Polysemie
- kausativ: ‘Verantwortung’
- moralisch: ‘Verfehlen’
- religiös: ‘Sünde’
- finanziell: ‘Verbindlichkeit’
Definition
Schuld
Die Ursache von etw. Unangenehmem, Bösem oder eines Unglücks, das Verantwortlichsein, die Verantwortung dafür.
Sg. tant.
Lexikalische Relationen
Synonyme
- Fauxpas
- Fehler
- Schnitzer
- Täterschaft
- Übertretung
- Verantwortung
- Verletzung
- Verstoß
- Vorwerfbarkeit
Opposita
- Unschuld1
Wortbildungen
Substantive
- Anschuldigung
- Beschuldigter
- Beschuldigung
- Mitschuld
- Mitschuldiger
- Schuldige
- Schuldiger1
- Schuldlosigkeit
- Schuldtragende(r)
- Schuldvorwurf
- Verschulden
Verben
- anschuldigen
- beschuldigen
- schuldig werden
- verschulden
Adjektive
- schuldhaft
- schuldig1
- schuldtragend
Phraseme, Kollokationen
Phraseme
- die Schuld abwälzen: <jmd.> wälzt die Schuld auf <jmdn.> (anderen) ab ‘jmd. versucht, die Verantwortung für etw. einem anderen zu geben’
- die Schuld in die Schuhe schieben: <jmd.> schiebt <jmdm.> die Schuld in die Schuhe ‘jmd. versucht, die Verantwortung für etw. einem anderen zu geben’
- eine Schuld plagt(e): <jmdn.> plagt(e) eine Schuld
- Schuld geben: <jmd.> gibt <jmdm./ etw.> Schuld an <etw.> ‘jmdn./ etw. für etw. verantwortlich machen’, vgl. Ich gebe dir ja gar nicht Schuld [daran].
- Schuld haben: <jmd.> hat an <etw.> Schuld ‘für etw. verantwortlich sein’, vgl. Immer soll ich an allem Schuld haben!
- schuld sein: <jmd.> ist an <etw.> schuld ‘jmd. trägt die Verantwortung für etw.’
Kollokationen
- die Schuld liegt an/ bei mir
- die Schuld zuschieben
- die Schuld zuschreiben
- er hat/ trägt die Schuld an dem Misserfolg/ Unfall
- es ist nicht seine Schuld
- ihn trifft die alleinige Schuld
- ihn trifft keine Schuld
Belege
Wer hat Schuld wenn jemand einem Autofahrer mit Handzeichen beim Einparken hilft und der Fahrer aufgrund der Handzeichen denkt er könne weiter zurück fahren und deshalb einen Unfall baut? Der Fahrer oder der „Winker“?
http://www.gutefrage.net/frage/einwink-hilfe-beim-einparken-unfall-wer-hat-schuld-fahrer-oder-winker [26.07.2011]
Die Preise der deutschen Erzeugnisse können nicht mit der billigeren Auslandsware aus Importen konkurrieren. das ist der entscheidende Punkt. Schuld an dieser Entwicklung trägt die starke Erhöhung der Kosten. Für Industriemilch (Magermilch) muß heute fast der doppelte Preis gezahlt werden wie vor dem Kriege.
Die Welt, 10.09.1949
Die Autofahrer sind eine merkwürdige Spezies. Oberste Regel: Schuld ist immer der andere, was mit beleidigenden bis ordinären Gesten durch Zeige- oder Mittelfinger kundgetan wird. Einig sind sich die lizenzierten Lenkraddreher, wenn es darum geht, es den Fahrern von führerscheinfreien Autos zu zeigen. Da wird verhöhnt, geschnitten, verboten überholt. Mag sein, daß die Gesetzeslage unbefriedigend ist. Die Schuld aber soll man nicht bei jenen Menschen suchen, die sich den Traum von Mobilität im Miniformat erfüllen, weil das Gesetz dies erlaubt.
Tiroler Tageszeitung, 21.11.1998
Die 32 Grad Celsius, auf die die Badewärterin das verordnete Samstagbad vorschriftsmäßig temperiert hatte, erwiesen sich als angenehme Erfrischung für Bernie. er merkte selbst, daß sein Blutdruck verrückt spielte, und zunächst war er geneigt, die Schuld daran dem überraschend schönen und warmen Wetter zuzuschieben, das den Landregen abgelöst hatte.
Pinkwart, Heinz: Mord ist schlecht für hohen Blutdruck. - München, 1963 [S. 157]
Definition
Schuld
Ein bestimmtes Verhalten oder eine Tat, mit der jemand gegen Werte und Normen verstößt; es kann sich bei dabei um ein sittliches Versagen, das nicht strafbar ist, oder eine strafbare Verfehlung handeln.
Sg. tant.
Konnotationen
- Verbrechen, Sündenbock, Täter
- Polizei, Gericht, Gefängnis
- Strafe, Geldstrafe
- Ächtung, Bann, Isolation
- Buße, Reue, Zerknirschtheit
- Antipathie, Anfeindung
- Versagen
Lexikalische Relationen
Synonyme
- Fehltritt
- Verfehlung
- Vergehen
Opposita
- Unschuld2
Wortbildungen
Substantive
- Entschuldigung
- Kollektivschuld
- Scham- und Schuldkultur
- Schuldgefühl
- Schuldprinzip
- Schuldzuweisung
Verben
- entschuldigen
- schuldigsprechen
Adjektive
- schuldbewusst
- schuldfähig
- schuldig2 vgl. schuldig sprechen
- schuldlos
- schuldunfähig
- schuldvoll
- unschuldig1
- unverschuldet vgl. unverschuldet in Not geraten
Phraseme, Kollokationen
Phraseme
- in Schuld stehen: <jmd.> steht in <jmds.> Schuld ‘jmd. ist einem anderen zu Dank verpflichtet für etw., das derjenige für ihn getan hat’
- Schuld auf sich laden: <jmd.> lädt (eine) Schuld auf <sich> ‘jmd. macht sich schuldig’
- sich zu Schulden kommen lassen: <jmd.> lässt <sich> <etw.> zu Schulden kommen ‘einen Fehler, sich schuldig machen’
Kollokationen
- eine alte Schuld
- eine persönliche, kollektive Schuld
- eine schwere Schuld
- er hat eine schwere Schuld auf sich geladen
- frei von Schuld sein
- jede Schuld abstreiten
- Schuld eingestehen
- Schuld und Sühne
- sich keiner Schuld bewusst sein
- von der Schuld befreien/ lossagen/ freisprechen
Belege
72 Tage hat das Belgrader Regime den Bomben der NATO getrotzt, 72 Tage lang unter dem Eindruck furchtbarer Zerstörungen die brutale Vertreibung und Ermordung von Albanern in der südserbischen Provinz Kosovo fortgesetzt. 72 Tage lang versuchte der mittlerweile als Kriegsverbrecher angeklagte Slobodan Milosevic, die Schuld für unfaßbares Elend im Kosovo und in Serbien dem Westen zuzuschieben.
Salzburger Nachrichten, 04.06.1999
Im Verlauf der Sitzung verlas der Vorsitzende des Gerichtshofes einen Brief Mindszentys an den ungarischen Justizminister, in dem der Kardinal seine Schuld zugab und einen Aufschub des Prozeßverfahrens erbat.
Neues Deutschland, 04.02.1949
‚Ich sehe nichts vor mir, nichts hinter mir‘, rief er aus, ‚als eine unendliche Nacht, in der ich mich in der schrecklichsten Einsamkeit befinde; kein Gefühl bleibt mir, als das Gefühl meiner Schuld, die doch auch nur wie ein entferntes unförmliches Gespenst sich rückwärts sehen läßt. doch da ist keine Höhe, keine Tiefe, kein Vor und Zurück, kein Wort drückt diesen immer gleichen Zustand aus.
Goethe: Wilhelm Meisters Lehrjahre
Erste juristische Begrenzungen für die ehemalige kommunistische Nomenklatura fixiert das neue Bankengesetz: Für eine Dauer von fünf Jahren werden Leitungsposten in den Finanzinstituten für kommunistische Führungskader der vergangenen 15 Jahre gesperrt sein. Die Sozialisten - frühere Kommunisten - erhoben dagegen Protest: Sie sprachen von „kollektiver Schuld“ und „Diskriminierung auf politischer Basis“.
Die Presse, 25.03.1992
Richter Johannes Denter war der Zeugin dankbar für diese Schilderung des Vorfalls. „Sie haben sich der Bedrohung strafbar gemacht, doch den Zeugen trifft, wie die Zeugin schon erklärte, die moralische Schuld, weil er Sie auf das Äußerste provoziert hat. Zu Ihren Gunsten spricht das Geständnis, und dass Sie damals, ebenso wie der Zeuge, betrunken waren.“
Rhein-Zeitung, 21.02.2004
Der südkoreanische Altpräsident Kim Young Sam sah sich nach etlichen Bankzusammenbrüchen schließlich sogar veranlaßt, sich in einer aufsehenerregenden öffentlichen Fernsehansprache bei seinen Landsleuten für die anhaltende Wirtschaftskrise zu entschuldigen. Als Präsident fühle er sich in einer bitteren Schuld für die derzeitige Situation. Die Finanzkrise in Südostasien hat den Internationalen Währungsfonds (IWF) auf den Plan gerufen: Nach den Philippinen, Thailand und Indonesien hat auch Südkorea wegen fehlender Devisenreserven Hilfe beim IWF beantragt.
Tiroler Tageszeitung, 20.12.1997
Definition
Schuld
Übertretung eines göttlichen Verbots oder Gebots. Als Erbsünde oder Erbschuld wird die vererbbare Schuld aufgrund der unvollkommenen, unverbesserlichen Natur des Menschen angesehen.
meist Sg. tant., eingeschränkt zählbar
Konnotationen
- Schlange, Adam, Eva
- Baum der Erkenntnis, Erbsünde
- Beichte
Lexikalische Relationen
Synonyme
- Erbsünde
- Sünde
Opposita
- Sündlosigkeit
- Unschuld3
Wortbildungen
Substantive
- Schuldiger2, selten ‘jmd., der Schuld auf sich geladen hat’, vgl. wie auch wir vergeben unseren Schuldigern ‘Bibelzitat aus dem Vaterunser’ (Mt 6,9–13 und Lk 11,2–4)
- Sündenschuld
Adjektive
- schuldig3
- unschuldig2
Phraseme, Kollokationen
Phraseme
- Und vergib uns unsere Schuld ‘Formel aus dem Vaterunser’
- Durch meine Schuld, durch meine Schuld, durch meine übergroße Schuld ‘Formel aus dem katholischen Schuldbekenntnis’
Kollokationen
- Gott um Vergebung unserer Schuld bitten
- Schulden vergeben
- von einer Schuld lossprechen
Belege
Der Gottesdienst beginnt mit dem Orgelvorspiel und dem Eingangslied. Das anschließende Rüstgebet ist ein Ruf zur rechten Vorbereitung auf den Gottesdienst. Es ist die Aufforderung, die eigene Schuld vor Gott zu bekennen, und die Bitte um sein Erbarmen.
http://www.selk-hh.de/schnellindex.htm?fix/Gottesdienstablauf.htm [02.08.2011]
Der dritte Sinn ist unbegreiflich. wir müssen hinnehmen und respektieren, daß Menschen sagen, sie glaubten es. unbegreiflich ist die Gnade Gottes als Verzeihung der Schuld. Verzeihung kennen wir unter Menschen: diese tiefe Kommunikation in der überwindenden Einmütigkeit des durchhellenden Einander-Verzeihens. Auch sie kann nicht ungeschehen machen, was geschah, wenn es auch im Verziehenwerden nun gleichsam verweht. In der Chiffer kann man es Gottes Gnade nennen, wenn Menschen sich verzeihen. Tun sie es aber nicht, dann kann der Gedanke an Gottes Gnade die Ausflucht bedeuten vor dem unnachgiebigen Anspruch menschlicher Kommunikation. oder sie ist der Ausdruck des frommen Wissens von der untilgbaren Schuld des Menschen als solchen, die nun in Gottes Gnade aufgehoben ist. Gehört Überforderung nicht zum Menschen? Kann er sich seiner Freiheit entziehen durch Verwerfen der Überforderung, die er doch unerbittlich hört?
Jaspers, Karl: Die Atombombe und die Zukunft des Menschen, [Sachbuch], (Erstv. 1958). - München, 1962 [S. 357]
Da bat Egidius Gott von Herzen und eröffnete ihm des Königs heimliche Not; als er die Messe endete und den Segen sprach, sah er einen Brief geschrieben ohne Menschenhand, vom Himmel gesandt. Den wies er dem Könige, und Karl las daran: „Wer seine Schuld inniglich bereut und Gott vertraut, die fordert er nimmermehr.“
König Karl, (Erstv. 1816 ; 1818), In: Deutsche Sagen, gesammelt von Jacob und Wilhelm Grimm. - o.O., 1891 [S. 434]
Definition
Schuld
meist Pl.
Ein Geldbetrag oder eine andere Verbindlichkeit, die jemand einem anderen schuldig ist. Es kann sich auch um dieVerpflichtung zu einer (Gegen-)Leistung handeln.
Konnotationen
- Abzahlung, Abstottern, Ratenzahlung
- Kredit, Zinsen, Hypotheken
- Bank, Pfandhaus, Zwangsversteigerung
- Stundung, Tilgung, Schuldenmoratorium
Lexikalische Relationen
Synonyme
- Forderung
- Obligationen
- Passiva
- Rückstände
- Soll
- Verbindlichkeiten
- Verpflichtungen
- Verschreibungen
Wortbildungen
Substantive
- Bringschuld
- Gesamtschuld
- Restschuld
- Schuldendienst
- Schuldhaftarch. ‘Haft für säumige Schuldner’
- Schuldner
- Schuldnerberatung
- Schuldturmarch., iron. ‘diente früher als Gefängnis zur Verbüßung der Schuldhaft’
- Schuldverschreibung
- Spielschulden
- Staatsschuld
- Steuerschuld
- Umschuldung
- Verschuldung
Verben
- entschulden
- schulden
- sich verschulden
- überschulden
Adjektive
- schuldenfrei
- verschuldet
Phraseme, Kollokationen
Phraseme
- bis über die/ beide Ohren/ tief in Schulden steckenumgs.: <jmd.> steckt bis über die/ beide Ohren/ tief in Schulden ‘völlig verschuldet sein’
- mehr Schulden als Haare auf dem Kopf habenumgs.: <jmd.> hat mehr Schulden als Haare auf dem Kopf ‘sehr viele Schulden haben; nach Psalm 40,13, König David vergleicht die Anzahl seiner Sünden mit den Haaren auf seinem Haupt’
Kollokationen
- aufgelaufene Schulden
- eine Schuld erlassen
- eine Schuld tilgen/ löschen;
- langfristige/ kurzfristige Schulden
- Schulden abtragen/ abzahlen/ abstottern/ begleichen/ bedienen/ rückzahlen
- Schulden bei der Bank haben
- Schulden eintreiben/ einklagen/ einfordern/ einziehen
- seine Schulden begleichen/ abzahlen/ bezahlen
- seine Schulden stunden/ erlassen
- sich in Schulden stürzen
- (viele) Schulden haben/ machen
Belege
Etwas anderes sind Schulden, die man macht, um ein Haus oder eine Eigentumswohnung zu kaufen. Diesen Schulden steht ein Wert gegenüber. Dieser Wert steigt im Laufe der Zeit sogar. Wird die Immobilie später verkauft, kann mit dem Erlös das Darlehen getilgt werden. Das gleiche gilt, wenn Sie Schulden machen, um eine Firma zu gründen. Dazu braucht man in der Regel mehr Geld, als man selber hat. Sonst ist kein schnelles Wachstum möglich. Im Laufe der Zeit erzielt man beträchtlichen Gewinn mit der Firma und später ist sie dann viel mehr wert. Wenn Sie zu Wohlstand kommen wollen sollten Sie grundsätzlich nie Konsumschulden machen. Im Gegenteil, Sie müssen sparen. Nur das Geld, das man behält, macht einen reich.
http://www.ratgeber.org/246-wann-darf-man-schulden-machen.html [02.08.2011]
Im Verlaufe des Jahres nahm das kantonale Amt für Umweltschutz die neuen Abwasserleitungen Ranft und Betten ab und liess auch bereits die Subventionen auszahlen: Bund 202 026 Franken, Kanton 161 721 Franken. Zusammen mit den Anschlussgebühren ergab dies eine sehr willkommene Reduktion der Schuld von 815 000 Franken auf nur noch 324 000 Franken.
St. Galler Tagblatt, 03.03.1998
Auf jeden der 3533 Garser Hauptwohnsitzer entfällt eine Schuld von 3075 Euro, insgesamt sind es fast elf Millionen Euro.
Niederösterreichische Nachrichten, 29.10.2008
Wortindex
- anschuldigen
- Anschuldigung
- beschuldigen
- Beschuldigter
- Beschuldigung
- bis über die/ beide Ohren/ tief in Schulden steckenumgs.
- Bringschuld
- die Schuld abwälzen
- die Schuld in die Schuhe schieben
- Durch meine Schuld, durch meine Schuld, durch meine übergroße Schuld
- eine Schuld plagt(e)
- entschulden
- entschuldigen
- Entschuldigung
- Erbsünde
- Fauxpas
- Fehler
- Fehltritt
- Forderung
- Gesamtschuld
- in Schuld stehen
- Kollektivschuld
- mehr Schulden als Haare auf dem Kopf habenumgs.
- Mitschuld
- Mitschuldiger
- Obligationen
- Passiva
- Restschuld
- Rückstände
- Scham- und Schuldkultur
- Schnitzer
- Schuld auf sich laden
- Schuld geben
- Schuld haben
- schuld sein
- schuldbewusst
- schulden
- Schuldendienst
- schuldenfrei
- schuldfähig
- Schuldgefühl
- schuldhaft
- Schuldhaftarch.
- schuldig1
- schuldig2
- schuldig3
- schuldig werden
- Schuldige
- Schuldiger1
- Schuldiger2, selten
- schuldigsprechen
- schuldlos
- Schuldlosigkeit
- Schuldner
- Schuldnerberatung
- Schuldprinzip
- schuldtragend
- Schuldtragende(r)
- Schuldturmarch., iron.
- schuldunfähig
- Schuldverschreibung
- schuldvoll
- Schuldvorwurf
- Schuldzuweisung
- sich verschulden
- sich zu Schulden kommen lassen
- Soll
- Spielschulden
- Staatsschuld
- Steuerschuld
- Sünde
- Sündenschuld
- Sündlosigkeit
- Täterschaft
- überschulden
- Übertretung
- Umschuldung
- Und vergib uns unsere Schuld
- Unschuld1
- Unschuld2
- Unschuld3
- unschuldig1
- unschuldig2
- unverschuldet
- Verantwortung
- Verbindlichkeiten
- Verfehlung
- Vergehen
- Verletzung
- Verpflichtungen
- Verschreibungen
- Verschulden
- verschulden
- verschuldet
- Verschuldung
- Verstoß
- Vorwerfbarkeit
Etymologie
Mhd. schulde, schult , ahd. sculd(a) , zu: sculan ‘sollen’ in dessen ursprünglicher Bedeutung ‘Schulden’ und eigentlich ‘Geschuldetes’.
Ahd. sculd ‘(Zahlungs-)Verpflichtung, Vergehen, Missetat, Buße, Verdienst, Ursache’ (8. Jh.), mhd. schulde , schult , scholt , asächs. skuld , mnd. schult , mnl. scult , nl. schuld , aengl. scyld , anord. schwed. skuld (germ. *skuldi- ) ist ein mit ti -Suffix zum Präteritopräsens gebildetes Abstraktum. Verwandt sind lit. skolà und kaltė ‘Schuld’, apreuß. skallīsnan (Akk. Sing. Fem.) ‘Pflicht’. Schuld bezeichnet zunächst eine ‘Verpflichtung oder Leistung’, die einem obliegt, dann speziell die ‘Verpflichtung zu einer Geldzahlung, die aus einem Darlehen erwächst’ und steht sowohl für ‘entliehenes, zurückzuzahlendes Geld’ als auch (vom Gläubiger her gesehen) für ‘verliehenes Geld, Guthaben’. Bereits im Ahd. nimmt Schuld (unter kirchlichem Einfluß) über ‘Verpflichtung zur Buße’ die Bedeutung ‘Missetat, Vergehen, begangenes Unrecht’ an. Daraus entwickelt sich in rechtssprachlicher Verwendung ‘Anklage, Anschuldigung, zur Last gelegtes Verbrechen, Beschuldigung’ (vgl. mhd. schult geben ), ‘Ursache, Grund’ (für die Konsequenzen und Folgen eines Vergehens, vgl. mhd. einer sache schulde hān , nhd. Schuld haben an etw. , mhd. einem schulde geben , nhd. die Schuld geben ) (etym. Wörterbuch nach Pfeifer, zitiert nach DWDS).
Im Neuhochdeutschen hat sich Schuld in der Bedeutung ‘Verpflichtung’ noch in dem Phrasem (tief) in jmds. Schuld sein/ stehen erhalten, die vom Duden noch als eigene Unterbedeutung zur Schuld im moralischen Sinn aufgeführt wird und mitunter als „eine sittliche Plicht oder im Zivilrecht eine Verbindlichkeit bzw. Pflicht etwas zu tun oder zu unterlassen“ (vgl. http://worterbuchmitbedeutung.com/Schuld) aufgefasst wird. Diese Bedeutung scheint jedoch nur mehr in phrasematischen Wendungen sowie in einigen Derivaten ( Schuldigkeit, jmdm. etw. schuldig sein, schuldigermaßen ) aufzutauchen.
Semantischer Wandel
Im DUW bringt folgende Erklärung für das Wort: 1. <ohne Plural> Ursache von etwas Unangenehmem, Bösem oder eines Unglücks, das Verantwortlichsein, die Verantwortung dafür 2. <ohne Plural> bestimmtes Verhalten, bestimmte Tat, womit jemand gegen Werte, Normen verstößt; begangenes Unrecht, sittliches Versagen, strafbare Verfehlung 3. <meist Plural> Geldbetrag, den jemand einem anderen schuldig ist 4. [tief] in jemandes Schuld stehen (gehoben: jemandem sehr zu Dank verpflichtet sein). Die ehemalige Bedeutung ‘Verpflichtung’ ist nur noch in diesem Phrasem sowie in einigen Derivaten von Schuld (vgl. es ist <jmds.> [Pflicht und] Schuldigkeit) erhalten geblieben.
Das vorliegende Wörterbuch führt für das Deutsche vier Profile auf: ein kausatives, ein moralisches ein religiöses und ein finanzielles Profil.
Das moralische Profil ist aus Sicht des heutigen Sprechers primär. Die ursprüngliche Bedeutung von Schuld als ‘Verpflichtung’ zeigt sich noch in den verwandten deontischen Verben, d.h. in solchen, die ein Sollen oder Müssen ausdrücken, z.B. dt. sollen; vgl. auch engl. shall/ should) sowie im Phasem: ‘in jemandes Schuld stehen’ erhalten geblieben. Letzteres (im Sinne einer ‘finanziellen Verpflichtung’) wurde zum finanziellen Profil ausgeweitet. Aus der Bedeutungsverengung ‘Verplichtung zur Buße’ entstand unter kirchlichem Einfluss im Rahmen einer Bedeutungsverschlechterung das religiöse sowie das moralische Profil mit der Bedeutung ‘Missetat, Vergehen, begangenes Unrecht’. In rechtssprachlicher Verwendung wird das Wort ‘Anklage, Anschuldigung, zur Last gelegtes Verbrechen, Beschuldigung’ schließlich kausativ verstanden; und zwar als etwas, das die Verpflichtung zur Buße hervorruft’. In der Folge wird es schließlich als ‘Ursache, Grund’ (für die Konsequenzen und Folgen eines Vergehens) verstanden, woraus sich das kausative Profil entwickelt.
Das kausative und das moralische Profil stehen sich nahe, da immer der Verursacher von etwas Unangenehmem und Schlechtem im Vordergrund steht. Beim moralischen Profil wird die Verantwortung für eine bewusst begangene Tat profiliert. Anders als im kausativen Profil ist die Schwere der Schuld graduierbar und wird oft mit adjektivischen Attributen versehen (vgl. bittere Schuld; schwere Schuld; kollektive Schuld). Im kausativen Profil handelt es sich meist um Folgen unabsichtlicher Handlungen. Aus diesem Grund kann sich Schuld auch nichtmenschliche und unpersönliche Agenten beziehen (vgl. Schuld hatte das Wetter; der plötzlich auftauchende Hirsch trug die Schuld daran, dass der Autofahrer abgelenkt wurde und die Kontrolle über den Wagen verlor; Schuld an dieser Entwicklung trägt die starke Erhöhung der Kosten).
Das religiöse Profil kann als Sonderfall bzw. Einschränkung des moralischen Profils auf religiös-sittliche Verstöße angesehen werden. Im religiösen Profil tritt Schuld als Synonym zu Sünde auf. Besonders stark ist die Assoziation mit der durch Adam und Eva verursachten Erbsünde, die auch als Erbschuld bezeichnet wird (vgl. untilgbare Schuld des Menschen), vornehmlich im Augustinischen Begriff der Erbsünde.
Die kausative, das moralische und das finanzielle Profil sind im Deutschen stabil. Die Verwendungshäufigkeit von Schuld im religiösen Profil ist dagegen rückläufig, da die Schuld des Menschen aufgrund der Sünde in den großen christlichen Konfessionen gegenwärtig nicht besonders betont wird.
Im finanziellen Profil taucht das Wort meist im Plural auf; wenn es um einen konkreten Geldbetrag geht, ist auch der Singular möglich. Der Gebrauch des Singulars ist in der Schweiz und in Österreich häufiger als in Deutschland. (vgl. willkommene Reduktion der Schuld von 815 000 Franken auf nur noch 324 000 Franken, Auf jeden der 3533 Garser Hauptwohnsitzer entfällt eine Schuld von 3075 Euro).
Die Wortbildung ist in den drei nichtreligiösen Profilen am stärksten ausgeprägt und in Form neuer substantivischer Komposita produktiv.
Sprichwörter
Alle Schuld rächt sich auf Erden.
Alte Schuld rostet nicht.
Auf Schuld folgt Strafe. ‘jedes Handeln birgt Konsequenzen’
Den mag keine Schuld beladen, der nicht mit Willen stiftet Schaden. ‘unabsichtlich Leid zufügen sei nicht strafbar’
Der Schuldige fürchtet sich vor einem rauschenden Blatt.
Die den Mann traut, die traut die Schuld.
Die Schuld der Eltern soll man den Kindern nicht vorwerfen.
Die Schulden liegen und faulen nicht.
Die Schuld kommt eher als das Brot ins Haus.
Es hemmt keine Schuld die andere.
Für alte Schuld nimm Haferstroh, sonst machst nur Advocaten froh. ‘lieber Fünfe gerade sein lassen; was lange zurückliegt, das mindert sich, vergeht aber nicht’
Heut' ein Schuldner, morgen ein Zahler.
Niemand ist ohne Schuld.
Schuld und Zank macht Müh' und Stank.
Schuld töten den Mann.
Schulden, Alter und Tod kommen unangemeldet ins Haus.
Schulden lassen die Lügen hinter sich aufsitzen.
Schulden sind keine Hasen.
Schulden und der Krebs sind unheilbare Übel.
Wer schuldig ist, muss bezahlen.
Wie die Schuld, so die Strafe.
Kulturelle Kontexte
Literatur
- Fjodor Michailowitsch Dostojewski: Schuld und Sühne, 1866.
- Ferdinand von Schirach: Schuld, 2010.
- Patricia Cornwell: Schuld (Cause of Death), 1996.
- Toto&Harry: Bin ich jetzt Schuld?, 2009.
- Charlotte Link: Das Echo der Schuld, 2006.
Film
- Schuld allein ist der Wein (Regie: Fritz Kirchhoff), Deutschland 1948.
- Schuld und Sühne (Regie: Lev Kulidzhanov), UDSSR 1970.
- Ohne Schuld (Anything for Her, Regie: Fred Cavayé), Frankreich 2008.
- Schuld sind immer die anderen (Regie: Lars-Gunnar Lotz), Deutschland 2012.
Musik
- Die Ärzte: Deine Schuld (ein Lied, in: Geräusch), 2003.
- Isabel Varell: Mit Schuld (ein Lied, in: Alles Neu), 2011.
Werbung
-
Werbung der "Buskampagne"
(Quelle: http://www.buskampagne.de/wp-content/uploads/koeln_schuld_kvb.jpg) -
Cover einer "Spiegelausgabe"(Quelle: http://antitheismus.de/uploads/gott-ist-schuld.jpg)
-
Comic(Quelle: http://www.heike-wiechmann.de/albums/illustrationen/cartoons/2009_hebis-fehler_892.jpg)
-
Tagung an der Universität Münster(Quelle: http://www.uni-muenster.de/imperia/md/images/religion_und_politik/aktuelles/2014/03_2014/news-tagung-schuld-als-herausforderung-zoom.jpg)
Bibliographie
Dutt, Carsten 2010: Die Schuldfrage: Untersuchungen zur geistigen Situation der Nachkriegszeit, Heidelberg.
Frister, Helmut 2013: „Der strafrechtsdogmatische Begriff der Schuld“, in: Juristische Schulung (München), Bd. 53 (2013), 12, S. 1057-1065.
Gauly, Heribert 1972: Wissen um Schuld: die Bedeutung der nachtridentinischen Lehre über die subjektiven Bedingungen der Todsünde für die Pastoraltheologie, Würzburg.
Häffner, Gerd 1993: „Schuld: anthropologische Überlegungen zu einem ebenso problematischen wie unverzichtbaren Begriff“, in: Häffner, Gerd (Hg.), Schuld und Schuldbewältigung: keine Zukunft ohne Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, Düsseldorf, S. 10-28.