Vom „Procognitive System“ über „Information Transfer Experiments“ zur „Paperless Society“. Zur Frühgeschichte der digitalen Bibliothek 1965-1980

Von Wilfried Enderle

I. Die digitale Bibliothek – im Schnittpunkt von Verwissenschaftlichung und Digitalisierung

Die zeithistorische Forschung hat in den letzten Jahren intensiver damit begonnen, Verwissenschaftlichung und Digitalisierung als zentrale, die Gegenwart strukturell prägende Prozesse zu thematisieren.1 Beide sind eng miteinander verwobenen und greifen tief in den Alltag moderner Gesellschaften ein. Dass Medien heute digital produziert werden, ist dabei nur ein, wenn auch nicht unwesentlicher Aspekt dieses Prozesses; und dass Bibliotheken sich digital transformieren, scheint eine nur logische Folge davon zu sein.2 Die Geschichte dieser digitalen Transformation ist mithin ein Teilthema des übergreifenden historischen Vorgangs der Digitalisierung – und auf den ersten Blick eines, das vor allem für Spezialisten der „Bibliothekszeitgeschichte“ relevant zu sein scheint. Bei genauerem Hinsehen wird indes erkennbar, dass die digitale Bibliothek im Schnittpunkt beider Prozesse, der Verwissenschaftlichung wie der Digitalisierung steht. Denn ein zentrales Motiv bei der Entstehung der Idee einer digitalen Bibliothek war, damit den Prozess wissenschaftlicher Forschung beschleunigen zu können. Die Digitalisierung der Bibliotheken sollte gleichsam als Schmiermittel der Forschung und des durch sie ermöglichten Fortschritts dienen.

Eine Geschichte der digitalen Bibliothek ist noch zu schreiben.3 Geht man von der Konjunktur der Begriffe „electronic library“ oder „digital library“ aus, so ist die digitale Bibliothek ein Ereignis, das erst in den Jahren um 1990 so richtig Fahrt aufnahm.4 Nimmt man als Kriterium die harte Währung der Ökonomie, so ist die digitale Bibliothek – zumindest in Deutschland – erst 2013 zum herrschenden Paradigma geworden: Seit diesem Jahr gaben die Universitätsbibliotheken – mit steigender Tendenz – mehr als die Hälfte ihres Literaturbudgets für digitale Medien aus.5 Doch die Geschichte der digitalen Bibliothek begann bereits in den 1960er-Jahren – wenn man ältere utopische Konzepte als ideengeschichtliche Vorläufer einmal beiseite lässt.6 Geht man von einem weiten Begriff der digitalen Bibliothek aus, der auch die Konversion von Katalogdaten und Fachbibliographien in maschinenlesbare Form umfasst, so wurde bereits in dieser frühen Phase die Entwicklung durch zahlreiche Projekte vorangetrieben. Bei der binnen weniger Jahre entstandenen komplexen Projektlandschaft lassen sich grob drei Entwicklungslinien unterscheiden:

1. Projekte zur Automatisierung von Bibliotheken, wie es im zeitgenössischen Fachjargon hieß. 1958 begann die Library of Congress mit ersten Überlegungen zum Einsatz von Computern und in den Folgejahren mit ersten konkreten Drittmittelprojekten.7 1963 organisierte sie zusammen mit der National Science Foundation und dem Council on Library Resources vom 26. bis 30. Mai 1963 eine Konferenz zum Thema Libraries and Automation.8 In Deutschland wurde 1963 an der Bibliothek der neugegründeten Universität Bochum mit den ersten Versuchen für eine computerbasierte Katalogisierung begonnen.9 Das sind nur zwei der bekannteren Beispiele, die, zusammen mit Projekten anderer Bibliotheken, die zur selben Zeit angefangen hatten, sich mit den Einsatzmöglichkeiten des Computers zu beschäftigen, eine Tradition konkreter Projekte begründeten, bei denen es darum ging, die klassischen Geschäftsgänge in Bibliotheken mit Hilfe von Computern zu automatisieren.10

2. Projekte, die zur Entwicklung von Online-Datenbanksystemen für Fachbibliographien oder Volltextdatenbanken führten und aus denen Anfang der 1970er-Jahre in den USA ein erstes, kommerzielles Angebot entstand.11 In Deutschland entstanden vergleichbare Angebote in sogenannten Fachinformationszentren, die mit öffentlichen Mitteln aufgebaut worden waren.12

3. Projekte zur Erstellung von Zukunftskonzepten für Bibliotheken. Derartige Projekte waren eine Domäne der amerikanischen Wissenschaftspolitik.13 Den Auftakt bildete 1961 ein zweijähriges Projekt in den USA, das unter der Leitung von Joseph C.R. Licklider (1915-1990) eine Studie vorlegte, in der er ein Forschungsprogramm für ein zukünftiges, um das Jahr 2000 realisierbares, vollständig digital basiertes Informations- und Wissenssystem entwarf.14

Die bibliothekshistorische Forschung hat sich bislang stärker auf die beiden ersten Entwicklungslinien fokussiert und im Wesentlichen eine Fortschrittsgeschichte aufeinanderfolgender Projekte und technischer Systeme geschrieben.15 Im Folgenden soll nur auf die dritte Entwicklungsline eingegangen werden und zwar am Beispiel dreier, für die Frühgeschichte der Idee der digitalen Bibliothek zentraler Quellen, da, so die Prämisse dieses Beitrags, sich die Konzepte und Motive, die mit der Idee der digitalen Bibliothek verbunden waren, daran präziser und prägnanter erkennen lassen als an den zahlreichen Projekten, bei denen es um die technische Realisierung einzelner Funktionen zur Automatisierung von Bibliotheken und Bibliographien ging. Zugleich wird deutlich, welche Prägekraft die frühen Szenarien für die digitale Bibliothek der Gegenwart haben.

Zunächst sollen die drei Quellen vorgestellt werden, die neben ihrem umfassenden konzeptionellen Anspruch eines verbindet: Sie alle haben, sei es am Ende als Ergebnis, oder zu Beginn als Startpunkt, einen großen Report erstellt. Den Auftakt bildet der mittlerweile als fast schon kanonischer Text in die Bibliothekszeitgeschichte eingegangene Report von J.C.R. Licklider und seines Projektteams, der 1963 vorgelegt und 1965 als Buch unter dem Titel The Libraries of the Future publizierte wurde.16 Lickliders Report war konzeptionell prägend, wie vor allem auch an dem 1965 erschienenen Intrex: Report of a Planning Conference on Information Transfer Experiments deutlich wurde, der am Beginn des ersten Großprojektes zur Entwicklung einer experimentellen digitalen Bibliothek stand.17 Selbst in der 1980 erschienenen Studie The Impact of a Paperless Society on the Research Library of the Future, die von einem Team unter der Leitung Frederick W. Lancasters (1933-2013) erstellt wurde, sind die Spuren der Ideen Lickliders noch erkennbar.18[18] Zugleich bildet Lancaster schon das Ende von Zukunftskonzepten, die als Zielpunkt das Jahr 2000 hatten, da sich ab 1991 mit dem World Wide Web binnen weniger Jahre eine neue Technologie etablierte, die in kongenialer Weise als Basis aller wesentlichen Funktionen und Aspekte einer digitalen Bibliothek zu dienen vermochte. Spätestens jetzt war die Frühgeschichte der digitalen Bibliothek zu Ende und es begann die eigentliche Realisierungsphase.

Vor allem Licklider und Lancaster sind häufig zitierte, vielleicht aber nicht immer genau gelesene Titel, weshalb zunächst einige zentrale Ideen der drei Reports und die Kontexte ihrer Entstehung vorgestellt werden (II.-IV.). Abschließend wird nach dem Beitrag dieser Reports für die Formierung der Idee der digitalen Bibliothek gefragt (V.).

II. Das „Procognitive System“ von J.C.R. Licklider

1956 wurde in den USA der Council on Library Resources (CLR) gegründet, finanziert mit 5 Mio. Dollar der Ford Foundation. Louis B. Wright, Direktor der Folger Shakespeare Library in Washington und maßgeblicher Initiator der Gründung, war der Meinung, dass die Forschungs- und Universitätsbibliotheken nicht die nötigen Kapazitäten hätten, um Konzepte zur Lösung der aktuellen Probleme großer Bibliotheken alleine erarbeiten zu können. Der CLR sollte daher einschlägige Projekte zur Entwicklung neuer Techniken und Methoden zur Lösung bibliothekarischer Probleme fördern. Zum Direktor des CLR wurde Verner W. Clapp (1901-1972) ernannt, bis dahin stellvertretender Direktor an der Library of Congress, ein Bibliothekar, der ein dezidiert technokratisches Verständnis von den Aufgaben des Bibliothekars hatte.19 Schon 1951 stellte er fest: „Librarians are now engineers, and no librarian worth his salt considers books as literature, but merely as the stuff (he calls them ‘materials’ or ’collections’) which is to be subjected to engineering processes. His talk is not of authors, but of administration; he never mentions books but, instead, bibliographical control or organization.“20

Der CLR prägte mit seiner Projektpolitik und Förderung maßgeblich den Einsatz von Computern an Bibliotheken in den USA. So finanzierte er zum Beispiel die ersten einschlägigen Projekte an der Library of Congress und der National Library of Medicine. Anfang des Jahres 1961 suchte Verner Clapp nach einer Einrichtung, die jenseits konkreter technischer Einzelprojekte eine Studie erarbeiten sollte, wie die Bibliothek der Zukunft – als zeitliche Zielmarge war das Jahr 2000 genannt – aussehen könnte. Clapp war an Impulsen von außen interessiert und suchte dezidiert Projektaspiranten außerhalb des Bibliothekswesens. Über Verbindungen zur National Science Foundation, den Bell Laboratories und dem im Umfeld des MIT agierenden Beratungsunternehmens Bolt, Beranek & Newman (BBN) kam ein Kontakt zu J.C.R. Licklider zustande, der seit 1957 als Vice-President für BBN arbeitete. Er bewarb sich beim CLR um das von Clapp ausgeworbene Projekt und erhielt auch den Zuschlag für eine Fördersumme von 250.000 Dollar. Unter seiner Leitung begann im November 1961 eine Arbeitsgruppe mit der Arbeit und zwei Jahre später lag der Abschlußreport dem CLR vor.21 Licklider selbst war zu dieser Zeit bereits in die Forschungsabteilung des Pentagon (ARPA) gewechselt, wo er den Grundstein für seinen Nachruhm als einer der Väter des Internet legte. Verner Clapp war es gelungen, Licklider zu überreden, trotz des Wechsels den überarbeiteten Report als Buch bei MIT Press zu veröffentlichen, wo er 1965 unter dem Titel Libraries of the Future erschien.22

Der Titel ist im Grunde irreführend und dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass der CLR, der ja nun einmal eine Förderinstitution für Bibliotheken war, die Studie finanziert hatte. Denn Licklider nutzte den langen Zeitraum, den das Jahr 2000 als Zielperspektive bot, als Spielraum, um von vorneherein klassische bibliothekarische Themen und Fragen beiseite legen zu können und sich mit dem Thema zu beschäftigen, das ihn eigentlich interessierte: „It freed us to concentrate upon what man would like the nature of his interaction with knowledge to be. That is possibly an important freedom, for extrapolation of the main courses of present-day library science and information technology does not lead to concepts or systems that seem either very desirable or very effective.“23

Den so postulierten, konzeptionellen Freiraum nutzte Licklider, um sich als Erstes radikal vom herkömmlichen Begriff der Bibliothek zu verabschieden. „The ‘libraries’ of the phrase, ‘libraries of the future’, may not be very much like present-day libraries, and the term ‘library’, rooted in ‘book’, is not truly appropriate to the kind of system on which the study focused. We delimited the scope of the study, almost at the outset, to functions, classes of information, and domains of knowledge in which the item of basic interest are not the print or paper, and not the words and sentences themselves – but the facts, concepts, principles, and ideas that lie behind the visible and tangible aspects of documents.“24

Bis auf das Titelblatt taucht der Begriff Bibliothek in diesem Text auch so gut wie nicht mehr auf, Licklider vermied ihn wie der Teufel das Weihwasser. Denn eine Bibliothek war eine Sammlung von Büchern. Und ein Ausgangspunkt der Überlegungen Lickliders war eine grundlegende Kritik am Medium Buch. „Surely, however, the difficulty of separating the information in books from the pages, and the absence, in books, of active processors, are the roots of the most serious shortcomings of our present system for interacting with the body of recorded knowledge. We need to substitute for the book a device that will make it easy to transmit information without transporting material, and that will not only present information to people but also process it for them, following procedures they specify, apply, monitor, and, if necessary, revise and reapply. To provide those services, a meld of library and computer is evidently required.“25

Licklider ging es, wie schnell deutlich wird, weder um Bücher noch um Bibliotheken. Er entwickelte eine neue Perspektive, ihm ging es um Wissen, nicht um den theoretischen Begriff des Wissens, sondern um die praktische Organisation, Optimierung und Beschleunigung von Wissensprozessen mit Hilfe des Computers. Computer sollen nach Vorgaben der sie steuernden Menschen Informationen und Wissen prozessieren. Das ist das künftige Szenario, das Licklider zu entwerfen suchte, und für das er etwas brauchte, was in seinem Jargon nicht mehr Bibliothek hieß, sondern „procognitive system“. „Broadly speaking, the aims of procognitive systems are to promote and facilitate the acquisition, organization, and use of knowledge.“26

Allenfalls das Gesamtsystem, die Procognitive Systems im Plural, versah Licklider noch mit dem Etikett des „neolibrary system“.27 Was sich Licklider im Kern vorstellte, war eine maschinenlesbare Wissensbasis, bei der Texte auf Absatz-, Satz- und Wortebene durch Deskriptoren erschlossen sind, und der Nutzer Fragen und Aufträge an dieses System richten kann, das ihm dann eine Liste relevanter Informationen und Textstellen aufbereitet. Licklider, der sich intensiv mit Themen des Online-Computing, der Interaktion von Menschen mit Computern, beschäftigt hatte28, entwarf ein grobes Szenario, wie Wissenschaftler über Tastaturen, Bildschirme oder Mikrophone mit einem zukünftigen Procognitive System arbeiten würden. „It is the schema in which a man sits at a desk, writes or draws on a surface with a stylus, and thereby communicates to a programmed information processor with a large memory. It is the mental image of the immediate response, visible on the oscilloscope, through which the computer acknowledges the command and reports the consequences of carrying it out – in which the computer acknowledges the question and presents an answer. Without such schemata in mind, one cannot think effectively about future systems for interaction with the body of knowledge.“29

Licklider extrapolierte auf der Basis der Computertechnologie seiner Zeit diejenigen Entwicklungen bei Hard- wie Software, die nötig wären, um ein Procognitive System realisieren zu können. Er entwarf in gewisser Weise, und das machte den Hauptteil seiner Studie aus, ein Forschungsprogramm für seine Idee eines solchen Systems. Speicherung von Wissen in digitaler Form, aber auch Fragen der Datenmigration gehören als Themen dazu, ebenso Information Retrieval und die Schnittstelle zum Menschen. Licklider, der am MIT in den 1950er-Jahren auch die Entwicklungen zum Thema Artifical Intelligence verfolgt hatte, deutete auch diese Optionen an, sah das aber freilich als eine noch in der Ferne liegende Zukunftsoption.30

Was Licklider klar sah, war die ökonomische Dimension eines Procognitive System – nicht zuletzt hatte zur selben Zeit der amerikanische Ökonom Fritz Machlup (1902-1983) sich mit der Frage der ökonomischen Bedeutung von Information auseinandergesetzt.31 Und so konstatierte auch Licklider: „Economic criteria tend to be dominant in our society. The economic value of information and knowledge is increasing. By the year 2000, information and knowledge may be as important as mobility. […] Thus our economic assumption is that interaction with information and knowledge will constitute 10 or 20 per cent of the total effort of the society, and the rational economic (or socioeconomic) criterion is that the society be more productive or more effective with procognitive systems than without. […] These more mundane activities will require extensive facilities, and parts of the neo-library procognitive system may ride on their coattails.“32

Der Report Lickliders war in seiner konzeptionellen und technologischen Radikalität ein Paukenschlag – Uwe Jochum wird Jahrzehnte später den „… Beginn der Selbstabschaffung der Bibliotheken […] auf das Jahr 1965 datieren“.33 Licklider eröffnete tatsächlich eine neue Perspektive, an der niemand mehr vorbeikam, der sich danach mit der Frage der Zukunft von Bibliotheken auseinandersetzte.

Seine Ideen kamen freilich auch nicht aus dem Nichts, es gab durchaus Kontexte und Vorläufer, die er in seinem Buch, das keine Belege in Form von Fußnoten und nur ein knappes Literaturverzeichnis enthält, aber nicht auswies. Kritik am Medium Buch war keine Erfindung Lickliders, sondern bereits in den Formierungsjahrzehnten des modernen Wissenschaftsbetriebs immer wieder einmal geäußert worden. Man kann an die Ideen des Chemikers und Nobelpreisträger Wilhelm Ostwalds (1853-1932) im Kontext der Brücke denken, an Paul Otlet (1868-1944) und seine Begründung der Dokumentation oder den Versuch des britischen Physikers John Desmond Bernals (1901-1971), wissenschaftliches Publizieren zu rationalisieren.34 Nicht zuletzt hatte Vannevar Bush (1890-1974) Ideen zu einem neuen Informationssystem in seinem Aufsatz As we may think von 194535[35] entworfen, den Licklider, wie er im Vorwort seines Buches behauptet, erst nach der Erstellung des Reports gelesen hätte.36

Über neue Techniken zur Organisation von Informationen, von Fachbibliographien und Bibliothekskatalogen, wurde von Bibliothekaren und Dokumentaren seit dem Zweiten Weltkrieg intensiv diskutiert; nicht zuletzt formierte sich im Kontext dieser Diskussionen die neue Disziplin der Information Science.37 Und Jesse H. Shera (1903-1982), Bibliothekar und Professor an der Library School der Western Reserve University38, der an diesen Diskussionen in den 1950er- und 1960er-Jahren intensiv beteiligt war, forderte schon 1956:

„I have long argued that librarianship cannot be fully comprehended until it is studied in relation to the total communication process by which society achieves and disseminates knowledge; that we cannot accurately assess the value of the services which the librarian has to offer, regardless of the clientele he serves, until we understand the role of the library in the transmission of knowledge from individual to individual and group to group. … Upon such a theoretical foundation, a technological super-structure may be erected with confidence that the needs of society for adequate library service will be met. Only then will it become possible to create truly effective mechanisms – catalogs, indexes, abstract services – to establish a bibliographic connection between the user and the store of recorded knowledge. Only then it will become possible to construct machines or systems with the proper discriminating capabilities which will realize the greatest potential in the correlation of recorded information.“39

Die Idee einer digitalen Bibliothek stand also im Raum. Was Licklider neu einbrachte, war, knapp formuliert, der Kontext des Massachusetts Institute of Technology (MIT) der 1950er-Jahre, wo er als Professor tätig gewesen war, die von ihm rezipierte Kybernetik Norbert Wieners und vor allem seine Kenntnis der konkreten Computerprojekte, die am MIT in der Hochphase des Kalten Kriegs durchgeführt wurden, insbesondere des Projekts SAGE. Er hatte sich mit Fragen des Online-Computing beschäftigt, der Interaktion von Menschen mit Computern und der Nutzung von Computern zur Potenzierung menschlicher Fähigkeiten.40 Dass Information und Wissen von der amerikanischen Wissenschaftspolitik in dieser Zeit als Schlüsselfaktor angesehen wurde, hing natürlich eng mit der militärischen wie ökonomischen Konkurrenzsituation zusammen, in der sich Militär, Wissenschaft und Wirtschaft der USA in der Hochphase des Kalten Krieges sahen.41 In diesem Kontext ist das Konzept Lickliders zu verorten. Er verband das Thema Information und Wissen mit seiner Perspektive auf den Computer als einem Werkzeug zur kognitiven Unterstützung des Wissenschaftlers. Er ging dabei von einem funktionalen, einem instrumentellen Begriff von Wissen und Wissenschaft aus, im Kern von einer projektförmigen Wissenschaftskultur, bei der die Politik die Ziele für die Gesellschaft definierte und die Wissenschaft bei deren Erreichung mitwirken sollte. Dafür war ein effizientes System des Gebrauchs von Wissen nötig, das, einmal implementiert, zudem zur stetigen Selbstoptimierung beitrüge.

„Whether very great and pertinent advances will be made, however, depends strongly on how societies and nations set their goals. Moreover, the ‘system’ of man’s development and use of knowledge is regenerative. If a strong effort is made to improve that system, then the early results will facilitate subsequent phases of the effort, and so on, progressively, in an exponential crescendo.“42

Das war die Vision des Procognitive Systems, das Licklider entwarf, es war ein technisches Werkzeug, das nicht weniger sein sollte als eine Unterstützung des menschlichen Intellektes.

Verner Clapp, der Auftraggeber am CLR, war der einzige Bibliothekar, der in Lickliders Arbeit involviert gewesen war. In seinem Vorwort zur Buchausgabe hat man den Eindruck, dass er, nicht zuletzt zur eigenen Legitimation, versuchte, Lickliders kühnen Entwurf bibliothekarisch etwas einzufangen, indem er den Bezug zur modernen Bibliothek und einem ihrer klassischen Kernprobleme herstellte: „It has for some time been increasingly apparent that research libraries are becoming choked from the proliferation of publication, and that the resulting problems are not of a kind that respond to merely more of the same – ever and ever larger bookstacks and ever and ever more complicated catalogues.“43

Dass das Procognitive System durch Überführung von Texten als der Basis von Information und Wissen in Bits und Bytes auch dafür eine „Lösung“ anzubieten schien, war indes eher ein Nebeneffekt. Denn mit den klassischen Problemen der Bibliothek hatte sich Licklider gerade nicht auseinandergesetzt; er entwarf gleich ein eigenes, völlig neues Modell für den Umgang und die Verarbeitung von „Wissen“, das existierende bibliothekarische Institutionen, Methoden wie Traditionen völlig außer Acht ließ.

III. Intrex: Report of a Planning Conference on Information Transfer Experiments

Es ist bezeichnend für die nicht zuletzt durch den Sputnik-Schock stimulierte Aufbruch- und Projekteuphorie in den USA der 1960er-Jahre, für die Leichtigkeit, mit der für noch relativ vage Ideen große Summen an Projektmitteln akquiriert werden konnten, dass 1965, nur zwei Jahre nachdem Licklider seinen Report beim CLR abgeliefert hatte und im selben Jahr, in dem dieser als Buch veröffentlicht wurde, am MIT ein Projekt in Angriff genommen wurde, das im Kern eine erste Realisierung von Ideen versuchte, wie sie Licklider noch vage für die Zielperspektive des Jahres 2000 umrissen hatte. Licklider, der 1964 von der ARPA zu IBM gewechselt war und erst 1967 wieder als Professor für Electrical Engineering an das MIT zurückkehrte, war zwar als Person nur am Rande in das Projekt involviert, der Einfluss seiner Ideen aber war zentral.44 Immerhin gehörte er zu den Teilnehmern einer von Carl F.J. Overhage (1910-1995), Direktor am MIT Lincoln Laboratory, im Sommer 1965 organisierten, vierwöchigen Planungskonferenz (mit 30 Langzeitteilnehmern), deren Ergebnisse, publiziert in einem Report, gleichsam als konzeptioneller Ausgangspunkt und Pflichtenheft für ein Projekt zu Information Transfer Experiments (Intrex), konkret zur Realisierung einer experimentellen Model Library am MIT dienen sollte.

Die Liste der Teilnehmer wirft ein erstes Schlaglicht auf den Charakter des Projektes Intrex.45 Da es um die Kombination eines zukunftsorientierten, computerbasierten Konzeptes mit einer konkreten bibliothekarischen Lösung ging, waren – anders als bei Licklider – jetzt auch einige Bibliothekare beteiligt, so von der Library of Congress, der National Library of Medicine, der National Agricultural Library, der Bibliotheken von Harvard, Cornell und der University of Chicago sowie der dortigen John Crear Library, einer naturwissenschaftlichen Fachbibliothek. Dazu kamen mit Verner Clapp und Jesse Shera zwei der amerikanischen Bibliothekare, die prominent für eine technisch begründete Modernisierung der Bibliotheken agierten; ferner Vertreter von Wissenschaftsverlagen, der National Science Foundation und der NASA sowie von Unternehmen wie Bolt, Beranek & Newman, Xerox, IBM, Bell Telephone Laboratories, der General Electric Company und von Eastman Kodak. Dass der Senior der amerikanischen Wissenschaftspolitik, Vannevar Bush, auf der Teilnehmerliste stand und einen enthusiastischen Diskussionsbeitrag am Ende beisteuerte, indiziert den Anspruch und die hohen Erwartungen dieses Projektes.

Welches Szenario entwarfen nun die Teilnehmer dieser Planungskonferenz, diese Vertreter eines sich formierenden wissenschaftlich-kommerziell-bibliothekarischen Komplexes? Legitimiert wurde das Projekt mit dem klassischen Argument der Informationsüberflutung, mit dem Verner Clapp auch die Studie Lickliders in seinem Vorwort eingeleitet hatte. „Among the many difficulties caused by the growing complexity of our civilization, the crisis faced by our great libraries is one of the most distressing, for these libraries have long been regarded as outstanding manifestations of our culture. But they will become increasingly ineffectual agencies for the transfer of information, and they could become lifeless monuments, unless we can find new methods of managing the enormous mass of books, periodicals, reports, and other records produced by our expanding intellectual activities. The spectacular advances of the last decade in data processing and in document copying have given us good reason to hope that a way can be found out of the library crisis by the imaginative use of new technology.“46

Doch Intrex folgte insoweit Licklider, als den eigentlichen Ausgangspunkt der konzeptionellen Überlegungen auch hier nicht die moderne Bibliothek in ihrer spezifischen institutionellen Ausprägung bildete, sondern der Arbeitsprozess des Wissenschaftlers, insbesondere die teamorientierte Arbeitsweise in den Natur- und Technikwissenschaften. „The prospect is that, when several or many people work together within the context of an on-line, interactive, community computer network, the superior facilities of that network for expressing ideas, preserving facts, modeling processes, and bringing two or more people together in close interaction with the same information and the same behavior – those superior facilities will so foster the growth and integration of knowledge that the incidence of major achievements will be markedly increased. Perhaps as stated (or overstated), that is still a dream.“47

Hier ist deutlich der Einfluss Lickliders zu erkennen sowie auch der Erfahrungen am MIT mit der Entwicklung von Computernetzwerken und dem Online-Computing, für die beispielhaft das Projekt MAC genannt sei.48 „There was a consensus at the Planning Conference that the proper evolution of libraries had such a great involvement with machine-processing methods and with machine-searching methods that the over-all system would be very much concerned with time-shared, on-line computers. It was thus decided that Project Intrex should apply the same technology to the solution of the library problem and to the development of a real-time, on-line community within the universities and similar establishments so that a single set of terminals would presumably serve the user both as access to the modern library and as his input to the time-shared system for computing, editing, and other functions.“49

Wobei ebenso Konsens bestand, dass es beim Projekt Intrex nicht darum gehen sollte, einzelne Arbeitsschritte in Bibliotheken mit Hilfe von Computern zu automatisieren, sondern – auch hier Licklider folgend – ein vollständig neues System der Erfassung, Organisation und Vermittlung von Informationen und Publikationen zu entwerfen und zu entwickeln. Denn, so wurde festgestellt, es sei: „... vastly more beneficial to modify the entire system [...]. Thus we consider a world in which balanced progress has been made toward an over-all system: in terminals; in the storage of the printed page in image and in coded form; in machine search and in cataloging; in reasonable delivery time for books; and, last not least, in charging at an appropriate rate for the services rendered.“50

Es gab ein Thema, wo der Intrex-Report einen bei Licklider nur angedeuteten Aspekt stärker betonte – ohne ihn indes detailliert auszuführen: Das war das digitale Publizieren. Der Wille zur konkreten technischen Realisation, zum Aufbau einer computerbasierten model library zwang dazu, sich mit der Frage zu beschäftigen, was es bedeutete, wissenschaftliche Texte, Publikationen, in digitaler Form anzubieten. Den Beteiligten war rasch klar, dass ihr Konzept zwangsläufig zu „new publishing patterns“ führen müsse.51 Ein solches System sei, wie Carl Overhage ein Jahr später in einem Artikel für Science über das Project Intrex ausführte, im „publishing business“.52[52]

Intrex war für die damalige Zeit ein äußerst ambitioniertes Projekt, das für sich in Anspruch nahm, mit einer experimental model library am MIT ein konkretes technisches Konzept zu realisieren, das danach von den großen Universitätsbibliotheken übernommen werden könnte. „The objective of these experiments is to provide a design for evolution of a large university library into a new information transfer system that could become operational in the decades beginning in 1970.“53

Ein solches Projekt war mehr als nur eine technologische Modernisierung bibliothekarischer Praktiken, wie am Ende der Konferenz Vannevar Bush hervorhob: „The program in the minds of you gentlemen reaches far beyond this. It will influence, perhaps revolutionize, the methods of every professional group – in law, medicine, the humanities. […] I believe very few scholars today realize what this could mean.“54

Zumindest manche Bibliothekare sahen die Ambitionen dieses Projektes. Günther Pflug, damals Direktor der Universitätsbibliothek Bochum, später Generaldirektor der Deutschen Bibliothek, stellte bei einer 1965 durchgeführten Besichtigungsreise deutscher Bibliothekare in den USA fest, dass unter allen Projekten Intrex die „grundsätzlichsten und fortschrittlichsten Ideen und Konzepte“ entwickelt hat, und dass „dieses System nach vollständiger Übertragung aller Informationen auf elektronischem Weg verlangt“.55

1965 war freilich erst der Anfang und der Report der Planning Conference nur die Grundlage für Anträge um Projektmittel. Es gelang Carl Overhage auf der Grundlage des Reports über sieben Jahre, von 1965 bis 1972, mehrere Millionen Dollar einzuwerben.56 Intrex war Colin Burke zufolge das größte, nicht militärische Forschungsprojekt in den USA in den 1960er-Jahren.57 Bis 1972 waren 17.000 Dokumente in digitaler Form erstellt58 und Programme für ein im Kern technisch funktionierendes System entwickelt worden, das freilich von einer in der Praxis nachnutzungsfähigen Lösung noch weit entfernt war.59 Angesichts dieses Projektergebnisses und veränderter finanzieller Rahmenbedingungen bei der Forschungsförderung gelang es Carl Overhage nicht mehr, weitere Projektgelder zu erhalten – er wollte bis 1975 weitere 2.341.000 Dollar investieren60 –, um die bis dahin entwickelten Programme auf neue, aktuelle Betriebssysteme übertragen zu können. Der 7094-Computer am MIT, auf dem die Programme liefen, wurde abgestellt.61 Das einzige, was von dem Projekt übrig blieb, war – neben nicht mehr genutztem Programmiercode – der Report aus dem Jahr 1965. Das Projekt Intrex war mit Aplomb gescheitert. Welchen Einfluss die Ideen und Konzepte aus dem Projekt langfristig hatten, ist schwer zu beurteilen.62 Auf alle Fälle ist der Report aus dem Jahr 1965 ein eindrückliches Zeugnis für die Ambitionen und Erwartungen, die bereits Mitte der 1960er-Jahre mit der Idee einer digitalen Bibliothek verbunden waren.

IV. Frederick W. Lancaster und The Impact of a Paperless Society on the Research Library of the Future

Nur 13 Jahre nach der Publikation von Libraries of the Future wurde in den USA wieder ein Projekt in Auftrag gegeben, diesmal von der National Science Foundation, bei dem in einer Studie ermittelt werden sollte, wie Bibliotheken im Jahr 2001 betrieben würden.63 Durchgeführt wurde das Projekt vom September 1978 bis zum Dezember 1979 unter der Leitung von Frederick W. Lancaster, einem britischen Bibliothekar und Informationswissenschaftler, der als Professor an der Graduate School of Library Science der University of Illinois arbeitete. Veröffentlicht wurde das Ergebnis des Projektes, der Report to the National Science Foundation Division of Information Science and Technology im Februar 1980 unter dem Titel The Impact of a Paperless Society on the Research Library of the Future.64 Lancaster hatte schon 1972 angefangen, sich mit Paperless Information Systems zu beschäftigen, als er entdeckte, dass der amerikanische Geheimdienst dabei war, seine Informationssysteme „toward fully electronic systems“ zu entwickeln.65 Schon 1977 und 1978 legte er erste eigene Publikationen zur Idee eines Paperless Information System vor.66 Die NSF-Studie von 1980 stellte interessanterweise eher eine empirische Bestätigung seiner bisherigen Arbeiten als eine neue These dar. Was er in dem Projekt tat, war zunächst einmal die bisherige Literatur zum Thema zu sichten, also einen Forschungsbericht zu erstellen, den er durch eine auf der Delphi-Methode basierende Umfrage unter Bibliothekaren und Wissenschaftlern ergänzte, um auf dieser Grundlage ein Szenario für die künftige Entwicklung zu entwerfen. Dabei gewann das Thema des elektronischen Publizierens, das im Intrex-Report als ein neuer, zentraler Aspekt nur angedeutet wurde, bei Lancaster eine zentrale Rolle.

Am Anfang stand freilich auch bei ihm die Prämisse, dass die herkömmliche, papierbasierte Bibliothek, ja, das gesamte analoge Kommunikations- und Publikationssystem, wie es sich seit der Erfindung des Buchdrucks entwickelt hatte, überholt sei: „We do seem to have reached the limits of human communication in print on paper form. The problems of the present system are those of growth, escalating costs and general inefficiency.“67

In der Tradition von Licklider und dem Intrex-Report entwickelte auch Lancaster sein Szenario für ein künftiges Modell primär vom Arbeitsplatz und den Bedürfnissen des Wissenschaftlers aus, wobei es für ihn bereits selbstverständlich war, dass Wissenschaftler von Terminals aus arbeiteten: „To simplify further discussion, we will assume that this user is a scientist and that he has a terminal in his office. Very likely he has a second terminal in his home. In addition to the video terminal illustrated, he will certainly have a completely portable terminal which he can take home and carry around when he is traveling. […] First, the terminal will be used for recordkeeping and for composition. The scientist maintains an electronic notebook or several types of notebook. […] The electronic notebooks will serve as memo files in which the scientist records thoughts that he wishes to preserve, descriptions of his experiments, results of the experiments, drafts of reports, calender and diary information, quotations and further material extracted from other electronic files, and any other types of information that he would put in paper notebooks and other types of paper files. […] The scientist will receive much, if not all, of his professional mail in electronic form. […] The scientist will communicate with many professional colleagues through his terminal. Such communication will include private messages (mail) and messages to groups (conferencing). This informal communication can be synchronous or asynchronous. Within his immediate circle of professional colleagues he will discuss the results of his work and his plans for future activities. But he will also want to write more formal reports to reach a wider audience of readers. In other words, he will wish to publish electronically – to become better known, to establish priority for his work, to have his work recorded in a more formal and permanent form, and to secure the ‘recognition’ he may need for purposes of promotion, tenure or increased financial reward.“68

Lancaster thematisiert noch die Texteditingfunktionen, über die die Terminals für den Wissenschaftler verfügen sollten, vor allem aber geht er intensiver auf das Thema des Publizierens ein. Das Schreiben am Terminal ist für ihn schon die Vorstufe zur elektronischen Publikation, zum ersten Austausch über den Text mit anderen Wissenschaftlern, und dann zur Weiterleitung für eine formale Publikation, wobei im Zentrum seines Szenarios das Journal, die wissenschaftliche Zeitschrift stand.

„The report is submitted to the journal editor in much the same way that it was submitted informally to the author’s colleagues. Since the report is already in machine readable form, the publication process can be much more rapid in the electronic world. The editor of the journal, after a prelimary review, can match the characteristics of the report against an electronic index of available referees. This will tell the editor not only which refereees are most appropriate to review the work but which of these are likely to have time available to allow the review process to be completed rapidly. All communication among editor, author and referees will be handled through electronic mail, and the whole process of acceptance, modification or rejection can be expedited. […] Whatever form the refereeing takes, the author’s report will be considered ‘published’ when it has been accepted into a data base. It seems reasonable to suppose that an electronic journal data base will resemble a paper journal inasmuch as it will have a title, editor, and defined scope. Thus, one can visualize a Journal of Applied Physics data base, a Transplantation data base, and so on. Other aspects of the electronic journal are less clear at this point, including the form in which the journal is made accessible and the way in which it is paid for.“69

Lancaster sprach damit ein zentrales Thema an, das der Finanzierung elektronischen Publizierens. Auch wenn er hier hinsichtlich des Finanzierungsmodells noch vage blieb, wird er nur wenige Seiten später konkreter und entwirft ein Bild davon, wohin sich die „Publishing Industry“ entwickeln wird. Er ging davon aus, dass die Kosten für die großen Fachzeitschriften über die Inflationsrate hinaus steigen70 und nur noch für größere Institutionen überhaupt erschwinglich sein werden und zudem existierende Fachzeitschriften sich dem zunehmenden Konkurrenzdruck neuer, genuin elektronischer Journale gegenübersehen, Journale, die seines Erachtens schon Mitte der 1980er-Jahre „economically viable“ sein würden.71 „By 1985 it had become quite obvious that a pay-as-you-go, on-demand society was emerging. The market for information products had begun to change dramatically. The market for many types of printed product was declining rapidly but, to compensate, a vast market was emerging, a market of individuals and institutions willing to pay for online access to the electronic equivalents of these publications when the need for such access arose. […] By the end of the 1980’s the market for secondary publications in printed form had dwindled to an insignificant level in the developed world and only the developing countries, still lagging technologically despite great progress, were expressing need for printed formats. … By 1995, of course, electronic access had replaced print on paper for virtually all secondary publications, for much of the primary literature of the sciences and the social sciences, and for many types of reference works. By then, too, the secondary publication had begun to decline in value as more efficient direct access to primary sources became possible.“72

Bei einem solchen Szenario waren Folgen für die wissenschaftlichen Bibliotheken unausweichlich. „Looking back from the vantage point of this, the first year of the 21st century, it is clear that the library profession has not escaped the upheaval that has beset all segments of society in the past 25 years. Indeed, it has undergone changes that, in their own way, are as dramatic as those encountered in education, in medicine, in banking, in transportation, and in many other branches of commerce and industry. It would have been impossible for the profession to resist this change, even had it wanted to, in the face of the rapid developments that have affected the publishing industry and transformed the entire process by which information products are created, distributed, used and paid for.“73 Bibliotheken als Institutionen würden, so die Erwartung Lancasters, zunehmend ihre Bedeutung verlieren, der einzelne Bibliothekar als freiberuflicher Information Consultant aber zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Der Report von Lancaster, obwohl er nur 15 Jahre nach dem Intrex-Report und der Studie Lickliders publiziert wurde und beiden auch konzeptionell verpflichtet ist, spiegelt zugleich auch wider, wie sehr sich die Rahmenbedingungen, der historische Kontext, in dem die Studie entstanden war, verändert hatten. Bibliotheken hatten mit der Automatisierung ihrer Geschäftsgänge begonnen und „Some individual libraries, especially in the United States and in Germany, are quite highly automated, but the greatest advances have come from cooperative projects in which a group of libraries share computer resources to achieve common goals [...]“74, wie Lancaster selbst 1977 festhielt. Vor allem aber waren aus der experimentellen Entwicklung von Online-Datenbanksystemen in den 1960er-Jahren schon zu Beginn der 1970er-Jahre vier neue, kommerziell tragfähige Systeme hervorgegangen, DIALOG, ORBIT, LEXIS und SUNY/BCN (= später BRS)75, unter denen Lexis/Nexis auch schon juristische Volltextdatenbanken anbot. Es gab mithin konkrete Beispiele und Bausteine digitaler Informationssysteme, angefangen von fachbibliographischen Nachweisdatenbanken bis zu digitalen Volltexten. Und es gab damit vor allem ein neues Geschäftsmodell: Hatten bislang Wissenschaftsverlage ihre Bücher an Bibliotheken verkauft, gingen diese also in das Eigentum der Bibliotheken über, die sie frei allen Lesern zur Verfügung stellen konnten, so behielten die neuen Datenbankanbieter die digitalen Daten und Texte in ihrem Eigentum und verkauften nur den Zugriff auf diese Daten. Das war ein Paradigmenwechsel von grundlegender Bedeutung, der auch ein Schlaglicht auf den zunehmenden Einfluss neoliberaler Ideologeme in den 1970er-Jahren wirft.76

Während Intrex an seinen zu hohen Ambitionen noch gescheitert war, war mit den Online-Datenbanken bereits in den 1970er-Jahren ein erstes, technisch wie kommerziell funktionierendes System entstanden, aus dem Lancaster sein Modell eines Paperless Information System entwickelte. Kalter Krieg und Kybernetik waren in den USA nach dem verlorenen Vietnamkrieg und den Finanz- und Wirtschaftskrisen der 1970er-Jahre in die zweite Reihe gerückt, neue, neoliberal konnotierte Konzepte ökonomischer Austerität dafür in die Erste.77 Das prägte auch die Ideen für die digitale Bibliothek – bis heute.

V. Die Formierung der Idee einer digitalen Bibliothek 1965-1980

Dass die massive, militärisch motivierte Forschungsförderung im Kontext des Kalten Krieges den historischen Prozess der Digitalisierung initiierte, und dass Utopien der Gegenkultur der 1960er- und frühen 1970er-Jahre ihn geprägt haben78, ist bekannt und braucht nicht eigens als Kontext der Entstehung der digitalen Bibliothek diskutiert werden. Die Frage, der hier nachgegangen werden soll, ist, inwieweit die hier vorgestellten Reports als Quelle zum präziseren Verständnis der Idee der digitalen Bibliothek beitragen.

Was bei der Lektüre der drei Reports als Erstes auffällt, ist ihre Aktualität, der Umstand, dass sie fast alle Themen und Aspekte der digitalen Bibliothek, die noch heute virulent sind, vorwegnehmen: Der digitale Arbeitsplatz des Wissenschaftlers, über den seine Kommunikation und Publikation läuft; die digitale Erzeugung von Forschungsdaten und deren Weitergabe; die Migration der bis dato in Büchern gespeicherten Texten in digitale Form; die Folgen für das wissenschaftliche Publizieren; Fragen des Information Retrieval und, nicht zuletzt, die Frage der Finanzierung. Lässt man einmal den Gebrauch zeitüblicher und heute veralteter Begriffe beiseite, so wirken die Reports in ihren konzeptionellen Kernaussagen tatsächlich wie eine Blaupause der heute realisierten digitalen Bibliothek. Alle drei Reports waren schließlich keine Utopien, sondern bewusst aktuelle technische Entwicklungen extrapolierende Zukunftsszenarien – und gehörten damit zu einem in den 1960er- und 1970er-Jahren verbreiteten Genre.79 Dazu kam, dass jeder der Reports über ein Drittmittelprojekt finanziert wurde. Als Erstes kann, als nicht überraschendes Ergebnis, festgehalten werden, dass die technische Aufrüstung der Bibliothek in den 1960er-Jahren – nicht anders als heute – einem dezidiert wissenschaftspolitischen Impetus folgte. Information und Wissen im politischen und ökonomischen Konkurrenzkampf instrumentell nutzbar zu machen, das war der wissenschaftspolitische Kontext, in dem alle drei Reports entstanden sind. Hier trafen sich die großen Trends von Verwissenschaftlichung und Digitalisierung.

Wissenschaftspolitischer Wille allein reicht freilich für den Erfolg von Zukunftsszenarien nicht aus. Wie sah die Rezeption bei der Fachwelt, Bibliothekaren und Informationswissenschaftlern, aus? Die ersten Reaktionen auf Lickliders „Knaller“80 waren eher verhalten. Elaine Svenonius, die Lickliders Buch in der Library Quarterly besprach, konstatierte knapp: „The book will not, as is hoped on the fly-leaf and suggested by the title and by the subheadings, ‚be mandatory reading for library science classes everywhere‘.“81 Und sie gab, höflich und indirekt zwar, aber doch deutlich genug zu verstehen, dass der hypothetische Charakter der Ideen Lickliders ihr nicht allzu substantiell erschien. Im Flaggschiff der westdeutschen Bibliothekare, der Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie, gab es nur eine kurze Notiz in der Rubrik Schrifttumshinweise, wohl von Wolfgang Kehr. Auch ihm fehlten die konkreten Anknüpfungspunkte an die aktuellen Herausforderungen, freilich konzedierte er, wenn auch nicht ohne ironischen Unterton, dass die kommende Generation von Bibliothekaren sich mit solchen Szenarien auseinandersetzen müsste. „Aber die Jüngsten unter den Söhnen des Memex sollten sich mit seinen Ergebnissen vertraut machen, denn sie werden höchstwahrscheinlich im Bibliothekswesen das Ende einer Zeit des Übergangs von der Welt der Bücher zur Welt der Millionen ‚bits‘ von Informationen erleben, vom Leser zur ‚man-computer interaction‘, und man wird von ihnen mit Recht erwarten, dass sie die Kanäle kennen, durch die die Weisheit dann rinnt.“82 Kurz, der Report von Licklider wurde rezipiert, wie übrigens auch die Arbeit am Projekt Intrex, das nicht zuletzt 1968 sogar in Berlin vorgestellt wurde83, skeptisch blieb man jedoch gegenüber der Perspektive einer komplett digitalen Bibliothek, gegenüber dem, was man eher unter vage Visionen rubrizierte. Nicht untypisch war der noch 1986 veröffentlichte Stoßseufzer des Generaldirektors der Bayerischen Staatsbibliothek Franz Georg Kaltwasser: „Utopisch blieben – man kann wohl sagen, Gott sei Dank – die Ideen von J.C.R. Licklider, die dieser in seinem Buch ‚Libraries of the future‘, Cambridge, Mass. 1965, niedergelegt hatte und mit denen er annahm, daß das Medium ‚Buch‘ keine Zukunft habe.“84

Diese Haltung war durchaus auch noch bei der Rezeption der Paperless Society, den Paperless Information Systems, die Frederick W. Lancaster propagierte, durch Bibliothekare in Deutschland zu finden.85 Insgesamt wurde Lancaster aber schon intensiver – und kontroverser – diskutiert als Licklider.86 Lancaster war es immerhin gelungen, mit seinem an Daniel Bells Information Society angelehnten Begriff der Paperless Society ein griffiges, vielzitiertes Schlagwort zu prägen. „Sooner or later we librarians are going to face the paperless society“ – damit wurde auch für das Essen Symposium 1983 geworben, das sich mit dem Thema „New Trends in Electronic Publishing and Electronic Libraries“ beschäftigte.87 Die intensivere und häufig auch positive Resonanz88 lag auch daran, dass sich seit den 1960er-Jahren unter den Bibliothekaren – in den USA wie in Deutschland – eine computeraffine Gruppe entwickelt hatte – anfangs durchaus gegen Kritik ihrer Kollegen89 –, und es spätestens im Laufe der 1980er-Jahres weitgehend Konsens war, dass Computer die klassischen bibliothekarischen Werkzeuge, wie Karteisysteme und Zettelkataloge, ersetzten und zu dieser Zeit zu einem nicht geringen Teil auch schon ersetzt hatten. Die auf die computertechnische Modernisierung der Bibliotheken fokussierten Vertreter der Zunft setzten sich freilich nur am Rande mit Szenarien künftiger digitaler Bibliotheken auseinander, sondern richteten ihre Energie weitgehend auf konkrete Projekte zur vollständigen Konversion ihrer Katalogdaten in ein maschinenlesbares Format, auf die Entwicklung von Online-Katalogen und die Einführung integrierter Bibliothekssysteme. Themen wie das elektronische Publizieren wurden zwar wahrgenommen, wie das Beispiel des Essener Symposiums indiziert, spielten aber im Alltag kaum eine Rolle.

Mit anderen Worten: Es waren nicht die Bibliothekare, die als primäre Protagonisten der Idee einer digitalen Bibliothek fungierten, auch wenn man die langfristige und subkutane Wirkmächtigkeit der Zukunftsvorstellungen der drei Reports nicht unterschätzen sollte. Die Idee der digitalen Bibliothek, das zeigen die Reports, entstand nicht aus der Perspektive der Aufgaben und Pflichten der Institution der modernen Bibliothek, sondern aus der Perspektive des Arbeitsplatzes des Wissenschaftlers. Das lag in der Traditionslinie, die Vannevar Bush in seinem Memex-Aufsatz von 1945 begründet hatte. Die Forschung effizienter und schneller zu machen, indem man den Zugriff auf Daten und Publikationen, auf Informationen und Texte digital integrierte und direkt vom „Terminal“, dem Arbeitsplatz des Wissenschaftlers aus zugänglich machte, das war eines der zentralen Motive bei der Geburt der Idee einer digitalen Bibliothek. Digitalisierung bot die Möglichkeit, den Prozess der Erarbeitung von Wissen – und in der Regel war primär naturwissenschaftliches und technisches Wissen gemeint – und der Verbreitung, der Rezeption neuen Wissens, den gesamten Prozess der Forschung zu beschleunigen. Das Bedürfnis einzelner Wissenschaftler, nach einer Optimierung ihrer Arbeitsumgebung und das Interesse der Wissenschaftspolitik an einer gezielteren Intensivierung und Steuerung des Forschungsprozesses gingen bei der Idee der digitalen Bibliothek Hand in Hand.

Und auf ein Drittes verweisen die Reports im Vergleich: Auf den sich zwischen 1965 und 1980 veränderten Kontext der ökonomischem Rahmenbedingungen und damit der jeweiligen Projektkultur. Pointiert zeigt sich dieser Unterschied zwischen der Projektkultur der 1960er-Jahre, die vom finanziell scheinbar nie versiegenden Füllhorn der Projektförderung der öffentlichen Hand lebte, und der neuen Austerität des Staates in den 1970er-Jahren, in den unterschiedlichen Positionen von Carl Overhage und Frederick W. Lancaster zur Finanzierung der digitalen Bibliothek. 1965 konstatierte Overhage noch: „It is clear that substantially larger budgets will be required for the information transfer systems of the future than are provided for the libraries at present.“90 Nur 15 Jahre später stellte sich für Lancaster die Lage diametral entgegengesetzt dar: „One basic assumption is that, in the long run, an electronic communication system will be less expensive than one that is primarily paper-based.“91

Keine der beiden Aussagen war empirisch fundiert. Sie spiegeln nur die unterschiedlichen Kontexte der 1960er- und 1970er-Jahre wider. Dass seit den 1970er-Jahren die öffentliche Hand begann, Infrastrukturaufgaben zunehmend an private Unternehmen zu delegieren, dass zudem mit Hosts für Online-Datenbanken ein völlig neues, privatwirtschaftlich dominiertes Modell für die Distribution wissenschaftlicher Informationen entstanden war, sollte auch die Konzepte für die digitale Bibliothek – bis in die Gegenwart – entscheidend beeinflussen. Dass ein rein digital basiertes Informationssystem auch den bisherigen Publikationsmarkt wissenschaftlicher Fachliteratur, die eingespielte Arbeitsteilung zwischen Fachverlagen und Bibliotheken, durcheinanderwirbeln würde, war zwar schon 1965 bei der Planung des Projektes Intrex klar geworden. „It is equally clear that the economic patterns in which authors, publishers and libraries are operating today will be disturbed by the extensive utilization of modern duplicating techniques in the information transfer systems of the future.“92

Doch erst 15 Jahre später hatte Lancaster ein konkretes Modell vor Augen, ein pay-per-use-Konzept, bei dem wissenschaftliche Publikationen und Fachdaten im Eigentum der Verlage blieben und der Zugriff darauf vollständig kommerzialisiert wäre. Dieses Konzept ging bei Lancaster einher mit einem wissenschaftspolitischen Marketing, indem er sein Szenario einer Paperless Society als unausweichlichen Schritt in einer gleichsam natürlichen Evolution der Kommunikations- und Medientechnik sah. „The position we have adopted is as follows: If, many years from now, one could look back over the long history of human communication, it is likely that the print on paper era will form a rather short segment of this history, little over five hundred years. We are now evolving from this print on paper era into an electronic era. We regard this evolution as inevitable.“93

Hier schlägt die Analyse einer Entwicklung ins Politische um, wird doch die von Lancaster für wünschenswert gehaltene Paperless Society zur einzig möglichen und richtigen Lösung erklärt. Auch wenn die gegenwärtige Lage vielschichtiger ist, so spielt doch das von Lancaster favorisierte Szenario einer Privatisierung digitaler, wissenschaftlicher Fachinformation, das in den 1970er-Jahren entstandene Modell der Lizenzierung des Zugriffs auf im Eigentum der Verlage verbleibenden digitalen Medien bis heute eine zentrale Rolle. Die aktuelle Dominanz einiger weniger großer naturwissenschaftlicher Fachverlage und deren Marketingkonzepte haben ihre Wurzeln auch in diesen Entwicklungen der 1970er-Jahre.94

Lancaster und Licklider hatten beide denselben Auftrag: ein Konzept für eine Bibliothek zu Beginn des 21. Jahrhunderts zu entwerfen. Der Report Lancasters zeigt, dass die rapide Entwicklung der Computertechnologie ihm schon die Möglichkeit bot, ein verhältnismäßig konkretes Konzept einer künftigen digitalen Bibliothek zu entwerfen, deren Kern elektronische Publikationen bildeten. Sein Report steht damit der gegenwärtigen Realität der digitalen Bibliothek näher als der Lickliders. Licklider ist dafür derjenige, der die Vision einer digitalen Bibliothek andeutete, die mehr ist als eine Service- und Publikationsinfrastruktur für computerbasierte Arbeitsplätze von Wissenschaftlern, nämlich eine Wissensbasis, die gleichsam als kognitiver Partner des Wissenschaftlers auf dessen Fragen reagieren kann, die also selbst neues Wissen mit erzeugt. Eine digitale Bibliothek war in seiner Perspektive auch eine Plattform für den künftigen Einsatz von Technologien künstlicher Intelligenz. Was zu Lickliders Zeit noch ein sehr zukünftiges, vages Szenario war, scheint heute gar nicht mehr so fern, denkt man nur an aktuelle Strategien großer Wissenschaftsverlage, die wissenschaftliche Publikationen zunehmend als große Datenbasis sehen, die mit Hilfe von Algorithmen analysiert und diese Analysen zur Basis eines neuen Geschäftsmodells werden sollen.95

Denkt man diese Perspektive weiter, so zeigt eine Lektüre der drei Reports als Viertes und für das theoretische Verständnis der Idee der digitalen Bibliothek wichtigstes Ergebnis die konzeptionelle Differenz zwischen digitalen und „klassischen“ Bibliotheken. Die digitale Bibliothek ist nicht die Transformation der bisherigen, der „klassischen“ Bibliothek, sie ist nicht deren Ersatz oder ihre evolutionäre Weiterentwicklung, sondern ein genuin anderes, eigenes Konstrukt. Freilich eines, das in der Lage ist, durch die digitale Transformation der alten Medien sich deren Kern einzuverleiben.


  1. Zur Verwissenschaftlichung vgl. Margit Szöllösi-Janze, Wissensgesellschaft in Deutschland: Überlegungen zur Neubestimmung der deutschen Zeitgeschichte über Verwissenschaftlichungsprozesse, in: Geschichte und Gesellschaft 30 (2004), S. 277-313; zur Digitalisierung Frank Bösch, Wege in die digitale Gesellschaft. Computer als Gegenstand der Zeitgeschichtsforschung, in: Wege in die digitale Gesellschaft. Computernutzung in der Bundesrepublik 1955-1990, hrsg. von Frank Bösch (=Geschichte der Gegenwart, Bd. 20) Göttingen 2018, S. 7-36; Jürgen Danyel, Zeitgeschichte der Informationsgesellschaft, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, Online-Ausgabe, 9 (2012), H. 2, URL: <http://www.zeithistorische-forschungen.de/16126041-Danyel-2-2012>; Jürgen Danyel / Annette Schumann, Wege in die digitale Moderne. Computerisierung als gesellschaftlicher Wandel, in: Geteilte Geschichte. Ost- und Westdeutschland 1970-2000, hrsg. von Frank Bösch, Göttingen 2015, S. 283-319; David Gugerli, Wie die Welt in den Computer kam. Zur Entstehung digitaler Wirklichkeit, Frankfurt/Main 2018. ↩︎

  2. Dass der Prozess der Wissenserzeugung heute weitgehend digital transformiert ist und Bibliotheken sich entsprechend neu und primär als digitale Bibliothek organisieren müssen, betont zum Beispiel Klaus Ceynowa, Wissen und Information im Digitalen Zeitalter - Herausforderungen und Chancen für die Bibliothek der Zukunft, in: Praxishandbuch Bibliotheksmanagement, hrsg. von Rolf Griebel, Hildegard Schäffler und Konstanze Söllner, Bd. 2, Berlin-Boston 2015, S. 999-1012. ↩︎

  3. Michael Seadle, Digitale Bibliotheken, in: Handbuch Bibliothek. Geschichte, Aufgaben, Perspektiven, hrsg. von Konrad Umlauf und Stefan Gradmann, Stuttgart - Weimar 2012, S. 139.↩︎

  4. Dies indizieren die Ergebnisse des Google Books Ngram Viewer <https://books.google.com/ngrams> (Zugriff 6.1.2021), wonach der Begriff „electronic library“ ab 1980 einen steilen Anstieg mit dem Höhepunkt 1993 zeigt, der Begriff „digital library“ ab 1984 verstärkt in Gebrauch kommt und 1998 seinen Zenith erreicht.↩︎

  5. Im Jahr 2013 überstieg bei den Universitätsbibliotheken in Deutschland erstmals der Anteil der Ausgaben für digitale Medien mit 53,6% den für gedruckte Literatur (DBS 2013 – Wissenschaftliche Bibliotheken – Gesamtstatistik. Zugriff über DBS – Deutsche Bibliotheksstatistik); im Jahr 2019 waren es schon 66,5% <https://www.bibliotheksstatistik.de/> (Zugriff 21.12.2020).↩︎

  6. Als Beispiele seien genannt: H.G. Wells, World Brain, London 1938; Vannevar Bush, As we may think, in: The Athlantic Monthly, July 1945 <https://www.theatlantic.com/magazine/archive/1945/07/as-we-may-think/303881/> (Zugriff 14.1.2021). Siehe auch die von Hartmut Winkler kommentierte deutsch-englische Fassung in: formdiskurs. Zeitschrift für Design und Theorie 2, I (1997), S. 136-147 <http://homepages.uni-paderborn.de/winkler/bush_d.pdf> (Zugriff 14.1.2021).↩︎

  7. Vgl. zusammenfassend Dorothy B. Lilley / Ronald W.Trice, A History of Information Science 1945-1985, San Diego u.a. 1989, S. 46f. ↩︎

  8. Libraries and Automation. Proceedings of the Conference on Libraries and Automation held at Airlie Foundation, Warrenton, Virginia, May 26-30, 1963, under sponsorhip of the Library of Congress, National Science Foundation, Council on Library Resources, Inc., hrsg. von Barbara Evans Markuson, Washington 1964.↩︎

  9. Günther Pflug, Probleme der elektronischen Datenverarbeitung in Bibliotheken, in: Libri 15 (1965), S. 39.↩︎

  10. Vgl. als frühe Zusammenfassung der Entwicklung Frederick G. Kilgour, History of Library Computerization, in: Journal of Library Automation 3 (1970), S. 218-229.↩︎

  11. Vgl. Charles P.Bourne / Trudi Bellardo Hahn, A History of Online Information Services 1963-1976, Cambridge/Mass. - London 2003; Thomas Haigh, “A Veritable Bucket of Facts”: Origins of the Data Base Management System 1960-1980, in: W. Boyd Rayward / Mary Ellen Bowden (Hrsg.), The History and Heritage of Scientific and Technological Information Systems. Proceedings of the 2002 Conference, Medford 2004, S. 73-88; John J. Regazzi, Scholarly Communications. A History from Content as King to Content as Kingmaker, Lanham u.a. 2015, S. 119-130.↩︎

  12. Ausgangspunkt war: Bundesministerium für Forschung und Technologie, Programm der Bundesregierung zur Förderung der Information und Dokumentation (IuD-Programm) 1974 bis 1977, Bonn 1975.↩︎

  13. Nur ansatzweise vergleichbar sind deutsche Reports wie Wolf Rauch / Gernot Wersig (Hrsg.), Delphi-Prognose in Information und Dokumentation. Untersuchungen über zukünftige Entwicklungen des Bibliotheks-, Informations- und Dokumentationswesens in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich (=Beiträge zur Informations- und Dokumentationswissenschaft, Folge 12) München u.a. 1978. ↩︎

  14. Siehe dazu ausführlich unten Abs. II.↩︎

  15. Vgl. für Deutschland: Siegfried Schmidt, Siegeszug der EDV - Revolutionierung der Bibliotheken, in: Auf dem Wege in die Informationsgesellschaft: Bibliotheken in den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts, hrsg. von Peter Vodosel und Werner Arnold (=Wolfenbütteler Schriften zur Geschichte des Buchwesens, Bd. 43) Wiesbaden 2008, S. 257-284; Rudolf Frankenberger, Der Einfluss der IT-Revolution auf die Bibliotheken im Spiegel der Bibliothekartage der 1960er, 1970er und 1980er Jahre, in: 100. Deutscher Bibliothekartag. Festschrift, hrsg. von Felicitas Hundhausen, Daniela Lülfing und Wilfried Sühl-Strohmenger, Hildesheim - Zürich - New York 2011, S. 185-197. Für die USA: Kilgour: History of Library Computerization, 1970; Christine L. Borgman, From Acting Locally to Thinking Globally: A Brief History of Library Automation, in: The Library Quarterly 67 (1997), S. 215-249; Clifford Lynch, From Automation to Transformation. Forty Years of Libraries and Information Technology in Higher Education, in: EDUCAUSE review, January/February 2000, S. 60-68. ↩︎

  16. J.C.R. Licklider, Libraries of the Future, Cambridge/Mass. 1965.↩︎

  17. Intrex. Report of a Planning Conference on Information Transfer Experiments. September 3, 1965, hrsg. von Carl F.J. Overhage und R. Joyce Harman, Cambridge/Mass. - London 1965. ↩︎

  18. F[rederick] W[ilfrid] Lancaster / Laura Drasgow / Ellen Marks, The Impact of a Paperless Society on the Research Library of the Future. A Report to the National Science Foundation Division of Information Science and Technology (NSF Grant No. DSI 78-04768), Library Research Center, Graduate School of Library Science, University of Illinois, February 1980. ↩︎

  19. Zur Gründung und frühen Geschichte des CLR vgl. Deanna B. Marcum, Reclaiming the Research Library: The Founding of the Council on Library Resources, in: Libraries & Culture 31 (1996), S. 113-124; George S. Bobinski, Libraries and Librarianship. Sixty Years of Challenge and Change, 1945-2005, Lanham - Toronto - Plymouth 2007, S. 76-80. ↩︎

  20. Verner W. Clapp: Archivists and Bibliographical Control: A Librarian's Viewpoint, in: American Archivist 14 (1951), S. 305. Hinweis auf das Zitat bei Wolfgang Ernst, Im Namen von Geschichte. Sammeln - Speichern - Er/Zählen. Infrastrukturelle Konfigurationen des Gedächtnisses, München 2003, S. 786.↩︎

  21. Den Projektablauf, der im Wesentlichen aus der Erstellung einzelner Reports zu spezifischen Themen bestand, deren Ergebnisse dann in einem Gesamtreport zusammengefasst wurden, stellt auf der Basis des 8. Jahresberichts des CLR dar: Jack A. Hiller, Automation in the Libraries, in: MULL. Modern Uses of Logic Law 6, No. 1 (1965), S. 8ff.↩︎

  22. Vgl. M. Mitchell Waldrop, The Dream Machine. J.C.R. Licklider and the Revolution that Made Computing Personal, New York 2001, S. 13f, 105f, 151, 185, 205ff. ↩︎

  23. Licklider, 1965, S. 3. ↩︎

  24. Ebda., S. 1f.↩︎

  25. Ebda., S. 6. ↩︎

  26. Ebda., S. 21.↩︎

  27. Ebda., S. 6, Fußnote.↩︎

  28. Vgl. Michael Friedewald, Konzepte der Mensch-Computer-Kommunikation in den 1960er Jahren: J.C.R. Licklider, Douglas Engelbart und der Computer als Intelligenzverstärker, in: Technikgeschichte 67 (2000), S. 1-24. ↩︎

  29. Licklider, 1965, S. 9.↩︎

  30. Ebda., S. 29: „It would doubtless be extremely difficult to accomplish that preliminary step if we included, among the main procedures, complete processes leading to insight and discovery. Eventually men may succeed in describing those „intelligent“ processes completely and explicitly. If they do, we should like to incorporate the procedures into procognitive systems.“↩︎

  31. Fritz Machlup, The Production and Distribution of Knowledge in the United States, Princeton 1962.↩︎

  32. Licklider, 1965, S. 33f.↩︎

  33. Uwe Jochum, Die Selbstabschaffung der Bibliotheken, in: Das Ende der Bibliothek? Vom Wert des Analogen, hrsg. von Uwe Jochum und Armin Schlechter (=Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie, Sonderbd. 105) Frankfurt/Main 2011, S. 11. ↩︎

  34. Vgl. Wilhelm Ostwald, Lebenslinien - Eine Selbstbiographie. Nach der Ausgabe von 1926/27 überarbeitet und kommentiert von Karl Hansel (=Abhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse, Bd. 61) Stuttgart - Leipzig 2003, S. 522; zum Kontext vgl. Thomas Hapke, Wilhelm Ostwald und seine Initiative zur Organisation und Standardisierung naturwissenschaftlicher Publizistik: Enzyklopädismus, Internationalismus und Taylorismus am Beginn des 20. Jahrhunderts, in: Fachschriften, Bibliothek und Naturwissenschaft im 19. und 20. Jahrhundert, hrsg. von Christoph Meinel (=Wolfenbütteler Schriften zur Geschichte des Buchwesens, Bd. 27) Wiesbaden 1997, S. 157-174; Ders., Formieren, Formatieren und Informieren. Ostwalds wissenschaftsorganisatorische Aktivitäten und die Technologien der geistigen Arbeit, in: Frank Hartmann (Hrsg.), Wilhelm Ostwald, Farbenlehre, Formenlehre. Eine kritische Rekonstruktion, Hamburg 2017, S. 165-181; Markus Krajewski, Restlosigkeit. Weltprojekte um 1900, Frankfurt/Main 2006, S. 109-118; Paul Otlet, Traité de Documentation. Le Livre sur le Livre. Théorie et Pratique, Bruxelles 1934; knapp zum Kontext vgl. Frank Hartmann, Paul Otlets Hypermedium. Dokumentation als Gegenidee zur Bibliothek, in: LIBREAS. Library Ideas 28 (2015) <http://libreas.eu/ausgabe28/04hartmann/> (Zugriff 14.1.2021); John Desmond Bernal, Die soziale Funktion der Wissenschaft, hrsg. von Helmut Steiner, Berlin 1986, S. 295-301 [Original London 1939]. ↩︎

  35. Wie Anm. 6. ↩︎

  36. Licklider, 1965, S. xiif. ↩︎

  37. Vgl. William Aspray, The History of Information Science and Other Traditional Information Domains: Models of Future Research, in: Libraries & the Cultural Record 46 (2011), S. 230-248 (mit Hinweisen auf weitere Literatur); Irene S.Farkas-Conn, From Documentation to Information Science. The Beginnings and Early Development of the American Documentation Institute - American Society for Information Science (=Contributions in Librarianship and Information Science, Nr. 67) New York - Westport/Conn. - London 1990.↩︎

  38. Zu Shera vgl. H[erbert] Curtis Wright, Jesse Shera, Librarianship, and Information Science (=Occasional Research Papers, Nr. 5) Provo / Utah 1988.↩︎

  39. Jesse H. Shera, Putting Knowledge to Work, in: Ders.: Libraries and the Organization of Knowledge, hrsg. von D.J. Foskett, London 1965, S. 54f u. 56 [Original 1956].↩︎

  40. Vgl. Friedewald, Konzepte der Mensch-Computer-Kommmunikation, 2000; Chigusa Ishikawa Kita, J.C.R. Licklider's Vision for the IPTO, in: IEEE Annals of the History of Computing, July-September 2003, S. 62-77.↩︎

  41. Vgl. nur Automation and the Library of Congress, 1963, S. 22: „The nation's problem of scientific and technical information has been of growing concern to the defense establishment and to the Congress. Most recently the President's Science Advisory Committee published a report entitled Science, Government, and Information, in which the fragmentation of scientific literature by speciality is pointed out as demanding some counteracting consolidating force in communications“. Rezipiert wurde hier der sogenannte Weinberg-Report: Science, Government and Information. A Report of the President’s Science Advisory Committee, Washington: The White House, January 10, 1963. Deutsche Übersetzung: Wissenschaft, Regierung und Information (=Beiheft zu den Nachrichten für Dokumentation, Nr. 12) Frankfurt/Main 1964.↩︎

  42. Licklider, 1965, S. 2f. ↩︎

  43. Ebda., S. vi. ↩︎

  44. Vgl. zu den biographischen Daten Waldrop, Licklider, 2001, S. 254f, 306f. ↩︎

  45. Intrex. Report, 1965, S. vii-xiv.↩︎

  46. Ebda., S. 1.↩︎

  47. Ebda., S. 26.↩︎

  48. Ebda., S. 27ff, wurde explizit Bezug auf das Projekt MAC genommen; und ebda., S. 55, Intrex sogar als „extension of Project MAC“ bezeichnet. Licklider selbst hatte 1968 die Leitung des Projektes am MIT übrnommen (Waldrop: Licklider, 2001, S. 307). Project MAC (Project on Mathematics and Computation) wurde 1963 am MIT als ein eigenes Forschungsinstitut begründet; vgl. Bourne / Hahn: Online Information Services, 2003, S. 41ff.↩︎

  49. Intrex. Report, 1965, S. 54.↩︎

  50. Ebda., S. 54.↩︎

  51. Ebda., S. 49.↩︎

  52. Carl F.J. Overhage, Plans for Project Intrex, in: Science 152 (May 1966), S. 1036f. ↩︎

  53. Intrex. Report, 1965, S. xv.↩︎

  54. Ebda., S. 144f. ↩︎

  55. Günther Pflug, Allgemeine Planung der elektronischen Datenverarbeitung in Bibliotheken, in: Mechanisierung und Automatisierung in amerikanischen Bibliotheken. Eindrücke einer Studienreise deutscher Bibliothekare im Frühjahr 1965, hrsg. von Günther Pflug (=Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie, Sonderheft 6) Frankfurt/Main 1967, S. 144 u. 147f. ↩︎

  56. Colin Burke, A Rough Road to the Information Highway. Project Intrex: A View from the CLR Archives, in: Information Processing & Management 32 (1996), S. 19, gibt an, dass allein der CLR 2.500.000 Dollar zur Verfügung stellte; Herman H. Fussler, Research Libraries and Technology. A Report to the Sloan Foundation, Chicago - London 1973, S. 67f, geht von 3.600.000 Dollar an Gesamtkosten für das Projekt Intrex aus. ↩︎

  57. Burke, Project Intrex, 1996, S. 19.↩︎

  58. Fussler, Research Libraries and Technology, 1973, S. 67f. ↩︎

  59. Vgl. auch Bourne / Hahn, Online Information Services, 2003, S. 63ff.↩︎

  60. Fussler, Research Libraries and Technology, 1973, S. 67.↩︎

  61. Burke, Project Intrex, 1996, S. 30.↩︎

  62. Vgl. Bourne / Hahn, Online Information Services, 2003, S. 63ff.↩︎

  63. Vgl. knapp zum Kontext Michael H. Harris / Stan A. Hannah / Pamela C. Harris, Into the Future: The Foundation of Library and Information Services in the Post-Industrial Era, 2. Aufl., Greenwich - London 1998, S. 31ff. Sowie generell zu Lancaster Lorraine J. Harricombe / Keith Russell (Hrsg), The Evaluation and Transformation of Information Systems. Essays Honoring the Legacy of F. W. Lancaster (= Library Trends 56 (2008)). ↩︎

  64. Lancaster, Impact Paperless Society, 1980. Ergänzend dazu wurden die Ergebnisse des Projektes auch über einen Konferenzband verbreitet: F[rederick] Wilfrid Lancaster (Hrsg.), The Role of the Library in an Electronic Society (=Proceedings of the 1979 Clinic on Library Applications of Data Processing) Urbana-Champaign 1980.↩︎

  65. F[rederick] W[ilfried] Lancaster, Toward Paperless Information Systems, New York - San Francisco - London 1978, S. xi. ↩︎

  66. F[rederick] Wilfrid Lancaster, The Dissemination of Scientific and Technical Information: Toward a Paperless System (= University of Illinois Graduate School of Library Science, Occasional Papers, April 1977, No. 127) Champaign/Ill. 1977; Ders., Toward Paperless Information Systems, 1978. ↩︎

  67. Lancaster, Impact Paperless Society, 1980, S. 4.↩︎

  68. Ebda., S. 100-102.↩︎

  69. Ebda., S. 103.↩︎

  70. Lancaster, Toward Paperless Information Systems, 1978, S. 98. Er bezieht sich dabei auf: Bernard M. Fry / Herbert S. White, Final Report. Grant No. GN-41398. Economics and Interaction of the Publisher-Library Relationship in the Production and Use of Scholarly and Research Journals, U.S. National Science Foundation, November 1975; vgl. auch B[ernard] M. Fry / H[erbert] S. White, Publishers and Libraries. A Study of Scholarly and Research Journals, Lexington/Mass. 1976. ↩︎

  71. Lancaster, Impact Paperless Society, 1980, S. 110. ↩︎

  72. Ebda., S. 111.↩︎

  73. Ebda., S. 107.↩︎

  74. Lancaster, Dissemination of Scientific and Technical Information, 1977, S. 13.↩︎

  75. Bourne / Hahn, Online Information Services, 2003.↩︎

  76. Vgl. Harris / Hannah / Harris, Into the Future, 1998, S. 33ff.↩︎

  77. Zum wirtschaftshistorischen Kontext vgl. Thomas W. Zeiler, Offene Türen in der Weltwirtschaft, in: 1945 bis heute. Die globalisierte Welt, hrsg. von Akira Iriye, München 2013, hier v.a. S. 266-282. Zu den neoliberalen Einflüssen in den 1970er Jahren generell David M. Kotz, The Rise and Fall of Neoliberal Capitalism, Cambridge/Mass. - London 2015; und zur Kommerzialisierung von Information und Wissen Colin Crouch, Die bezifferte Welt. Wie die Logik der Finanzmärkte das Wissen bedroht. Postdemokratie III, Berlin 2015.↩︎

  78. Vgl. dazu nur als „klassische“ monographische Studien: Paul N. Edwards, The Closed World. Computers and the Politics of Discourse in Cold War America, 2. Aufl., Cambridge/Mass. - London 1997; Fred Turner, From Counterculture to Cyberculture. Stewart Brand, the Whole Earth Network, and the Rise of Digital Utopianism, Chicago - London 2006.↩︎

  79. Vgl. Elke Seefried, Zukünfte. Aufstieg und Krise der Zukunftsforschung 1945-1980 (=Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, Bd. 106) Berlin - Boston 2015; Rüdiger Graf / Benjamin Herzog, Von der Geschichte der Zukunftsvorstellungen zur Geschichte ihrer Generierungen. Probleme und Herausforderungen des Zukunftsbezugs im 20. Jahrhundert, in: Geschichte und Gesellschaft 42 (2016), S. 497-515; Joachim Radkau, Geschichte der Zukunft. Prognosen, Visionen, Irrungen in Deutschland von 1945 bis heute, München 2017. ↩︎

  80. Russell Shank, Rezension von “Large Libraries and New Technological Developments: Proceedings of a Symposium Held on the Occasion of the Inauguration of the Royal Library, The Hague, 29 September - 1 October 1982”, ed. by C. Reedijk, Carol K. Henry, and W.R.H. Koops, Munich 1984, in: The Journal of Library History 22 (1987), S. 108: Noch 1987 kommentierte Russell Shank einen 1982 gehaltenen und 1984 publizierten Vortrag Lickliders mit der Bemerkung: „The volume opens with a bang: Licklider commenting on his book Libraries of the Future halfway between its publication date and the year 2000. His overall view hasn't changed, although he recognizes his early lack of recognition of the explosive changes in digital and telephone communications. He is still concerned that the library seems not to be changing rapidly enought, and that it must get out of the purely organizational and maintenance functions.“↩︎

  81. Library Quarterly 35 (1965), S. 397.↩︎

  82. Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie 13 (1966), S. 277. Autor der kurzen Besprechung ist W.K., wahrscheinlich Wolfgang Kehr, der einige Seiten zuvor ausführlich das Buch Library planning for automation rezensiert hatte (ebda., S. 267-271).↩︎

  83. Hinweis bei Bourne / Hahn, Online Information Service, 2003, S. 64.↩︎

  84. Franz Georg Kaltwasser, Frühgeschichte der elektronischen Datenverarbeitung in der Bayerischen Staatsbibliothek, in: Bibliothek. Forschung und Praxis 10 (1986), S. 5, Anm. 1.↩︎

  85. Gisela Kröhner, 75 Jahre jung - Werkbibliothek der Henkel KGaA feierte Geburtstag, in: Bibliotheksdienst 19 (1985), S. 716, referiert einen Vortrag von Günter Gattermann, wonach man sich von den „… Zukunftsprognosen mancher Futurologen des nahenden Zeitalters der ‚paperless society‘ … jedoch nicht gänzlich überwältigen lassen sollten.“ Freilich konzediert Gattermann auch: „Vermutlich werde es in naher Zukunft - Prof. Dr. Gattermann nannte hier einen Zeitraum von 10 bis 20 Jahren - ein ‚sowohl als auch‘ herkömmlicher, das heißt Druckmedien, als auch elektronischer Medien geben. Bezeichnend für die Haltung mancher Bibliothekare mag auch das nachfolgende Beispiel sein: Wolfgang Binder, Elektronische Zeitschriften und Preprints. Neue Publikationsformen und -kanäle als Ingredienzen der unsichtbaren Bibliothek, in: Bibliotheksdienst 27 (1993), S. 1882: „Die elektronische Bibliothek ist derzeit ein viel gehörter und benutzter Begriff. Die 80er Jahre waren dagegen allerdings eher von einer skeptischen Zurückhaltung der am bibliothekarischen Innovationsprozeß Beteiligten gegenüber Visionen und Perspektiven geprägt, wie sie beispielsweise in Frederick W. Lancasters Buch ‚Libraries and librarians in an age of electronics‘ aus dem Jahr 1982 formuliert wurden. Der Autor erinnert sich noch gut an eine Bemerkung eines Vertreters der bibliothekarischen Lehre aus dieser Zeit, wonach man von der Idee einer papierlosen elektronischen Bibliothek inzwischen schon längt wieder weg sei.“↩︎

  86. Zur Rezeptionsgeschichte vgl. Arthur P. Young, Aftermath of a Prediction: F.W. Lancaster and the Paperless Society, in: Library Trends 56 (2008), S. 849ff. Als Beispiel für eine kritische Diskussion seiner Thesen Svend Larsen, The Idea of an Electronic Library. A Critical Essay, in: Libri 38 (1988), S. 159-177. ↩︎

  87. Bibliotheksdienst 17 (1983), S. 136. Vgl. auch die positive Kurzbewertung in Bibliothek. Forschung und Praxis 4 (1980), S. 74; sowie Mathilde v. Rovelstad, Zur neueren amerikanischen Bibliotheksliteratur, in: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie 27 (1980), S. 113.↩︎

  88. Bibliothek. Forschung und Praxis 4 (1980), S. 74; Ebda., 6 (1982), S. 166; The Library Quarterly 49 (1979), S. 327f. zu Lancaster, Toward Paperless Information Systems, 1978. Kritisch dagegen M. Walters Edward, in: ebda. 53 (1983), S. 459-461. ↩︎

  89. Dieses Thema kann hier nicht ausgeführt werden. Vgl. pars pro toto als ein frühes Beispiel einer kritischen Haltung in den USA Ellsworth Mason, The Great Gas Bubble Prick't; or, Computers Revealed - by a Gentleman of Quality, in: College & Research Libraries 32 (May 1971), S. 183-196.↩︎

  90. Intrex. Report, 1965, S. 3. ↩︎

  91. Lancaster, Impact of a Paperless Society, 1980, S. 126.↩︎

  92. Intrex. Report, 1965, S. 3.↩︎

  93. Lancaster, Impact of a Paperless Society, 1980, S. 125f. ↩︎

  94. Vgl. zum Kontext Niels Taubert / Peter Weingart, Wandel des wissenschaftlichen Publizierens - eine Heuristik zur Analyse rezenter Wandlungsprozesse, in: Wissenschaftliches Publizieren. Zwischen Digitalisierung, Leistungsmessung, Ökonomisierung und medialer Beobachtung, hrsg. von Peter Weingart und Niels Taubert (=Interdisziplinäre Arbeitsgruppen. Forschungsberichte, hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 38) Berlin - Boston 2016, S. 12f. <https://doi.org/10.1515/9783110448115-001>; Vincent Lariviere / Stefanie Haustein / Philippe Mongeon, The Oligopoly of Academic Publishers in the Digital Era, in: PLOS One 10 (June 2015) <https://doi.org/10.1371/journal.pone.0127502>; zu ähnlichen Tendenzen im geisteswissenschaftlichen Publikationswesen Wilfried Enderle, Die Literaturversorgung der Geisteswissenschaften im Spannungsfeld von Digitalisierung und Ökonomisierung. Das Beispiel der Fachinformationsdienste 2015-2020, in: Matthias Schulze (Hrsg.), Historisches Erbe und zeitgemäße Informationsinfrastrukturen: Bibliotheken am Anfang des 21. Jahrhunderts. Festschrift für Axel Halle, Kassel 2020, S. 351-368. <https://doi.org/doi:10.17170/kobra-202010131934>. ↩︎

  95. Vgl. Björn Brembs / Konrad Förstner / Peter Kraker, Auf einmal Laborratte, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2. Dez. 2020, S. N4.↩︎

Autor

Wilfried Enderle ist Fachreferent für Geschichte an der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen. Seine Forschungsfelder sind frühneuzeitliche Konfessionsgeschichte, Medien- und Bibliotheksgeschichte sowie historische Fachinformation. https://www.sub.uni-goettingen.de/geisteswissenschaften-und-theologie/geschichtswissenschaft/kontakt/