Polysemie
- religiös: ‘Ort der Verdammnis’
- psychologisch: ‘unangenehmer innerer Zustand’
- Schreckensprofil: ‘schreckliches äußeres Ereignis’
Definition
Hölle
Nach religiösen Vorstellungen der Ort der Verdammnis, an dem Menschen nach ihrem Tod die ewige Strafe für ihre Sünden erfahren. Im Gegensatz zum Fegefeuer haben die Menschen in der Hölle keine Hoffnung auf die Aufnahme in den Himmel, sie erleben Gottverlassenheit und den Entzug jeder Gnade.
Die Hölle stellt man sich als einen Ort unter der Erde vor, an dem große Hitze herrscht und Teufel die Menschen quälen und foltern. Es gibt dort Feuer und Flammen, die Sünder werden in großen Kesseln geschmort.
Durch eine konkrete räumlich-bildliche Vorstellung der Hölle kann der Sprecher eine trivialisierende oder ironisierende Haltung zum Ausdruck bringen.
Konnotationen
- Schrecken, Qualen
- Einsamkeit, Gram, Niedergeschlagenheit
- Bosheit, Dämonen
- heiß, dunkel, laut, chaotisch
Lexikalische Relationen
Synonyme
- ewige Verdammnis
- Fegefeuer1
- Gehenna
- Geisterwelt
- Hades
- Infernogehoben
- Limbus
- Ort der Verdammnis
- Reich der Finsternis
- Reich der Toten
- Reich des Teufels
- Schattenreich
- Totenreich
- Unterwelt
Opposita
- Himmel
- Paradies1
Wortbildungen
Substantive
- Höllenbraten ‘Schimpfwort – böser Mensch’
- Höllenfahrt ‘Vorstellung über das Hinabsteigen in die Hölle’
- Höllenfeuer ‘Feuer, die in der Hölle brennen’
- Höllenfürst ‘Satan, der Teufel’
- Höllenhund ‘Hund, der den Eingang zur Hölle bewacht, Zerberus’
- Höllenkreis ‘nach der Vorstellung von Dantes „Göttlicher Komödie“ ist die Hölle in insgesamt neun Kreise bzw. Ringe unterteilt’
- Höllenkunst ‘abwertend über Magie’
- Höllenstein ‘Ätzmitteln zur Blutstillung oder Verätzung von Gewebe; Silbernitrat’
- Höllenstrafe ‘Strafe der ewigen Verdammnis’
- Lusthölle ‘über ein Bordell’
- Opiumhölle ‘Ort an dem große Mengen Opiums produziert bzw. konsumiert werden’
- Spielhölle ‘abwertend über ein Casino’
- Vorhölle ‘Ort, wo die Verstorbenen ihre Erlösung erwarten’
Adjektive
- höllisch1 ‘in Bezug auf Hölle (religiöses Profil)’, vgl. das höllische Feuer; höllische Geister
Phraseme, Kollokationen
Phraseme
- Ausgeburt der Hölle ‘über einen bösen Menschen’
- zur Hölle wünschengehoben: <jmdn.> zur Hölle wünschen, meist 3. Ps. Sg. und Pl.: Er/ Sie wünscht/ wünschen <jmdn.> zur Hölle ‘Verwünschung’
- zur Hölle: zur Hölle mit <jmdn./ etw.> ‘Verwünschung’
- Himmel und Hölle in Bewegung setzenhyperbolisch ‘alles tun, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen’
Kollokationen
- der Hölle übergeben werden
- in die Hölle kommen
- mit der Hölle drohen
- zwischen Himmel und Hölle sein
Belege
Ich hatte von Schugger Leo gehört, wußte, daß sich dem Leo, da er noch auf dem Priesterseminar war, eines sonnigen Tages die Welt, die Sakramente, die Konfessionen, Himmel und Hölle, Leben und Tod so vollkommen verrückt hatten, daß Leos Weltbild fortan zwar verrückt, aber dennoch vollendet glänzte.
Grass, Günter: Die Blechtrommel, 1964
Allzuviel wurde nach der Entdeckung des Grabes für immer zerstört. Doch das erhalten Gebliebene genügt, um den Schrecken einer Unterwelt ahnen zu lassen, die wie eine Vision der späteren christlichen Hölle anmutet. Überall tauchen seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. die hammerschwingenden, geiernasigen Todesdämonen auf. Ihre Gestalten und Namen finden sich auf den Wandbildern der Grüfte wie auf Vasen, auf Spiegeln und Sarkophagen; Symbole der Angst und des Bedrücktseins, die aus dem Unbewußten aufsteigen.
Keller, Werner: Denn sie entzündeten das Licht, 1970
Aus so barocker Spannung, klein/ groß, mächtig/ nichtig, lebendig/ tot, baut Webster sein zwischen Himmel und Hölle grotesk taumelndes Drama.
Die Zeit, 18.10.1985
Die Amerikaner zeigten sich hoffnungsvoll: sieben von zehn Befragten nehmen an, daß ihnen nach dem irdischen auch noch ein himmlisches Dasein verheißen ist: 50 Prozent befürchten allerdings auch die Existenz einer Hölle.
Die Zeit, 10.01.198
Montabaur: Zum Vortrag „Was geschieht nach dem Tod? Die Frage nach Himmel, Hölle, Fegefeuer“ lädt der Pastorale Raum Montabaur für Mittwoch, 10. März, um 20 Uhr in das „Forum St. Peter“, Auf dem Kalk, ein. Referent ist Pallottinerpater Dr. Markus Schulze, Professor für Dogmatik an der Theologischen Hochschule in Vallendar. Die Teilnahme kostet 5 Euro.
Rhein-Zeitung, 03.03.2010
Definition
Hölle
Über einen unangenehmen und quälenden psychischen oder auch körperlichen Zustand, über eine leidensvolle Erfahrung. Als Hölle können z. B. Schmerzen, eine schwere Krankheit, Qualen der Alkohol- oder Drogensucht, zwischenmenschliche Konflikte und andauernder Streit bezeichnet werden, aber auch unangenehme Begebenheiten des Alltags (z. B. Prüfungen und Arztbesuche).
Konnotationen
- unerträgliches, unerklärliches Leiden
- ungerechte oder unangemessene Bestrafung
- Ausweglosigkeit; Verzweiflung
Lexikalische Relationen
Synonyme
- Fegefeuer2
- Kreuz
- Leiden
- Qual
Opposita
- Paradies2
Wortbildungen
Substantive
- Höllenangstumgangssprachlich, intensivierend ‘sehr große Angst’
- Höllenbrandumgangssprachlich, intensivierend ‘sehr großer Durst’
- Höllengestankumgangssprachlich, intensivierend ‘sehr starker Gestank’
- Höllenqualintensivierend ‘intensivierend – große Qual’
- Höllenschmerzintensivierend ‘große Schmerzen’
- Höllenstressumgangssprachlich, intensivierend ‘großer Stress’
- Höllenwutintensivierend
Adjektive
- höllisch2, intensivierend ‘in Bezug auf Hölle (psychologisches Profil), schlimm, unerträglich’, vgl. Die Klausur war höllisch schwer.
Phraseme, Kollokationen
Phraseme
- das Leben zur Hölle machen: <jmdm.> das Leben zur Hölle machen ‘jmdm. große Unannehmlichkeiten bereiten’
- die Hölle haben: bei <jmdm.> die Hölle haben ‘über einen Menschen, der Probleme mit seinem (Ehe-, Lebens-)Partner hat’
- die Hölle heiß machen: <jmdm.> die Hölle heißmachen ‘jmdn. etwa durch Drohungen und Unannehmlichkeiten bedrängen’
- Hölle auf Erden1 ‘ein leidensvoller Zustand’
- zur Hölle machen: <jmdm.> <etw.> zu Hölle machen ‘jmdm. große Unannehmlichkeiten in einem bestimmten Bereich bereiten’
Kollokationen
- die Hölle erleben
- durch die Hölle gehen
- eine Hölle ohne Ende
- etwas in eine Hölle verandeln
Belege
Aber anders als viele Eltern von „normalen“ Schülern, die um die Sicherheit ihrer Kinder besorgt sind, denkt Kos bei seiner Kritik vor allem an die Sonderschüler: „Diese Kinder haben meist zuhause die Hölle auf Erden erlebt. Sie wurden sexuell mißbraucht, geprügelt, gequält oder oft auch durch einen Scheidungskrieg völlig aus der Bahn geworfen.“
Neue Kronen-Zeitung, 22.03.1996
Wochenlang mußte, wie berichtet, in Ansfelden eine Mutter um den 13jährigen Sohn zittern. Der Bub war angeblich mit einem Freund zu einem Skiurlaub nach Südtirol gefahren - tatsächlich setzte sich das Duo nach Brasilien ab. Und erlebte die Hölle. Ohne Geld mußten sich beide 2500 Kilometer weit durch das Land schlagen.
Neue Kronen-Zeitung, 18.02.1996
Die Camargue ist hart. Sie hat ihre eigenen Akzente, und wer die finden will, muß allerhand auf sich nehmen: Er muß durch eine kleine Hölle hindurch, muß sich das Gesicht verbrennen lassen von einer glühenden Sonne - das Land hat keine Schatten; er muß auf der Suche nach Wasser den Durst in der hitzeflimmernden Steppe fühlen, und er muß die Moskitos ertragen. wenn in der Dämmerstunde, der Stunde zwischen Tag und Abend, die Büsche lebendig werden und Myriaden summender Stechmücken über den Ahnungslosen herfallen, dann beginnt eine Schlacht ganz eigener Art.
Die Welt, 22.10.1964
In einer obskuren Kneipe in New York sind zwanzig Personen unentwegt damit beschäftigt, ihre Persönlichkeit aufzugeben. Sie sitzen da und saufen. sie saufen am Tag, sie saufen in der Nacht. Sie flüchten vor der Wirklichkeit und retten sich in einen Wunschtraum, aus dem es keine Rettung gibt. Fast keiner zahlt seine Zeche, es sei denn mit einem verpfuschten Leben. du lieber Himmel, welch eine Hölle!
Die Welt, 03.04.1954
„Das ist ja ein eheähnliches Verhältnis, auf das Sie sich da einlassen!“ Bei Christian Knödel, Firmenkundenberater der Deutschen Bank in Fürth und Mitglied der Wirtschaftsjunioren, läuten die Alarmglocken. Ein Anrufer schilderte sein Projekt, mit vier Kompagnons eine Kommanditgesellschaft zu gründen. „Sie sind mit den Partnern auf Gedeih und Verderb verbunden“, sagt der Banker. „Das kann die Hölle werden.“
NUN95/SEP.01180 NN, 16.09.1995
Fast 360 Zeugen, die meisten von ihnen ehemalige KZ-Häftlinge, sagten in Frankfurt aus und ließen die Greuel noch einmal lebendig werden. In Auschwitz „begann eine Hölle, die für das normale menschliche Gehirn nicht auszudenken ist und die zu schildern die Worte fehlen“, faßte der Vorsitzende Richter Hans Hofmeyer am Ende des Prozesses zusammen.
NUN95/AUG.01469 NN, 19.08.1995
Definition
Hölle
Ein Geschehen oder Ereignis, das als entsetzlich oder qualvollwahrgenommen wird. Im Gegensatz zum psychologischen Profil liegt der Fokus nicht auf dem inneren Erlebnis der Leiden, sondern auf dem chaotischen, gewalttätigen oder verheerenden äußerlichen Zustand.
Konnotationen
- Bedrohung, Schrecken, Krieg
- Menschenmassen, chaotisches Treiben
- Lärm, Hitze
Wortbildungen
Substantive
- Höllenkrachumgangssprachlich, intensivierend ‘über etwas sehr Lautes’
- Höllenlärmumgangssprachlich, intensivierend ‘sehr großer Lärm’
- Höllenmaschine1, umgangssprachlich ‘Maschine, die laut ist bzw. Angst macht’
- Höllenmaschine2, umgangssprachlich ‘Sprengkörper mit Zeitzünder versehener Sprengkörper’
- Höllenspektakelumgangssprachlich, intensivierend ‘großer Lärm’
- Höllentemperaturumgangssprachlich, intensivierend ‘sehr hohe Temperatur’
- Höllentempoumgangssprachlich, intensivierend ‘sehr schnell’
Phraseme, Kollokationen
Phraseme
- die Hölle bricht losumgangssprachlich ‘über chaotische Zustände, wenn (plötzlich) ein Durcheinander, großer Lärm entsteht’
- die Hölle entfesselnübertragen: <jmd.> entfesselt die Hölle ‘jmd. verursacht einen schrecklichen Zustand oder auch einen großen Lärm und Chaos’
- die Hölle war/ ist losumgangssprachlich ‘über chaotische Zustände, wenn (plötzlich) ein Durcheinander, großer Lärm entsteht’
- grüne Hölle ‘Dschungel, Urwald’
- Hölle auf Erden2 ‘ein chaotischer, bedrohlicher Zustand’
Kollokationen
- die Hölle durchmachen
- durch die Hölle gehen
- Hölle von Auschwitz
Belege
Will der Westen das, will er die notwendigen Opfer bringen, oder will er sich eines Tages sagen lassen, er habe lieber das Völkerrecht verletzt und sei lieber auf dem Weg in die Hölle
des Atomkriegs voranmarschiert, als den Leibriemen enger zu schnallen?
Die Welt, 15.06.1959
Noch 1957 versprachen Adenauer und sein Wirtschaftsminister Erhard den Arbeitern den Himmel auf Erden. doch wenn man heute die Schlagzeilen selbst der großen bürgerlichen Zeitungen Westdeutschlands liest, wo es z. B. heißt: „im Ruhrgebiet grassiert die Angst“, „die Löhne sinken unter die Fürsorgesätze“, „Entlassungen und Feierschichten bei Eisen und Stahl“, dann möchte man meinen, daß das die Hölle
auf Erden ist.
Neues Deutschland, 08.03.1959
Und doch gibt es in dieser Hölle
aus Interkontinentalraketen, Hunger, Arbeitslosigkeit, Drogenwahn und mörderischen Kriegen eine Widerstandskraft: die Sehnsucht vor allem der Kinder und der jungen Menschen, der Liebenden und der Unterdrückten nach einer reinen Natur und einem friedlichen Miteinander.
Mannheimer Morgen, 17.01.1985
Der heutige Major der Nationalen Volksarmee war bereits 1938 bei einer antijüdischen Aktion verhaftet worden. Seit 1942 durchlebte er die Hölle
von Auschwitz.
Neues Deutschland, 26.09.1964
Muß die „Stadt der Engel“ noch einmal durch die Hölle
des Bürgerkriegs gehen? Das fragen sich besorgt die Bürger in den weißen Vierteln von Los Angeles. Die Angst ist verständlich, nachdem ein neuer Fall von Polizei-Brutalität das Feuer des Rassismus schürt. Wie vor fünf Jahren bei Rodney King prügelten Beamte - beobachtet von Videokameras - auf wehrlose Opfer ein. Diesmal auf zwei Mexikaner. Nun fürchtet man Aufstände von schwerbewaffneten Gangs aus den Bastionen lateinamerikanischer Einwanderer.
Neue Kronen-Zeitung, 04.04.1996
Die Camargue ist hart. Sie hat ihre eigenen Akzente, und wer die finden will, muß allerhand auf sich nehmen: Er muß durch eine kleine Hölle
hindurch, muß sich das Gesicht verbrennen lassen von einer glühenden Sonne - das Land hat keine Schatten; er muß auf der Suche nach Wasser den Durst in der hitzeflimmernden Steppe fühlen, und er muß die Moskitos ertragen. wenn in der Dämmerstunde, der Stunde zwischen Tag und Abend, die Büsche lebendig werden und Myriaden summender Stechmücken über den Ahnungslosen herfallen, dann beginnt eine Schlacht ganz eigener Art. Man kann die Moskitos nicht in die Flucht schlagen, man muß sie ertragen. es gibt Rezepte gegen sie: angefangen beim alten Hausmittel Essig, mit dem man sich einzureiben hat, bis zu jenen „garantiert wirksamen“ Geheimtips aus der Apotheke - sie alle helfen nicht.
Die Welt, 22.10.1964
Als fiskalische Melkkuh werden da wohl die Unternehmen zu Diensten stehen müssen - vor allem jene, die als besonders leistungsfähig gelten. Schon freundet man sich sogar im CDU-beherrschten Arbeitsministerium mit einem fiskalischen Instrument an, das den Christdemokraten bis vor kurzem noch als Ausgeburt der sozialistischen Hölle
galt: der Maschinensteuer.
Die Zeit, 05.04.1985
Wortindex
- Ausgeburt der Hölle
- das Leben zur Hölle machen
- die Hölle bricht losumgangssprachlich
- die Hölle entfesselnübertragen
- die Hölle haben
- die Hölle heiß machen
- die Hölle war/ ist losumgangssprachlich
- ewige Verdammnis
- Fegefeuer1
- Fegefeuer2
- Gehenna
- Geisterwelt
- grüne Hölle
- Hades
- Himmel
- Himmel und Hölle in Bewegung setzenhyperbolisch
- Hölle auf Erden1
- Hölle auf Erden2
- Höllenangstumgangssprachlich, intensivierend
- Höllenbrandumgangssprachlich, intensivierend
- Höllenbraten
- Höllenfahrt
- Höllenfeuer
- Höllenfürst
- Höllengestankumgangssprachlich, intensivierend
- Höllenhund
- Höllenkrachumgangssprachlich, intensivierend
- Höllenkreis
- Höllenkunst
- Höllenlärmumgangssprachlich, intensivierend
- Höllenmaschine1, umgangssprachlich
- Höllenmaschine2, umgangssprachlich
- Höllenqualintensivierend
- Höllenschmerzintensivierend
- Höllenspektakelumgangssprachlich, intensivierend
- Höllenstein
- Höllenstrafe
- Höllenstressumgangssprachlich, intensivierend
- Höllentemperaturumgangssprachlich, intensivierend
- Höllentempoumgangssprachlich, intensivierend
- Höllenwutintensivierend
- höllisch2, intensivierend
- höllisch1
- Infernogehoben
- Inferno
- Kreuz
- Leiden
- Limbus
- Lusthölle
- Opiumhölle
- Ort der Verdammnis
- Paradies1
- Paradies2
- Qual
- Reich der Finsternis
- Reich der Toten
- Reich des Teufels
- Schattenreich
- Spielhölle
- Totenreich
- Unterwelt
- Vorhölle
- zur Hölle
- zur Hölle machen
- zur Hölle wünschengehoben
Etymologie
Seit dem 9. Jh. des deutschen Standardwortschatzes, von g. * haljO
‘Unterwelt, Totenwelt’, ahd . hell(i)a
, mhd. helle
. Neben der Verwendung im christlichen Kontext wurde das Wort auch für germanische Vorstellungen verwendet, u. a. in der Form Hell
als Bezeichnung für die Totengötten. Eine bildliche Übertragung ‘Raum zwischen Ofen und Wand’ wird zwar bei KLUGE und in modernen Wörterbüchern verzeichnet, dürfte aber mittlerweile als veraltet gelten.
Nach religiösen Vorstellungen der Ort der Verdammnis, an dem Menschen nach ihrem Tod die ewige Strafe für ihre Sünden erfahren. Im Gegensatz zum Fegefeuer haben die Menschen in der Hölle keine Hoffnung auf die Aufnahme in den Himmel, sie erleben Gottverlassenheit und den Entzug jeder Gnade.
Die Hölle stellt man sich als einen Ort unter der Erde vor, an dem große Hitze herrscht und Teufel die Menschen quälen und foltern. Es gibt dort Feuer und Flammen, die Sünder werden in großen Kesseln geschmort.
Durch eine konkrete räumlich-bildliche Vorstellung der Hölle kann der Sprecher eine trivialisierende oder ironisierende Haltung zum Ausdruck bringen. ( dafür werde ich schon nicht in der Hölle schmoren
).
Semantischer Wandel
Das vorliegende Wörterbuch führt die Profile von Hölle auf: ein religiöses, ein psychologisches sowie ein Schreckensprofil. Die beiden letzteren sind jeweils metonymische Übertragungen des religiösen Profils als auf hölle-ähnlich empfundene Zustände oder Ereignisse in der säkularen Sphäre. Beim psychologischen Profil werden die mit der Hölle konnotierten psychischen Seelenqualen des Sünders, die sich aus der Gottesferne ergeben (Einsamkeit, Gram, Niedergeschlagenheit) transferiert, während beim Schreckensprofil die mit der Hölle konnotierten physisch wahrnehmbaren Schrecken (extreme Hitze oder Kälte, unerträglicher Lärm, unablässiger physischer Schmerz) profiliert werden.
Dem psychologischen Profil lassen sich oft Zustände zuordnen, die sich im Inneren des Sprechers abspielen, während mit dem Schreckensprofil oft äußere Ereignisse korrespondieren. Dies ist aber nicht immer der Fall. Bei manchen Belegen sind die Übergänge zwischen psychologischem und Schreckensprofil fließend. Es ist mitunter schwer oder gar nicht zu entscheiden, ob ein quälender innerer Leidenszustand oder die tatsächlich infernalischen äußeren Umstände profiliert werden, vgl. die Hölle von Auschwitz.
Alle drei Profile sind in der heutigen Sprache fest verankert. Das zeigt auch die relativ hohe Zahl von Komposita in allen Profilen. Im psychologischen und im Schreckensprofil wird Hölle- als erstes Glied eines solchen Kompositums als eine Art emotionaler Verstärker verwendet und bringt den besonders hohen Grad eines im zweiten Wortglied näher bestimmten Glieds zum Ausdruck (vgl. Höllentempo, Höllenangst, Höllenbrand). In der Umgangssprache begegnet man häufig dem Ausdruck: Das war die Hölle! (als elliptische Form des älteren: Das war die reinste Hölle!), um psychisch besonders anstrengende, unangenehme Erlebnisse und Zeitabschnitte zu kennzeichnen. (vgl. folgenden Beleg, wo diese Wendung in einer leicht veränderten Form angeführt wird: Das kann die Hölle werden!). Häufig ist in beiden Profilen die Wendung: die Hölle (auf Erden) erleben.
Das DUW erklärt das Wort folgendermaßen: 1. (Religion) Ort der ewigen Verdammnis für die Sünder; Reich des Teufels b) Ort, Zustand großer Qualen; etwas Schreckliches, Furchteinflößendes, Unerträgliches 2. (landschaftlich) in alten [Bauern]häusern (mit einer Sitzbank versehener) enger Raum zwischen Kachelofen und Wand.
Damit korrespondieren die in den Bedeutungswörterbüchern des Deutschen aufgeführten Explikationen mit den Profilen des vorliegenden Wörterbuchs. Die Bedeutung ‘Raum hinter dem Ofen’, die auch in anderen Sprachen existiert, ist inzwischen veraltet.
Sprichwörter
Aus der Hölle gibt's keinen Rückweg. ‘wenn man in etwas hineingerät, aus dem es kein Zurück gibt; oft als Mahnung zur Vorsicht gesprochen’
Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert. ‘trotz Bemühen muss nicht alles gelingen’
Die Hölle ist leichter zu machen als der Himmel. ‘Gutes tun ist schwieriger als Schlechtes tun’
Die Hölle ist nicht so heiß, wie sie der Pfaffe macht. ‘es ist nicht so schlimm, wie es behauptet wird’
In der Hölle gilt kein Stimmensammeln. ‘in Not hat jeder Vorrang’
In die Hölle ist es überall gleich weit. ‘gleich welcher Abstammung oder Herkunft: eine schlechte Tat ist überall gleich leicht zu vollführen’
In die Hölle kommt man mit größerer Mühe als in den Himme. ‘schlechtes tun ist aufwendiger als gutes bzw. Nichtstun’
Lieber in der Hölle regieren als im Himmel dienen. ‘besser die kleinere Macht als gar keine’
Wer lange genug in der Hölle ist, der hat den Himmel vergessen.
Wo ein Ort auf der Hölle steht, tritt man dem Teufel leicht auf den Kopf. ‘wenn etwas unter einem bösen Omen steht, sind Fehler schnell gemacht’
Kulturelle Kontexte
Literatur
- Tommy Krappweis: Das Vorzelt zur Hölle, 2012
Film
- Die Hölle von Macao (Regie: Frank Winterstein), Deutschland/Italien/Frankreich 1966.
- Im Himmel ist die Hölle los (Regie: Helmer von Lützelburg), Deutschland 1986.
- Warteliste zur Hölle (Regie: Juan de Orduna y Fernandez), BRD/Spanien/Italien 1967
Musik
- Helene Fischer: Die Hölle Morgen früh (Musikalbum), 2012
- Eisbrecher: Die Hölle muss warten (Musikalbum), 2012
Werbung
-
DTM-Werbung
(Quelle: http://www.x-synrg.com/img/hoelle2007kl.jpg) -
Getränkewerbung
(Quelle: http://bilder.rofl.to/media/data/pic-1652adf165e734b9e81945ff2a358aa2-full.jpg) -
Radiowerbung für eine Ticketverlosung
(Quelle: http://www.radiobob.de/binaries/asset/image/2710191/wlm_full_image/0/3797026/Himmel-oder-Hoelle-Teil-2_1.jpg)
Sonstiges
-
Bäckerei Hölle(Quelle: http://www.mv-dormettingen.de/img/werbung/hoelle.jpg
Bibliographie
Auffarth, Christoph 2010: „Himmel – Hölle – Fegefeuer I“, in: Erinnerungsorte des Christentums, S. 515-523.
Lang, Bernhard 2010: „Himmel – Hölle – Fegefeuer II“, in: Erinnerungsorte des Christentums, S. 524-533.
Masser, Achim 1999: „Heaven and Hell. Onomasiological and Semasiological Studies of Historical Traces in Old High German“, in: Beitrage zur Namenforschung 34.4 (1999), S. 487-488.