Eine Nacht im Freien Hausmann, an dem Eisenring Festgekettet Jammerding, Thu mir auf den Riegel! Nur ein bißchen, daß ich dann Wie ein Mäuschen schlüpfen kann Durch des Thores Flügel. Bin geschmeidig und behend; Liebe that mir das am End', Lehrt' mich manche Sitte: Schleichen durch der Wächter Kreis, Ist ihr Schlaf auch noch so leis, Mit gedämpftem Schritte. Früher war ich nicht so klug, Hatte Angst vor nächt'gem Spuk Und vorm dunkeln Zimmer. Lachte Eros, mir gesellt: "Wirst allmählich auch ein Held, Ja ein Held, ein schlimmer!" Und so war's. Die Zeit verstrich, Bald, ja balde liebte ich. Nun ist mir nicht bange, Nicht vor Nacht, noch Feindesstahl; Fürchte nur, du könntest mal Säumen mir zu lange. Komm' und luge durch die Thür, Daß du's kannst auch, öffne mir! Thau liegt auf der Schwelle. Oder scheint dir's besser fast, Nimm die Blitze, die du hast, Triff mich auf der Stelle! Oder denke an das Los, Da du standest nackt und bloß, Harrend einst der Prügel - Ich besänftigte den Mut Deiner Herrin; nun sei gut, Thu mir auf den Riegel! Hausmann auf! Die Nacht enteilt. Dir auch werde abgefeilt Von dem Fuß die Kette, Dir erblüh' der Freiheit Tag - O du hörst nicht, was ich sag', Bist von Erz, ich wette. Und von Eichen dieses Thor kommt mir wie ein Bollwerk vor, Wie zum Sturm geschaffen. Ist das Krieg? Bin ich der Feind? Öffne, eh' der Tag erscheint, Hab' ja kein Gewaffen. Hab' ja auch kein Kriegsgeleit, Hab' die Liebe nur zur Seit', Liebe tausendfaltig. Hab' ein bißchen Wein im Kopf, Hab' den Kranz auf meinem Schopf; Schlottert gar gewaltig. Hausmann, hast du Furcht davor? Stoß' den Riegel von dem Thor! Schläfst du? Bist du träge? Sieh doch nur, die Nacht verrinnt; Ach! ich spreche in den Wind - Das hat lange Wege Doch vielleicht im Arme ruht Dir dein Weibchen, lieb und gut, Und hier ich, wie schändlich! - Gerne teilte ich dein Los. Trüge Ketten schwer und groß, Aber - öffne endlich! Wie? Ob mich ein Trugbild narrt? Hat der Riegel nicht geknarrt? Steht die Thüre offen? Nein! das war der Sturm, der blies An das wankende Verließ, Blies mit fort mein Hoffen. Sturmwind, kalter, weißt du was? Denke an Orithyias, Führtest sie von hinnen. Komm im Fluge, schmettre mir Trotzig nieder Thor und Thür! - Wie die Stunden rinnen! Droben glänzt ein Nebelstreif, Auf dem Boden perlt der Reif, Schweigen rings im Orte! Nehm ich jetzt in meine Hand Einen hellen Feuerbrand Und verbrenn' die Pforte? Hausmann, 's ist verlorne That, Was ich drohte, was ich bat, Taub sind deine Ohren. Nicht zu schöner Mädchen Hut, Bist zur Wacht von Räubern gut An Gefängnisthoren. Sieh, im roten Osten fern Leuchtet schon der Morgenstern, Und der Hahn kräht helle. Dich, o Kranz, der du entlaubt, Nehm' ich von dem Sorgenhaupt, Thu dich auf die Schwelle! Sag dem Liebchen, wie die Nacht Ich so elend hab' verbracht, Und sie konnt' es leiden. Pfosten, Schwelle, Hausmann du Sklavenseelen pflegt der Ruh! - Ich muß von euch scheiden. |
zurück zur Hauptseite des Liebesbüchleins | zurück zur Ovid-Homepage |