Polysemie
- religiös-gegenständlich: ‘Dargebrachtes’
- religiös-rituell: ‘Feier’
- religiös-karitativ: ‘Spenden’
- Verzichtsprofil: ‘Entsagung’
- Geschädigtenprofil: ‘Leidtragender’
- affektiv: ‘Niete’
Definition
Opfer
Eine Gabe – ein Gegenstand, ein Tier, mitunter auch ein Mensch – die einer Gottheit oder einer als göttlich verehrten Naturgewalt dargebracht wird, um diese gnädig zu stimmen, zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen, ihr zu danken oder um religiöse Verpflichtungen zu erfüllen. Nach christlichen Vorstellungen hat sich Jesus Christus selbst geopfert, um die Sünden der Menschheit zu tilgen und sie so mit Gott zu versöhnen.
Konnotationen
- Lamm, Rind, Tauben
- Opferschale, Opfermesser
- Verbrennen, Feuer, Rauch
Wortbildungen
Substantive
- Brandopfer1
- Menschenopfer1
- Opfergabe
- Opferlamm1 ‘Bezeichnung für Jesus Christus’
- Opfertier
- Rauchopfer1
- Tieropfer1
- Trankopfer1
Phraseme, Kollokationen
Phraseme
- blutiges Opfer1 ‘Tier- oder Menschenopfer’
- unblutiges Opfer1 ‘Opfer, bei dem kein Blut vergossen wird’
Kollokationen
- durch ein Opfer besänftigen
- ein Opfer darbringen
Belege
Ostereier haben eine lange Tradition. Während man früher Eier bemalte, um sie der Frühlingsgöttin „Ostara“ zum Opfer zu bringen, werden sie in der uns geläufigen Tradition abgekocht, da sie während der 40-tägigen Fastenzeit schlecht geworden wären – gefärbt wurden die Eier, um rohe von gekochten zu unterscheiden.
Mannh. Morgen, 22.03.2008
Das bildhübsche Mädchen sollte - so die Legende - in der ersten großen Periode der Christenverfolgung (249 bis 251) heidnische Opfer bringen. Agatha verweigerte das Ansinnen und ließ den Statthalter Quintianus, der sie begehrte, "abblitzen".
Salzburger Nachr., 03.02.2000
In den Abendmahlsworten „für viele hingegeben“ ist der Opfergedanke enthalten und in den Briefen des Neuen Testamentes, die älter sind als die Evangelien, ist dieser Gedanke expliziert: Röm 3,25, Hebr 2,17, 1 Jo 2,2 u. 4,10. In der mittelalterlichen Theologie wird der Gedanke stellvertretender Sühne im Opfer Jesu gewissermaßen juristisch weiter entfaltet, so bei Anselm von Canterbury.
NZ, 11.04.2007
ASPARN / Ab Mittwoch, den 23. April, ist die heurige Sonderausstellung im Museum für Urgeschichte zu sehen. Der Titel "Heiligtümer der Druiden - Opfer und Rituale bei den Kelten" verspricht eine spannende Schau, in der eine Auswahl spektakulärer archäologischer Funde zu sehen sein wird: eine Druidenkrone, die erst vor kurzem bei Ausgrabungen zu Tage kam, ein Hirschgeweih, das vermutlich an einer Statue des keltischen Gottes Cernunos angebracht war, Überreste blutiger Opferriten und rätselhafte Ornamente werden - zum Greifen nahe - im Original zu sehen sein.
NÖN, 22.04.2008
Definition
Opfer
Rituelle Handlung, während der eine Opfergabe (siehe religiös-gegenständliches Profil) dargebracht wird. Von katholischen Sprechern kann mit Opfer (oft in Verbindungen wie eucharistisches Opfer, heiliges Messopfer) die Eucharistiefeier als zentraler Bestandteil der Messe oder auch pars pro toto die ganze Messe bezeichnet werden.
Konnotationen
- Kain und Abel, Isaak
- Tempel, Altar, Priester
- Dankbarkeit, Bitte, Sühne
Lexikalische Relationen
Synonyme
- (Heilige) Messe
- Abendmahl
- Eucharistie
- Eucharistiefeier
- Mahlfeier
Wortbildungen
Substantive
- Brandopfer2
- Menschenopfer2
- Messopfer
- Opferaltar
- Opferkerze
- Opfermesser
- Opferschale
- Opferstätte
- Opferung
- Rauchopfer2
- Tieropfer2
- Trankopfer2
Verben
- opfern1 vgl. Abraham opferte seinen Sohn Isaak
Phraseme, Kollokationen
Phraseme
- blutiges Opfer2 ‘Tier- oder Menschenopfer’
- Heiliges Opfer ‘Messopfer, in der katholischen Kirche’
- Opfer von Brot und Wein ‘Eucharistiefeier’
- unblutiges Opfer2 ‘Opfer, bei dem kein Blut vergossen wird’
Kollokationen
- das Opfer begehen
- das Opfer feiern
- eucharistisches Opfer
- reinigendes Opfer
- sonntägliches Opfer
Belege
Widnau. Auf morgen Dienstag, 5. Januar, sind alle um 9.15 Uhr zur Eucharistiefeier eingeladen. Man blickt ins alte Jahr und schaut ins neue. Zum letzten Mal wird mit Kaplan Andreas Schönenberger gefeiert. Musikalisch wird der Gottesdienst mit Trompete und Klarinetten umrahmt. Das Opfer
wird für in Not geratene Menschen in Widnau aufgenommen. Nach dem Gottesdienst sind alle zum Apéro ins Jakobihus eingeladen.
St. Galler Tagblatt, 04.01.2010
Leiden und Sterben verstehen wir wohl als das ausnahmslose Geschick des Menschen, doch auch dürfen wir an die Auferstehung Christi glauben und das Leben aus dieser Auferstehung auch für uns erhoffen. Wenn wir das Eucharistische Opfer
feiern, antwortet das Volk Gottes auf den Zuruf "Geheimnis des Glaubens" mit dem Bekenntnis "Deinen Tod, o Herr, verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit".
Neue Kronen-Ztg., 27.03.1994
Die Liturgiereform nach dem II. Vatikanum wollte wieder stärker auf die Bedeutung von Math 5, 23f. zurückgreifen. Dabei erscheint der Friede aber gerade nicht als etwas schon vom Altar her gewirktes, sondern als etwas, was wir untereinander schaffen müssen, bevor wir das Opfer
feiern.
http://www.kath.net/detail.php?id=21463 [24.08.2011]
Und doch ließen die überaus schlechten Verkehrsmöglichkeiten beim besten Willen der Katholiken ein reges kirchliches Leben nicht aufkommen. Der Weg zur St. Markus-Kirche in Bredeney war eben zu weit. Bei einer Stunde Kirchweg hin und einer Stunde zurück war es unmöglich, besonders wenn kleine Kinder in der Familie waren, dass beide Gatten das sonntägliche Opfer
mitfeiern konnten.
http://www.st-ludgerus.net/gemeinde-christus-koenig/home/geschichte/teil-2-kirchliche-geschichte-bis-zur-gruendung-des-kirchbauvereins/ [24.08.2011]
Definition
Opfer
Eine in der Regel finanzielle Zuwendung für eine zumeist christlich-kirchliche Organisation (eine Kirchengemeinde, die Caritas o. Ä.) oder ein bestimmtes Projekt.
Lexikalische Relationen
Synonyme
- Almosen
- Kollekte
- Spende
Wortbildungen
Substantive
- Geldopfer1
- Opferbüchse
- Opfergeld
- Opferstock ‘ein in einer Kirche aufgestellter Kasten für Geldspenden’
Phraseme, Kollokationen
Kollokationen
- ein Opfer geben
- Opfer sammeln
Belege
Die überdiözesanen Aufgaben, wozu Missionen-, Entwicklungs- und Katastrophenhilfe zählen, erfordern ein „Opfer“ von 14,9 Millionen Mark. einschließlich des Spenden- und Kollektenaufkommens mit 7,3 Millionen Mark - vor allem aus Adveniat und Misereor - fließen rund zwölf Millionen in die Aufgaben vornehmlich der Dritten Welt.
Mannh. Morgen, 09.01.1987
Am Sonntag, 28. November, findet um 18 Uhr in der Klosterkirche Lobenfeld eine musikalische Feierstunde zum 1. Advent statt. In langer Tradition wird die ökumenische Feierstunde dieses Jahr von den beiden Männergesangvereinen MGV „Frohsinn“ Lobenfeld und MGV „Liederkranz“ Waldwimmersbach, sowie dem Musikverein Waldwimmersbach gestaltet. Für die Zuhörer ist ebenfalls Gelegenheit gegeben, sich aktiv am Singen zu beteiligen. Das freiwillige Opfer am Ausgang wird den kirchlichen Hilfswerken „Brot für die Welt“ und „Misereor“ zu gute kommen.
Mannh. Morgen, 24.11.2004
40,9 Mill. S spendeten die Katholiken der Erzdiözese Salzburg voriges Jahr kirchlichen Organisationen für Hilfsmaßnahmen in der „Dritten Welt“. Meßbesucher katholischer Gottesdienste werden dieses Wochenende weltweit zu einem Opfer für die Weltkirche aufgerufen. 1995 gaben sie in der Erzdiözese Salzburg den ärmsten Diözesen der Welt 1,9 Mill.
Salzburger Nachr., 19.10.1996
Als Stadtkirchengemeinde verfügen wir über 4 Möglichkeiten, uns diese notwendig gewordene eigenständige finanzielle Grundlage zu schaffen:
1. Das sonntägliche Opfer, das beim Lied vor der Predigt eingesammelt wird. Im Gegensatz zu den landeskirchlichen Kollekten, die am Ausgang erbeten und dann weitergegeben werden, stehen die Opfereinnahmen vollumfänglich unserer Gemeinde zur Verwendung zur Verfügung.
http://www.stadtkirche-emmendingen.de/spenden.html [24.08.2011]
Sonntag, 21.11.: 8.30 Eucharistiefeier, Opfer für Gymnasium St. Klemens, Ebikon. 17.30 Rosenkranz in der Kirche.
St. Galler Tagblatt, 18.11.1999
Definition
Opfer
Verzicht auf etw. bzw. Hintanstellung der eigenen Person und Bedürfnisse zugunsten etwas Wichtigerem oder Höherem, was auch besondere Anstrengungen mit einschließen kann.
Konnotationen
- Entbehrung, Motivation, hohe Ziele, selbstlos, altruistisch, ausdauernd, unermüdlich
Lexikalische Relationen
Synonyme
- Aufopferung
- Hingabe
Wortbildungen
Substantive
- Bauernopfer1 ‘im Schachspiel, das Schlagenlassen eines Bauern zugunsten einer bestimmten angestrebten Stellung’
- Bauernopfer2 ‘über die Schädigung einer niedriger gestellten Person zugunsten ihrer Vorgesetzten’
- Geldopfer2
- Opferbereitschaft
- Opferfreudigkeit
- Opfergeist ‘innere Haltung eines opferbereiten Menschen’
- Opfermutgehoben
- Opfertodgehoben ‘freiwilliger Tod für andere oder seine Anschauungen’
- Opferwille
Adjektive
- opferbereit
- opferfreudig
- opferwillig
Verben
- opfern2 vgl. wer ehrenamtlich arbeitet, opfert dafür seine Freizeit; um mehr freie Fläche zu gewinnen, wurden mehrere Parkplätze geopfert
- sich aufopfern
Phraseme, Kollokationen
Kollokationen
- etw. unter persönlichen Opfern tun
- großes Opfer
- Opfer auf sich nehmen
- Opfer bringen
- Opfer leisten
- Opfer verlangen
Belege
In all den Jahren war Rainsch der CDU als Stammwähler treu geblieben, er hat mit ihr mehrere Krisen und selbst die Spendenaffäre überstanden. Doch nun versteht er seine Partei nicht mehr. Warum lässt sie zu, dass gerade die Armen zur Kasse gebeten werden? Warum können nicht auch die Reichen Opfer bringen – etwa, indem der Spitzensteuersatz angehoben wird? Warum kann man nicht die vielen Subventionen streichen?
Braunschw. Z., 23.06.2010
„Sie“, das sind die lokalen WM-Organisatoren, die dem Obstverkäufer gemäß Fifa-Regularien untersagt haben, während der WM in Stadionnähe Handel mit seinen Frischwaren zu betreiben. Andere Bewohner des Stadtteils mussten für die WM noch größere Opfer bringen: So seien zwei Häuser, die seit 35 Jahren bewohnt waren, abgerissen worden – nur weil am Stadion weitere Parkplätze benötigt wurden, weiß Gemeindeleiter Isgak Hardien.
Braunschw. Z., 29.06.2010
Die Baumstämme zogen an mir vorbei, der Fahrtwind kühlte ein wenig mein Gesicht. Ich wollte nicht über meine Tat nachdenken. Wer etwas erreichen will, muss bereit sein, dafür Opfer zu bringen. Das hatte mein Vater mir oft genug eingetrichtert. Musikunterricht gab es für mich nicht, ich musste die Zeit nutzen und zusätzlich für die Schule lernen. Da war kein Platz für ein zeitverschwendendes Hobby. Musik war nutzlos in der Geschäftswelt. Die Musik hatte ich als Erstes opfern müssen. Danach verlor ich einige Freundschaften. Ich darf jetzt nicht scheitern. Irgendwann war die Zeit der Opfer vorüber und keiner würde mich mehr fragen, was mich der Erfolg gekostet hatte. Dann wird Vater stolz auf mich sein, dafür hat es sich dann gelohnt.
St. Galler Tagbl., 02.08.2008
Der Meinung ist auch Helmut Kostka, der Vorsitzende des Kreisseniorenausschusses bei Verdi: „Der Verbraucher wird sich zurückhalten mit der höheren Mehrwertsteuer, er wird das eine oder andere eben nicht kaufen.“ Selbstverständlich sei man bei Verdi nicht einverstanden mit dem Vertrag. Zum Thema Renten: „Das es Opfer geben wird, war klar“, so Kostka, „aber in diesem Ausmaß, das sollte nicht sein. Wir hatten schon zwei Nullrunden, jetzt noch eine – das ist im Prinzip eine Rentensenkung.“
Braunschw. Z., 14.11.2005
Früher sei das Fasten für die Menschen allerdings viel härter gewesen, meint Sauerwein. „Die Leute hatten ohnehin nicht viel, und auf das Wenige sollten sie auch noch verzichten.“ Heute gehe es den Menschen so gut, da sei es eigentlich gar kein echtes Opfer mehr, auf die ein oder andere Annehmlichkeit zu verzichten.
Mannh. Morgen, 22.02.2007
In den Ferien und an freien Tagen stehen die Gymnasiastin und die Realschülerin jeden Tag früh auf und arbeiten bis 14 Uhr auf den Pflegestationen des Caritas-Hauses mit. „Man muss auch Opfer bringen, wenn man was erreichen will“, weiß Janine Kohler und bedauert es deshalb gar nicht, dass sie so früh aus den Federn muss. „Ich denke mir, dass die Praktika für den Qualipass gut für meine Berufsvorbereitung sind. So kann ich später bei Bewerbungen zeigen, dass ich schon Erfahrungen gesammelt habe“, erklärt Lisa ihre Ambitionen.
Mannh. Morgen, 18.04.2008
Definition
Opfer
Eine Person, der physischer, psychischer oder materieller Schaden zugefügt oder die getötet bzw. zerstört wird.
Konnotationen
- Krieg, Gewalt, Verbrechen
- Naturkatastrophen, Krankheiten, Seuchen
- Hilfe, Rettung
- Identifizierung, Begräbnis
Lexikalische Relationen
Synoyme
- Betroffener
- Geschädigter
- Verletzter
- Toter
Opposita
- Täter
Wortbildungen
Substantive
- Gewaltopfer
- Katastrophenopfer
- Menschenopfer3
- Opferlamm2 ‘jmd., der unschuldig leiden muss’
- Todesopfer
- Unfallopfer
- Vergewaltigungsopfer
Phraseme, Kollokationen
Phraseme
- blutiges Opfer3 ‘verletzter oder getöteter Mensch’, vgl. die Kämpfe fordern blutige Opfer
- zum Opfer fallen1: <jmd.> fällt <jmdm., etw.> zum Opfer ‘betrogen, bestohlen oder getötet werden’, vgl. er fiel einem brutalen Überfall zum Opfer
- zum Opfer fallen2: <jmd.> fällt <jmdm., etw.> zum Opfer ‘ausfallen, nicht stattfinden’, vgl. das Konzert fiel dem Gewitter zum Opfer
Kollokationen
- Opfer des Faschismus
- Opfer eines Krieges
- Opfer fordern
- Opfer verursachen
- Opfer werden
- unschuldiges Opfer
- wehrloses Opfer
Belege
Die festklemmenden Gaspedale in Toyota-Fahrzeugen haben nach Schätzungen der US-Verkehrssicherheitsbehörde wesentlich mehr Opfer gefordert als bisher bekannt. In den vergangenen zehn Jahren sollen demnach 89 Menschen bei Unfällen ums Leben gekommen sein.
Braunschw. Z., 27.05.2010
340 Helfer kümmerten sich um die Opfer der größten Unfallserie in der Geschichte der Autobahn 2
Braunschweiger Zeitung, 21.07.2009
Am Wochenende hat sich nun die deutsche Regierung bereit erklärt, ab dem nächsten Jahr 200 Millionen Mark in einen Fonds einzuzahlen, aus dem die Opfer entschädigt werden.
Zürcher Tagesanzeiger, 10.08.1998
Zahlreiche Angehörige der Opfer harrten auch gestern schockiert vor den Toren der Schachtanlage Barakow aus. Das Identifizieren der Opfer geriet für die Beteiligten zu einer grausamen Prozedur. Die ersten 23 toten Bergleute sollen heute beerdigt werden.
Mannheimer Morgen, 13.03.2000
Die drei in der Lübecker Uniklinik behandelten schwer verletzten Opfer sind seit Freitag außer Lebensgefahr. Die beiden 13 und 16 Jahre alten Schwestern aus Neustadt (Kreis Ostholstein) und die 33-jährige Frau aus Hannover seien auf dem Wege der Besserung.
Mannheimer Morgen, 30.04.2002
Der Polizei sei der Täter, der »einmal als Student immatrikuliert« war, bislang nicht bekannt gewesen. »Wir stehen mit den Ermittlungen noch ganz am Anfang«, so Ertl weiter. Auch ob sich der Täter aus Sulzbach-Rosenberg und das Opfer gekannt hatten, ist noch nicht geklärt.
Nürnberger Zeitung, 12.10.2004
Drei Monate nach der verheerenden Tsunami-Flutwelle in Südostasien sind nun 301 deutsche Opfer identifiziert worden.
Rhein-Zeitung, 19.03.2005
Definition
Opferneu
Opfer wird eher selten auch als Schimpfwort verwendet, wobei auf Aspekte wie Passivität, Trägheit und Wehrlosigkeit angespielt werden kann.
Lexikalische Relationen
Synonyme
- Flascheumgangssprachlich
- Nieteumgangssprachlich
- Tollpatsch
- Tölpel
- Versager
Wortbildungen
Adjektive
- opfermäßigokkasionell ‘in Bezug auf Opfer (affektives Profil), schwach, hilflos, passiv’ vgl. ich sitze hier ganz opfermäßig rum; er benimmt sich so opfermäßig
Phraseme, Kollokationen
[Für dieses Profil wurden keine Phraseme oder Kollokationen gefunden.]
Belege
Oder der Deutschunterricht für Jugendliche türkischer Abstammung, die sehr gut Deutsch sprachen. Aber die Lehrerin baute das einwandfreie Deutsch in Türkisch-Deutsch um. Nicht „Ich heiße Orhan, ich wohne in Deutschland“, sondern „Binich Orhan, wohnich Deutschland, Du Opfer“. Ein sehr tiefsinniger Sketch voller Gesellschaftskritik, wie auch die Szene mit einer Afrikanerin, die bei ihrem Spaziergang in ihrer neuen Heimatstadt „die Deutschen“ suchte, um sich vorzustellen, aber nur weitere Ausländer fand.
RHZ, 15.03.2010
Der Begriff „Jude“ ist nach Darstellung des Frankfurter Antisemitismusexperten Gottfried Kößler wieder zum Schimpfwort bei Jugendlichen geworden. Damit werde aber anders früher keine antisemitische Gesinnung ausgedrückt, sagte der stellvertretende Direktor des Fritz Bauer Instituts zur Geschichte und Wirkung des Holocaust am Dienstag in Frankfurt. Das Wort „Jude“ werde vielmehr benutzt, um den Beschimpften als Opfer abzustempeln. Ähnlich würden Begriffe wie „Idiot“, „Spasti“ oder „Du Opfer“ benutzt. Der Sprachgebrauch der Jugendlichen zeige symptomatisch die einseitige Wahrnehmung von Juden als Opfer.
HAZ, 09.01.2008, S. 7
EIn halbes Jahr später näherten wir uns wieder an. Und ich stellte schnell fest dass er nicht unnahbar, sondern übertrieben schüchtern war- und ein ziemliches...Opfer (sry:/). Kein Selbstbewusstsein, heult fast edes mal wenn wir uns sehen weil er sich so hässlich findet und keine Freunde hat und mit 17 auch noch Jungfrau ist. http://www.gutefrage.net/frage/er-ist-so-ein-opfer-ich-weiss-nicht-was-ich-tun-soll [29.3.2012]
Wortindex
- Abendmahl
- Almosen
- Aufopferung
- Bauernopfer1
- Bauernopfer2
- Betroffener
- blutiges Opfer1
- blutiges Opfer2
- blutiges Opfer3
- Brandopfer1
- Brandopfer2
- Dargebrachtes
- Eucharistie
- Eucharistiefeier
- Flascheumgangssprachlich
- Gabe
- Geldopfer1
- Geldopfer2
- Geschädigter
- Gewaltopfer
- (Heilige) Messe
- Heiliges Opfer
- Hingabe
- Katastrophenopfer
- Kollekte
- Mahlfeier
- Menschenopfer1
- Menschenopfer2
- Menschenopfer3
- Messopfer
- Nieteumgangssprachlich
- Opfer von Brot und Wein
- Opferaltar
- opferbereit
- Opferbereitschaft
- Opferbüchse
- opferfreudig
- Opferfreudigkeit
- Opfergabe
- Opfergeist
- Opfergeld
- Opferkerze
- Opferlamm1
- Opferlamm2
- opfermäßigokkasionell
- Opfermesser
- Opfermutgehoben
- opfern1
- opfern2
- Opferschale
- Opferstätte
- Opferstock
- Opfertier
- Opfertodgehoben
- Opferung
- Opferwille
- opferwillig
- Rauchopfer1
- Rauchopfer2
- sich aufopfern
- Spende
- Täter
- Tieropfer1
- Tieropfer2
- Todesopfer
- Tollpatsch
- Tölpel
- Toter
- Trankopfer1
- Trankopfer2
- unblutiges Opfer1
- unblutiges Opfer2
- Unfallopfer
- Vergewaltigungsopfer
- Verletzter
- Versager
- zum Opfer fallen1
- zum Opfer fallen2
Etymologie
Opfer: Mittelhochdeutsch opfer, opher, althochdeutsch opfar, offar. Verbalabstraktum zum Verb opfern, althochdeutsch opfarōn, offarōn, das von lateinisch offere ‘darbieten’ stammt. Eine direkte Abstammung von lateinischem operari ‘opfern’ ist umstritten (Kluge 1995, 602).
Semantischer Wandel
Die neueren einsprachigen Bedeutungswörterbücher des Deutschen stimmen in der Darstellung der Polysemie von Opfer im Grunde überein. Es werden i.d.R. Bedeutungen angeführt, die im vorliegenden Wörterbuch den Profilen religiös-gegenständlich, religiös-rituell, dem Verzichtsprofil und dem Profil ‘Geschädigter’ entsprechen (vgl. DUW 2011, DUDEN GWDS 2000, DWDS). Manchmal wird das religiös-gegenständliche und religiös-rituelle Profil unter Annahme einer regelmäßigen Metonymie nicht voneinander unterschieden (so in WAHRIG, 2006).
Das affektive und religiös-karitative Profil werden dagegen nicht immer erfasst. Nur DUW (2011) führt auch die neu aufgekommene Bedeutung Schwächling, Verlierer an, mit zusätzlicher stilistischer Markierung „Jugendsprache, abwertend, besonders als Schimpfwort“. Die Bedeutung unter schmerzlichem Verzicht dargebrachte Spende (nach DWDS), hier als religiös-karitatives Profil ausgegliedert, verschwindet dagegen im Laufe der 1980er Jahre aus den Bedeutungswörterbüchern (z.B. bei WAHRIG zuletzt 1982 nur noch als Unterbedeutung zu dem Verzichtsprofil, vgl. 1. schmerzlicher Verzicht 1.1. unter schmerzlichem Verzicht geleistete Spende). Das religiös-karitative Profil gilt heutzutage also als veraltet bzw. es wird nur unter Gläubigen verwendet und gehört daher einem gruppenspezifischen Diskurs an.
In den meisten Belegen aus der Publizistik ist der religiöse Gebrauch des Lexems verhältnismäßig selten, das Wort Opfer wird meistenssäkular im Sinne des Geschädigten- sowie des Verzichtsprofils verwendet. Es ist fraglich, ob in dieser Verwendung noch eine religiöse Konnotation vorhanden ist. Beim Verzichtsprofil steht die erlittene Einbuße im Vordergrund. Im Falle des Profils ‘Geschädigter’ kann vermutet werden, dass die Bezeichnung eines Leidtragenden als Opfer dadurch motiviert wurde, dem erlittenen Leid einen Sinn zuzuweisen und es dadurch besser zu bewältigen. Dabei werden in den Medien nicht nur Geschädigte von als schicksalhaft erfahrenen Großereignissen (Kriege, Seuchen, Naturkatastrophen) als Opfer bezeichnet, sondern auch Geschädigte von Verkehrsunfällen, Einbrüchen, Betrügereien usw. Allerdings werden bereits bei GRIMM die Profile ‘Geschädigter’ sowie ‘Verzicht’ als nicht religiös motiviert charakterisiert, vgl. die Bedeutungen „von personen,die (einem thier- oder menschenopfer ähnlich) wofür büszend und sühnend untergehn oder wenigstens ein übel erdulden, die gewaltsam oder freiwillig wofür preisgegeben, aufgeopfert werden“ sowie „besonders etwas mit entbehrung oder entsagung dargebrachtes oder erlittenes“, die als übertragene Bedeutungen „mit gänzlichem zurücktreten des religiösen begriffes“ beschrieben werden.
Sprichwörter
- Kein Pfaffe gibt ein Opfer wieder. ‘etwas Verschenktes bekommt man nicht wieder’
- Man muss manchmal ein Opfer bringen. ‘manchmal muss man etwas riskieren/ versuchen/ etwas uneigennütziges tun’
- Wenn das Opfer geschlachtet ist, gibt's keinen Laut mehr. ‘das schlechte Gefühl vergeht, nachdem eine unangenehme Tat vollbracht ist’
- Wer kein Opfer scheut, vermag viel. ‘wer bereit ist, alles zu geben, bekommt nicht selten allen Lohn dafür’
Kulturelle Kontexte
Literatur
- Julius Stinde: Die Opfer der Wissenschaft, 1878.
-
Andras Franz: Das achte Opfer, 1999.(Quelle: http://img.dooyoo.de/DE_DE/orig/1/3/2/7/3/1327315.jpg)
- Raul Hilberg: Opfer, Täter, Zuschauer: Die Vernichtung der Juden 1933-1945, 1992.
- Ulrike Jureit, Christian Schneider: Gefühlte Opfer – Illusionen der Vergangenheitsbewältigung, 2010.
- Michael Paulwitz, Götz Kubitschek: Deutsche Opfer, fremde Täter. Ausländergewalt in Deutschland Hintergrund – Chronik – Prognose, 2011.
- Mechthild Schäfer, Gabriela Herpell: Du Opfer! Wenn Kinder Kinder fertig machen – Der Mobbingreport, 2010.
- Raffael Scheck: Hitlers afrikanische Opfer Die Massaker der Wehrmacht an schwarzen französischen Soldaten, 2009.
Filme
- Opfer einer großen Liebe (Dark Victory, Regie: Edmund Goulding), USA 1939.
- Opfer (Offret, Regie: Andrei Tarkowski), Schweden/ Frankreich 1986.
-
Opfer und Verführer – Das Schicksal der Kastraten (Fernsehfilm), Deutschland 2010.(Quelle: http://static.universal-music-services.de/asset_new/241765/881/view/c/Cecilia-Bartoli---Opfer-und-Verfuehrer-Film----ZDF-Martin-Christ.jpg)
-
Das Opfer (La Victime, Regie: Marco Gadge), Deutschland 2010.(Quelle: http://www.mafilm.de/wp-content/uploads/2010/09/Das-Opfer-Offizielles-Plakat.jpg)
Musik
- Johann Sebastian Bach: Das Musikalische Opfer (BWV 1079)
Sonstiges
- Opfer ‘ein Spielzug im Schachspiel, mit dem ein Spieler absichtlich den Verlust eines Spielsteins riskiert, um andere Spielvorteile zu gewinnen’
Bibliographie
Byrd, Brenna Reinhart 2010: From ‚Opfer‘ to ‚Gangsta‘: the evolving linguistic representations of Turkish-Germans in the media, Los Angeles.
Gusmani, Roberto 1999: „Zur Etymologie von dt. Opfern“, in: Studia Celtica et Indogermanica: Festschrift für Wolfgang Meid zum 70. Geburtstag, Budapest.
Must, Gustav 1988: „Zur Herkunft des Wortes Opfer“, in: Indogermanische Forschungen: Zeitschrift für Indogermanistik und Allgemeine Sprachwissenschaft, 93, S. 225-236.