Berlin-Ergebnisse

Was haben wir 2019 untersucht?

In den nächsten Abschnitten können Sie einige Antworten zu diesen Fragen nachlesen. Außerdem werden wir erklären, warum die aktuelle Befragung zur Corona-Krise wichtig ist und die bisherigen Ergebnisse erweitert.

Wer hat 2019 an der ersten Umfrage teilgenommen und wo fand sie statt?

In dem Forschungsprojekt „Die Welt in meiner Straße" haben wir im Frühjahr 2019 eine Haushaltsbefragung durchgeführt. Wir haben mit 568 Teilnehmenden in vier Berliner Nachbarschaften gesprochen. An allen Teilnehmenden dieser ersten Befragung nochmals herzlichen Dank!

mehr dazu lesen ...
Unsere vier Nachbarschaften unterscheiden sich in der Stadtlage und einigen weiteren Merkmalen: wie Menschen durchschnittlich wohnen (bspw. in Mehrfamilien- oder Einfamilienhäusern), wie lange sie bereits in den Nachbarschaften leben, ob sie oder ihre Eltern eher außerhalb Deutschlands geboren oder aufgewachsen sind, oder wie viel Geld sie im Durchschnitt verdienen. Mithilfe dieser unterschiedlichen Nachbarschaften wollen wir sehen, ob es für die soziale Unterstützung im Alltag eine Rolle spielt, wo man wohnt.
Die vier Berliner Nachbarschaften haben wir umbenannt in Apolda Springs (Nachbarschaft im Osten und Randgebiet der Stadt), Borkum Rock (Nachbarschaft im Westen und innerstädtischen Bereich der Stadt), Coswig Gardens (Nachbarschaft im Osten und innerstädtischen Bereich der Stadt) und Dorsten Heights (Nachbarschaft im Westen und Randgebiet der Stadt). Diese ausgedachten Namen wurden gewählt, um die Anonymität der Nachbarschaften zu wahren. Wir wollen damit vermeiden, dass die Meinungen zu bestimmten Nachbarschaften zu sehr im Vordergrund stehen. Vielmehr wollen wir wissen, für wen welche Möglichkeiten (zum Meistern von Herausforderungen) in der jeweiligen Nachbarschaft im Alltag wichtig sind und für wen sich daraus Vor- oder Nachteile ergeben.

Ergebnisse der Befragung 2019 im Projekt "Die Welt in meiner Straße"

Wie haben Menschen über Herausforderungen gesprochen?

Obwohl viele Menschen heute ein Smartphone besitzen, finden in unserer Befragung knapp 80% aller wichtigen Gespräche für die Unterstützung bei Herausforderungen von Angesicht zu Angesicht statt.

mehr dazu lesen ...
Dieses Ergebnis zeigt sich relativ durchgehend in allen Altersgruppen. Auch die unter 30-Jährigen tauschen sich für die Unterstützung mit anderen Menschen direkt aus. Hinzu kommt, dass unsere Befragten den digitalen Austausch (Videochat und schriftlichen Chat) für die Unterstützung als weniger hilfreich wahrnehmen. Befragte, die einen persönlichen Austausch hatten, bewerten ihre Gespräche zu 51% mit „sehr", zu 40% mit „eher" und 7% als „eher nicht" hilfreich. Betrachtet man jedoch Personen, die digital kommuniziert haben verschiebt sich das Bild: hier bezeichnen nur 37% ihre Gespräche als „sehr", 49% als „eher" und 10% als „eher nicht" hilfreich.

Wo haben Menschen über Herausforderungen gesprochen?

Ein weiteres Ergebnis betrifft die Frage, wo Menschen soziale Unterstützung angesichts von Herausforderungen bekamen. Man könnte annehmen, dass Herausforderungen vor allem im eigenen Haushalt bewältigt werden. Dem ist aber nicht so. Nur 35% unserer Befragten waren ausschließlich zu Hause, wenn sie sich mit anderen Menschen zu ihren Problemen ausgetauscht haben. Im weitesten Sinne waren unsere Befragten in der gesamten Stadt oder sogar in der Welt unterwegs als sie Unterstützung bei Herausforderungen bekamen.

mehr dazu lesen ...
Die meisten Menschen nutzen Orte wie Restaurants, Kneipen, Cafés, Bars, oder die Wohnungen von Freunden, Familie oder Kolleg*innen. Die Befragten finden also vor allem außerhalb ihres Zuhauses Unterstützung. Wichtig zu betonen ist dabei, dass Menschen soziale Unterstützung häufig nicht absichtlich suchen, sondern Unterstützung häufig zufällig entsteht. Oft entsteht ein unterstützendes Gespräch, während wir etwas anderes machen: zum Beispiel, wenn Kolleg*innen auf der Arbeit während einer Kaffeepause ins Gespräch kommen.
Wie wichtig war die Nachbarschaft für den Austausch von Wie wichtig war die Nachbarschaft für den Austausch von Unterstützung? Nur 25% der Befragten fanden soziale Unterstützung innerhalb der Nachbarschaft. 85% derer, die ihr Zuhause verließen und Unterstützung bekamen, blieben innerhalb Berlins, 75% verließen dafür die eigene Nachbarschaft.

Mit wem haben Menschen über Herausforderungen gesprochen?

Die Mehrzahl unserer Befragten sprach am häufigsten mit guten Freund*innen über die eigenen Herausforderungen (40%). Es folgen Mitglieder der engen Familie (26%) und Partner*in (15%). Professionelle Kontakte (wie Ärzt*innen, Sozialarbeiter*innen oder Lehrer*innen) (8%), Arbeitskolleg*innen (5%), flüchtige Bekannte (4%) und die erweiterte Familie (2%) sind weniger häufig diejenigen, mit denen Herausforderungen besprochen wurden.

mehr dazu lesen ...
Blicken wir auf die einzelnen Nachbarschaften zeigt sich eine etwas andere Verteilung: In Apolda Springs (östlich, Randlage) sind die genannten Kontakte vor allem Mitglieder der engen Familie (33%), es folgen gute Freund*innen (25%) und Partner*in (15%). Dagegen spielen in Borkum Rock (westlich, Innenstadt) gute Freund*innen eine viel größere Rolle (51%) als die enge Familie (20%) und Partner*in (15%). In Coswig Gardens (östlich, Innenstadt) wurden gute Freund*innen (40%) ebenfalls häufiger genannt als die enge Familie 26% und Partner*in 15%. In Dorsten Heights (westlich, Randlage) spielen gute Freund*innen (34%) eine ähnlich wichtige Rolle wie enge Familienmitglieder (31%) für den Austausch von Unterstützung.

Warum die Befragung zu Zeiten der Corona-Krise?

Mit den Ergebnissen aus dem Projekt "Die Welt in meiner Straße" konnten wir zeigen, dass es Menschen vor Corona wichtig war, sich über Herausforderungen von Angesicht zu Angesicht zu besprechen. Unsere Befragten fanden diesen Austausch hilfreicher. Die Befragten haben Unterstützung häufig von guten Freund*innen, aber auch Familienmitgliedern, professionellen Kontakten oder Arbeitskolleg*innen bekommen. Sie haben diese Unterstützung am häufigsten außerhalb ihres Zuhauses ausgetauscht, zum Beispiel in Restaurants, Cafés oder auf der Arbeit.

 Wie sind die Berliner damit umgegangen, dass sich die Stadt und der Alltag durch den Lockdown und die Kontaktbeschränkungen plötzlich veränderten?

Mit den Ergebnissen aus den Befragungen im Frühjahr 2019 und Spätsommer und Herbst 2020 können wir zeigen, für welche Menschen es Veränderungen im Alltag in Berlin gegeben hat. Lesen Sie dazu mehr in den nachfolgenden Abschnitten. Darin zeigen wir beispielsweise, wie die Berliner damit umgegangen sind, dass Vereine, Lokale, Schulen oder Hilfseinrichtungen geschlossen waren und viele Treffen mit anderen Menschen nicht mehr von Angesicht zu Angesicht möglich waren.

Ergebnisse der Corona-Befragung 2020

Nur weil wir es tun müssen, heißt das nicht, dass es richtig ist : warum #stayathome nicht zu einem moralischen Imperativ und soziale Isolation nicht zu einer Gewöhnung werden sollte

6. Mai 2020

Talja Blokland, Daniela Krüger und Robert Vief untersuchen die derzeit unter Corona entstehenden Einschränkungen der Möglichkeiten soziale Unterstützung zu erhalten. Sie argumentieren, dass die politischen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus die Art und Weise regulieren, wie wir miteinander in Kontakt treten und mit anderen Menschen kommunizieren. Auf der Grundlage repräsentativer Umfrageergebnisse aus vier verschiedenen Berliner Stadtvierteln zeigen sie, dass noch vor einem Jahr (1) die Mehrheit der Befragten drängenden Problemen mittels face-to-face Kommunikation begegnete – und zwar mehrheitlich außerhalb ihrer Wohnung; sowie, dass (2) die Reduzierung der Kommunikation auf den digitalen Austausch mit hohen Kosten verbunden ist und die Begegnung in persona nicht ersetzen kann.

Zum Volltext (Engl. Version)


More than jobs and making money

21. Dezember 2020

The Corona-lockdown has severely affected retail, as economic analysts show. Whether true or not, the Berlin department stores of Karstadt seemed to use the lockdown to explain its crisis when its planned closures made the news in October 2020. The debate after Karstadt's announcement of closures on the need to save the department stores from disappearing was narrowly economic. The debate on its apparent causes – lockdown and home-shopping – appears scant, as if digitalization is something we just live with. So, when we can buy all that we need online – and much more as the Algorithm will propose whatever else we 'need' – why bother saving a department store? How may such stores and surrounding shopping streets matter for our social life? Does it matter all that much when, along with home-office, we'll be doing more home shopping?

Zum Volltext


Leaving the house to talk in private. How COVID19 restrictions affected how and where we find someone to talk to.

21. Dezember 2020

Talja Blokland, Robert Vief and Daniela Krüger vergleichen Daten aus einer Befragung von BewohnerInnen in vier Berliner Vierteln vor und nach dem ersten Lockdown. Die Ergebnisse zeigen, wie sich die Beschränkungen auf das Verhalten der Menschen ausgewirkt haben: die Mehrheit der Befragten kommunizierte ihre drängendsten persönlichen Herausforderungen vor dem Lockdown face-to-face außerhalb ihrer Wohnung. Unter den COVID19 Beschränkungen wurde der digitale Austausch wichtiger – eigenartigerweise ließen diese uns jedoch nicht zuhause bleiben.

Zum Volltext