Der Besuch Es war ein schöner Sommernachmittag, Da ich ermüdet auf dem Polster lag, Die Glieder ausgestreckt. Das Fenster war Geöffnet halb. Der Himmel blickte klar. Kurz eine echte, rechte Dämmerstunde, So lauschig, wie wenn in dem Waldesgrunde Der Baum mit seinen Zweigen sich beschattet, Wie wenn die Nacht sich mit dem Tage gattet. Kein Laut allüberall? Auf leisen Sohlen Sucht ein Versteck die Liebe sich verstohlen. Da rauscht ein Tritt. - Corinna steht vor mir, Das Röckchen aufgegürtet, an der Thür. Das Haar ist losgebunden und umstreicht Den weißen Nacken ihr. So trat vielleicht Semiramis, die schöne Königin - Ins Ehgemach vor ihren Buhlen hin. - Ich fahre auf vorstreckend meine Hand Und will sie fassen an dem Hausgewand Und ihre holde Keuschheit harmlos necken, Sie aber wehrt sich wild, bis sie mit Schrecken Sie könnte siegen, denkt, und noch erschreckt Verräterisch die kleinen Waffen streckt. Und vor mir steht sie willenlos, bezwungen, Ihr Aug' gesenkt, von meinem fast verschlungen. Beim Himmel, welch' vollendet lieblich Weib! Wie stolz das Köpfchen und wie weiß der Leib! Der Busen, wie geschwellt von süßer Lust; Man möcht' ihn pressen an die eigne Brust! Was sag' ich noch? Nur still! Des Weibes Wesen Ist ja ein Rätsel; mag's ein andrer lösen. Wir ruhten Herz an Herz und Mund an Munde, Ach, würde oft mir solche Dämmerstunde! |
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