In den Schatten gestellt
Dauerausstellung Ein Haus für Kunst, Mode und Design im Kunstgewerbemuseum Berlin
Laura Hermlin-Leder
Nach einer zweijährigen Umgestaltung sollte das Kunstgewerbemuseum am Kulturforum, zumindest von innen, in einem neuen Glanz erstrahlen. Zum Umbau gehört unter anderem die seit Ende November 2014 bestehende Modegalerie, welche eine Vielzahl von Kleidern, Schuhen, Hüten sowie weiteren Accessoires aus dem 19. und 20. Jahrhundert beherbergt. Alle Ausstellungsstücke stammen aus der Privatsammlung von Martin Kamer und Wolfgang Ruf, die im Jahr 2003 angekauft wurde. Vorbei am wuchtigen Treppenhaus des Eingangsbereichs gelangt man in einen schmalen, abgedunkelten Gang. Einmal betreten, eröffnet sich den BesucherInnen folgender Anblick:
Die Wände und Böden sind schwarz; die einzigen, schwachen Lichtquellen dringen aus den verglasten Schaufenstervitrinen in den Raum hinein und verleihen diesem eine diffuse Stimmung. Von Beginn an können die BesucherInnen nicht selbst entscheiden, in welcher Reihenfolge sie die Galerie erkunden möchten. Es herrscht ein vorgegebenes Leitsystem, das sich nach der historischen Chronologie der ausgestellten Objekte richtet. Nach und nach wird so die europäische Modegeschichte ab der Mitte des 19. Jahrhunderts aufgezeigt, wobei Damenmode für die mittlere bis höhere Gesellschaftsschicht den größten Teil der Galerie ausmacht. Von Charles Frederick Worth, dem Begründer der Haute Couture, über Paul Poiret bis zu Gabrielle „Coco“ Chanel, die die Mode für die Frau neu definierte, sind verschiedenste DesignerInnen und ModeschöpferInnen vertreten, so auch Yves Saint Laurent, Dior und Balenciaga.
Auf beleuchteten Glastafeln an den Wänden wird ein kurzer Überblick zur entsprechenden Mode-Epoche gegeben sowie auf bahnbrechende Entwicklungen oder neuartige Ideen hingewiesen. Oftmals versteckt und eher ungünstig platziert finden sich zudem mehrere Modefotografien, welche sich auf die jeweiligen zeitlichen Abschnitte beziehen. Diesen wird jedoch nicht genügend Raum und Aufmerksamkeit geschenkt, um sich innerhalb der Ausstellung einzugliedern und behaupten zu können. Das Hauptaugenmerk liegt auf anderen Objekten: imposante Reifröcke, Unterkleider, Korsetts und Korsagen sowie lange, elegante Abendkleider der 1930/40er Jahre und kurze Glitzer-Kleider der 1970er Jahre. Die Mode wird auf eigens für die Ausstellung angefertigten Figurinen exponiert. Die Figurinen wurden dabei speziell an die verschiedenen Kostüme angepasst und sind aufgrund dessen unterschiedlich geformt. Schmuckstücke und Schuhe werden in kleineren Glasschaufenstern gezeigt, die sich in schmalen Zwischengängen platzieren und somit eher beim Vorbeigehen betrachtet werden. Die schaufensterartige Präsentation der Mode scheint zunächst angemessen, jedoch ist die Art und Weise der Darstellung nicht immer plausibel: Hüte werden unauffällig in Bodennähe ausgestellt oder Kleider mit besonderen stofflichen Details nicht ausreichend beleuchtet. Insgesamt ist die Ausleuchtung der Objekte häufig zu schwach, um Farben, Drapierungen oder Faltenwürfe zu erkennen und ihnen somit Bedeutung zu verleihen.
Die schlichte, einheitliche Gestaltung des Ausstellungsraums spricht theoretisch für eine gelungene Präsentation der Ausstellungsobjekte, da diese dadurch im Vordergrund stehen. Allerdings wirken die Kostüme genau so, wie sie im Museum nicht wirken sollten: blass und statisch. Kleider werden für gewöhnlich nicht angefertigt, um nur im Schaufenster zu stehen, sondern um getragen und somit auch bewegt zu werden. Zwangsläufig ist es nicht immer möglich durch technische Hilfsmittel verschiedene Ansichten zu ermöglichen und den Kostümen so eine gewisse Lebhaftigkeit zu verleihen. Dennoch reicht die rein visuelle Darstellung in diesem Fall nicht aus, um der Mode ihren Charme und Glamour zu erhalten. Es fehlen beispielsweise akustische oder weitere visuelle Elemente, wie großformatige Fotografien, die die Ausstellung ergänzen und den historischen Kontext sowie die Bedeutung der Mode herausstellen. Die Ausstellung der Sammlung ist mit ihren über hundert Objekten durchaus präzise konzipiert und aufwendig gestaltet. Allerdings werden die Möglichkeiten der Galerie und der eigene Spielraum der Sammlungsausstellung nicht ausreichend genutzt. Auf diese Weise wird die Mode eher in den Schatten gestellt, als dass ihr das nötige Strahlen verliehen wird.
Literatur
Blöcher, Heidi: „Zur Herstellung der Figurinen“, in: Waidenschlager, Christine (Hrsg.): Mode, Kunst, Werke. 1715 bis heute, Ausst.-Kat., Wiedereröffnung des Kunstgewerbemuseums Berlin am Kulturforum, Petersberg/Fulda 2014.
Ein Haus für Kunst, Mode und Design
Dauerausstellung
Kunstgewerbemuseum
Matthäikirchplatz
10785 Berlin