Dauerinstallation DARK MATTER im Dark Matter, Berlin-Lichtenberg
Nina Hecklau
Glänzend schwarz ist der Tresen neben welchem sich der Eingang zur „Dark Matter“ Ausstellung befindet. Ein treffender Auftakt zu dem was die Besucher*innen drinnen erwartet: sieben pechschwarze, fensterlose Räume, in denen sich verschiedene Lichtinstallationen des Künstlers und Designers Christopher Bauder und seines Designstudios WHITEvoid bestaunen lassen.
Licht. Dunkelheit. Bewegung. Klang.
In diesen vier Worten lässt sich die Essenz der Ausstellung wohl am besten zusammenfassen. Der Kontrast zu einem Nachmittag in einem traditionsreichen Museum könnte kaum größer sein, hier verschwindet keines der Exponate hinter dickem Glas und verharrt still und stumm in seinem Schaukasten, ganz im Gegenteil. In den ersten drei Räumen könnte man sich durchaus in einem Club wähnen, repetitive elektronische Musik verbindet sich mit sich ständig wandelnden Lichtern. Im ersten Raum scheint diese Assoziation besonders stark: Die Wände sind komplett verspiegelt und hunderte quadratische Lampen blinken in immer wieder neuen Bewegungsmustern. Zusätzlich zur Musik erklingt zudem ein sanftes Wellengeräusch aus den unsichtbaren Lautsprechern. Schwarze Kissen auf dem Boden laden dazu ein diese Komposition aus visuellen und auditiven Elementen erst einmal gemütlich sitzend auf sich wirken zu lassen. Und tatsächlich dauert es gar nicht lange, bis die ersten Assoziationen auftauchen. Sind die Lichter wie Wellen? Oder nicht eher wie eine bildliche Darstellung der Datenautobahn, bestehend aus unzähligen Bits und Bytes?
Im zweiten Raum geht es etwas weniger immersiv zu. Die künstlerische Arbeit, vor einem hell erleuchteten Bildschirm von der Decke hängende schwarze Kugeln, ist mit einem dünnen Drahtseil von den Besucher*innen getrennt. Das hält den Zuschauer*innenbereich sehr klein und führt zu einem Gedränge, welches der geheimnisvollen Stimmung ein klein wenig Abbruch tut. Schafft man es jedoch die Anderen auszublenden entfalten die Kugeln ihre hypnotische Wirkung: Zunächst bilden sie eine sich immer wieder verformende Fläche, um sich dann in plastische, dreidimensionale Gebilde zu verwandeln. Mal erinnern die Kugeln an einen Fischschwarm, mal an Würmer, mal an einen Planeten, dann wieder an ein Atom, und es wird klar: das ganze Universum besteht aus immer kleiner werdenden Einzelteilen deren Formation sich kontinuierlich verändert. Alles ist im Fluss.
„Dark Matter“ lässt die Grenzen zwischen real und digital immer wieder verschwimmen. Im vierten Raum wartet ein gut drei Meter hohes Gebilde aus schmalen, zylindrischen Lampen auf die Eintretenden. Orange-rotes Licht saust die Säulen hinauf, dazu quillt weißer Nebel aus dem Inneren hervor und ein heimeliges Knistern und Knacken macht sehr deutlich, dass wir es hier mit einem abstrahierten Lagerfeuer zu tun haben. Optik und Geräuschkulisse stimmen, doch ein entscheidender Aspekt zerstört die Illusion; der Raum ist deutlich größer als die vorherigen und muss über den Hof betreten werden. Es ist kalt.
Generell hapert es an mancher Stelle an der reibungslosen Kommunikation zwischen Mensch und Maschine. Im fünften Raum, „Polygon Playground“, befindet sich eine weiße, alpengipfelartige Plastikoberfläche, welche erklettert werden darf. Auf diesen Miniaturberg wird eine an Wasser erinnernde Projektion geworfen, diverse Sensoren im Raum sorgen dafür, dass sich die Projektion durch Berührung der Oberfläche verändert. Das Resultat: auf Socken herumrutschende Erwachsene, die mit kindlicher Begeisterung beide Hände auf die weiße Oberfläche klatschen lassen. Doch manchmal bleibt die Reaktion der Projektion aus, wenn bereits jemand anderes eine Sekunde zuvor, und zu nahe an einem Selbst das gleiche Manöver vollführt hat.
Ähnliche Erfahrungen macht man auch im allerletzten Raum, Heimat der „Tonleiter“. Maximal 4 Besucher*innen dürfen sich hier gleichzeitig aufhalten. Auch dieser Raum ist nur von außen begehbar, es bildet sich eine Schlange davor, aber das macht dem Publikum, welches größtenteils aus zwanzig bis dreißigjährigen besteht, wenig aus. Wahrscheinlich kennt man das schon, der berühmte Berliner Techno Club „Sisyphos“ befindet sich schließlich direkt nebenan. Ist man dann endlich an der Reihe, findet man sich in Gesellschaft von zwei Aluminiumleitern wieder, deren Sprossen durch Berührung Töne erzeugen wie ein Synthesizer aus den Achtzigern. So richtig reibungslos funktioniert die Songproduktion nur leider nicht, manchmal reagieren die Sprossen nicht oder scheinen nach mehrmaligem Anschlagen den Sound zu wechseln. Ob das ein Bug ist oder Teil der Erkenntnis, dass die Menschheit wohl doch noch nicht bereit für die Kreation einer perfekten Matrix ist, bleibt offen.
Dauerinstallation Dark Matter
Dark Matter
Köpenicker Chaussee 46
10317 Berlin – Lichtenberg
Öffnungszeiten:
Mittwoch & Donnerstag 14:00 – 22:00
Freitag 12:00 – 23:00
Samstag & Sonntag 11:00 – 22:00.
Der Eintritt kostet 16 €, für Kinder unter sechs Jahren ist der Besuch kostenlos.