Übersicht
religiös-asketisch | religiös-temporal | säkular-asketisch | säkular-deprivativ | |
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Deutsch | ||||
Polnisch | ||||
Slowakisch | ||||
Tschechisch |
de:13
pl:1234
sk:1234
cz:1234
Sprachvergleich
Fasten – post – pôst – půst
In der Bedeutung der Lexeme Fasten/ post/ pôst/ půst zeigen sich Unterschiede zwischen den slawischen Sprachen einerseits und dem Deutschen andererseits. In allen analysierten Sprachen sind das religiös – asketische Profil und das säkular – asketische Profil belegt. Das religiös – temporale und säkular – deprivative Profil sind dagegen nur in den slawischen Sprachen vorhanden.
Das religiös – asketische Profil bezieht sich auf ein religiös motiviertes Sichenthalten von Speisen, hauptsächlich von Fleisch. Das Fasten wird mit Besinnung und Einkehr verbunden und als Zeichen der Buße verstanden. Da der Begriff Fasten/ post/ pôst/ půst hauptsächlich christlich geprägt wird, steht er in allen vier Sprachen meistens im Zusammenhang mit denselben festgelegten Fastentagen oder –Perioden wie die vierzigtägige Fastenzeit vor Ostern, der Aschermittwoch, der Karfreitag oder der Heiligabend (siehe auch das religiös – temporale Profil). Im Deutschen gilt Fasten als katholischer Brauch, der besonders von dem evangelischen Gesichtspunkt als Ausdruck des Irrglaubens kritisiert werden kann, der Mensch kann sich durch seine Taten Gottes Erbarmen erkaufen. Besonders im Deutschen, aber auch in den anderen Sprachen, wird das Fasten zunehmend im Zusammenhang mit islamischen Traditionen, insbesondere dem Fastenmonat Ramadan, erwähnt. Sprachübergreifend spiegelt sich auch die Tendenz wider, dass sich die christliche Praxis des Fastens nicht nur auf ein Sichenthalten von Speisen, sondern auch auf einen anderen selbst auferlegten Verzicht beziehen kann, vgl.
Nakolik je důležité, aby byl půst skutečně postemod jídla? Nemá stejný, nebo dokonce větší význam půst od různých zálib?
http://www.vojtechkodet.cz [7.6.2012]
oder
Es gebe nicht nur Fasten beim Essen und Trinken, andere Arten des Fastens könnten dringender sein, meinte Küng, und schlug unter anderem "Fernseh-Fasten" vor.
(Salzburger Nachrichten, 06.03.1992)
Die Lexeme post/ pôst/ půst im religiös – temporalen Profil sind eine metonymische Übertragung der religiös – asketischen Bedeutung auf einen Zeitabschnitt des Fastens, zumeist in Bezug auf die vierzigtägige Fastenzeit zwischen Aschermittwoch und Ostersonntag. Im Deutschen wird in diesem Zusammenhang das Wort Fastenzeit verwendet, im älteren Deutsch ist in derselben Bedeutung auch Fasten (Pl. tant.) belegt.
Im säkular – asketischen Profil wird unter Fasten/ post/ pôst/ půst ein nicht-religiös motivierter Verzicht auf Speisen verstanden, prototypisch handelt es sich um ein Sichenthalten von Essen zum Zweck einer Gewichtsabnahme. In einigen Kontexten ist auch eine andere Motivation für das Nicht-Essen möglich, z. B. finanzielle Not oder ein Protest gegen etwas etc. Vgl.
Leider ist Sabrina immer häufiger zum Fasten gezwungen. Ihre Grundsicherung reicht nicht. Oft ist schon vor dem Zwanzigsten eines Monats Ebbe im Geldbeutel.
(Nürnberger Nachrichten, 23.11.2004)
oder
Pětidenní protestní hladovka proti jaderné elektrárně Temelín na náměstí hornorakouského města Freistadt je pouze začátek, varují odpůrci atomu. Původně měl půst skončit dnes, aktivisté ale přišli s nápadem na hladovku ve formě „řetězové reakce“.
(Blesk, 6. 1. 2003)
Besonders in den slawischen Sprachen kann sich post/ pôst/ půst auch auf Verzicht auf einige Vergnügungen beziehen, typischerweise (tendenziell scherzhaft) in Bezug auf Sex, vgl.
Chápem, že ako zanedbávaná manželka (aj keď nepíšete nič o príčinách svojho dvojročného sexuálneho pôstu, hádam okrem zmienky o veľkom vekovom rozdiele medzi Vami a Vaším manželom) potrebujete nejaký vonkajší impulz, nejaký kompliment Vášmu ženstvu.
http://www.inzine.sk [30.01.2003]
oder auch das polnische Derivat wyposzczony 'sexuell ausgehungert'.
Während in den slawischen Sprachen in Bezug auf diätetisch oder gesundheitlich indizierte Enthaltsamkeit von Essen eher das Wort poln., slow., tschech. dieta ‘Diät’ bevorzugt wird, wird im Deutschen das Lexem Fasten geläufig in diesem Zusammenhang verwendet (vgl. auch Ausdrücke wie Heilfasten). Im Gegensatz zu den slawischen Sprachen zeigt sich im Deutschen, dass das Wort Fasten im säkular – asketischen Profil auch als Marketing-Begriff verwendet wird, unter dem verschiedene Therapien zur Reduzierung des Körpergewichts vermarktet werden. In diesen Kontexten werden manchmal christliche Traditionen aktualisiert bzw. umgedeutet. Beispielsweise werden Fastenkuren in die Zeit vor Ostern gelegt oder Fasten wird als ein Weg des Zu-Sich-Findens dargestellt, vgl.
Das Fasten ist unbedingt notwendig, um den Körper von Schlackenstoffen, sowohl geistiger als auch körperlicher Natur zu befreien. Ich verzichte auf Kaffee, jegliche Form von alkoholischen Getränken. In der Fastenzeit wird bei mir das Fleisch durch Gemüse, Salate, Säfte und Tees ersetzt, um die Ausscheidungsorgane anzuregen.
(Kleine Zeitung, 14.03.1999)
oder auch die Kookkurrenz mit dem Begriff Reinigung, der ganzheitliche Wirkungen auf Körper und Geist impliziert.
Das säkular – deprivative Profil ist nur für das Polnische, Slowakische und Tschechische belegt. Anders als in dem religiös – asketischen und säkular – asketischen Profil beziehen sich die Lexeme post/ pôst/ půst nicht auf das Handeln eines Menschen, sondern sie bezeichnen den Mangel an etwas, das Ausbleiben eines Erfolgs, einen erzwungenen Stillstand in einem Bereich etc. Vgl. poln. Przez ostatnie lata postu pozaparlamentarnego, jaki musiała odbyć, Unia Wolności zmieniła się. ‘Während dieser Jahre des Fernbleibens vom Parlament, die sie durchmachen musste, hat sich die „Unia Wolności“ verändert.’ oder slow. Po viacročnom profitovom pôste dostane príležitosť zaryžovať si v zlatej bani turistiky. ‘Nach mehreren Jahren vom Ausbleiben des Gewinns bekommt er Gelegenheit, aus der Goldgrube des Fremdenverkehrs zu schöpfen.’ Besonders im Slowakischen und Tschechischen wird das Wort pôst/ půst im Sportslang verwendet, um längere Perioden ohne sportlichen Erfolg emotionalisiert darzustellen, vgl. slow. medailový pôst ‘langer Zeitraum, in dem keine Medaille errungen werden konnte’ oder tschech. mužstvo souží bodový půst ‘die Mannschaft hat seit langem keine Punkte gesammelt’.