzelne Menschenleben Sinn und Inhalt. Je bewußter der Einzelne das erlebt und danach handelt, um so wertvoller wird seine Arbeit für das Volksganze. Wichtiger aber nocht, als das Bewußtsein Einzelner von ihrer Zusammengehörigkeit mit dem Volksganzen durch Familie und Beruf, Sprache und Sitte, Recht und Ordnung ist das Bewußtsein, das ein Volk von sich selber hat." (S.415) ..................................................... "Dadurch aber, daß sie von sich Bewußtsein haben, ihr Wesen und ihre Eigenart erfassen, können sie bewußt an sich arbeiten, sich erziehen und sich so einrichten, daß sie ihre Aufgabe innerhalb der Menschheit erfüllen können. Denn alle Erziehung muß doch Selbsterziehung werden - das gilt vom Einzelnen wie vom Volk - und setzt Selbstbestimmung und Selbsterkenntnis voraus und dazu Kräfte, mit denen wir in Selbstbeherrschung unser Leben als Dienst gestalten können. Damit wir aber ein bewußtes Volk werden können, müssen wir in der Lage sein oder uns in die Lage bringen, jeden Einzelnen auf seinen Posten zu stellen und ihn, damit er ihn auch ausfüllen kann, vom Ganzen aus so stärken, daß er auf diesem Posten sich in Arbeitsfreude und Verantwortungsbewußtsein ausleben kann und dadurch wahre menschliche Kultur schaffen hilft und so als lebendiges Werkzeug die Geschichte seines Volkes schaffend miterlebt." (S.415/416) ..................................................... [Bedeutung des Kindes] "Kommen doch in den Kindern die Kräfte zur Entwicklung, durch die das Volk weiterlebt und weiter wächst. Wirken doch in den Kindern bereits zielstrebig die Kräfte, durch die allein das Volk sich vorwärts und aufwärts entwickeln kann und zwar um so schneller und gründlicher, je ernsthafter und darum um so freudiger das Volk auf seine eigene Jugend eingeht und ihr den Lebensraum verschafft, in dem sie gedeihen kann." (S.416) |
Archiv | B.-O.-S./II/B/H/V/21 |
Signatur | B.-O.-S./II/B/H/V/21 [7] |
Schlagworte | Alter
Altersmundart Denken, volksorganisches Familie Fragerecht Kind Mut Selbstbeobachtung Sprache Volk Volksorganisch Volksorganisches Denken |
Abteilungen | 2 |