Migration, eines der komplexesten gesellschaftlichen Phänomene, erfährt erst seit wenigen Jahren vermehrt Präsenz in deutschen Museen. Als Joachim Bauer 2009 die „Musealisierung der Migration“ untersuchte, wählte er seine Fallstudien aus den USA, Kanada und Australien. In Deutschland fand das Thema erst später in die Museumslandschaft - und bis heute fehlt so etwas wie ein nationales Migrationsmuseum. Außer im DOMiD e.V. in Frankfurt am Main wurde Migration bisher meist in Teilbereichen lokaler und regionaler Museen thematisiert – oder in großen Ausstellungen. Damit stellt Migration im Museum immer noch die Ausnahme dar, während politische Forderungen davon ausgehen, dass Migration in Deutschland eben als Normalfall verstanden werden muss.
In dem Bachelor-Seminar „Museum und Migration“, konzipiert und geleitet von Britta Lange und Rosa Blens, das im Sommersemester 2025 am Institut für Kulturwissenschaft der Humboldt-Universität stattfand, sind wir dem Verhältnis von Museum und Migration nachgegangen. Wir haben uns gefragt, welche Effekte zur Musealisierung von Migration führen und welche Wirksamkeit dies hat, wir haben überlegt, was man sich unter einer „Migrantisierung der Museen“ vorstellen könnte. Dabei waren unsere Gegenstände einerseits theoretische Überlegungen – unter anderem von Regina Wonisch, Natalie Bayer, Belinda Kazeem-Kaminski, Nora Sternfeld Lorraine Bluche, Manuel Gogos – und andererseits das aktuelle konkrete Ausstellungsgeschehen in Berlin, sowohl in den großen Häusern als auch in den Kiezmuseen. Gemeinsam haben wir die Dauerausstellung „99 x Neukölln“ im Museum Neukölln besucht und diskutiert.
Die Ausstellungsbesprechungen unter der Frage nach der Thematisierung der Migration und ihren Darstellungsformen sind von den Bachelor-Studierenden dieses Seminars verfasst worden. Ihnen stand die Wahl der Ausstellung frei, ebenso die Frage, wie sie das Thema Migration genau befragen. So ist ein Panorama entstanden, das nicht nur eine Vielzahl unterschiedlicher Ausstellungen anspricht, sondern auch multiperspektivische Ansätze trägt.