Übersicht
kausativ | moralisch | religiös | finanziell | |
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Deutsch | ||||
Polnisch | ||||
Slowakisch | ||||
Tschechisch |
de:1234
pl:1234
sk:123
cz:123
Sprachvergleich
Schuld – wina – vina – vina
Schuld – wina – vina – vina bezeichnet die Nichteinhaltung eines sittlichen Gebots, die mithilfe verschiedener Instanzen, wie Gott, eigenes Gewissen oder anderer Menschen, als schuldhaft verurteilt werden kann.
Im vorliegenden Wörterbuch werden für dieses Konzept die Profile kausativ, moralisch, religiös und finanziell ausgegliedert.
Das kausative Profil referiert auf die Ursachen von etwas Negativem. Es werden dabei Folgen von menschlichen Handlungen oder aber Ereignissen wie z.B. Naturphänomene, thematisiert, vgl.:
Schuld hatte das Wetter; der plötzlich auftauchende Hirsch trug die Schuld daran, dass der Autofahrer abgelenkt wurde und die Kontrolle über den Wagen verlor; Schuld an dieser Entwicklung trägt die starke Erhöhung der Kosten.
oder
Partizáni sú v dedine, celá rota sa tu narýchlo cvičí pred odchodom na front a okrem pomaly tečúcej vody sa skoro nič nehýbe. Na vine je hlavne slnko. Vyhnalo septembrové popoludnie, zaháňa do chládku sliepky i ľudí.
Im Polnischen wird in ähnlichen Kontexten nicht von wina sondern von Ursachen powód ‘Grund’ gesprochen.
Im moralischen Profil handelt es sich um Schuld, die vor dem eigenen Gewissen des Menschen in einem inneren psychischen Konflikt ausgetragen wird, oder sie wird von anderen Menschen als Verstoß gegen ethisch-moralische oder gesetzliche Wertvorstellung verurteilt. Im Gegensatz zum kausativen Profil, in dem die Schuld bzw. Unschuld lediglich festgestellt wird, wird im moralischen Profil auch von der Widergutmachung oder Freisprechung der Schuld gesprochen, vgl.: (de.) entschuldigen, von der Schuld befreien; (poln.) uniewinni(a)ć ‘freisprechen’; (tschech.) smýt ze sebe/ svou vinu: <někdo> smyje ze sebe/ svou vinu ‘eine Schuld wiedergutmachen’; (slowak.) odpustiť vinu: <niekto> odpustí <niekomu> vinu ‘jmdm. seine Schuld vergeben/ jmdm. ein Vergehen verzeihen und ihm dieses nicht weiter vorwerfen’.
Das religiöse Profil stellt eine Einschränkung des moralischen Profils auf religiöse Kontexte dar. Die über die menschliche Schuld urteilende Instanz ist Gott. Schuld und Unschuld werden dabei als Bezeichnungen für fundamentale moralische Verdorbenheit bzw. Vollkommenheit verwendet. Im Christentum gilt die Erbsünde als Beispiel der Abwendung der Menschheit von Gott und Hinwendung zum Bösen. Als Voraussetzung für Schuld wird meist angenommen, dass der Schuldige die Wahlmöglichkeit hatte, die als schlecht definierte Tat zu unterlassen. In der Philosophie wird die Schuldfähigkeit deshalb oft auf die Willensfreiheit zurückgeführt.
Das finanzielle Profil ist eine Erscheinung des Deutschen. Das Wort wird dabei meistens im Plural gebraucht. Wenn es um einen konkreten Geldbetrag geht, ist auch der Singular möglich. Das finanzielle Profil liegt in den slawischen Sprachen nicht vor. Im Polnischen wird lediglich die adjektivische Ableitung winien vom Substantiv wina abgeleitet und kann materielle Bedeutung ‘Geld schuldig sein’ haben, vgl. On jest mi winien dużo pieniędzy ‘Er schuldet mir viel Geld’.
Insgesamt sind die Profile kausativ und moralisch in den hier verglichenen Sprachen stabil. Die Verwendung des Begriffs im religiösen Profil ist hingegen rückläufig, nicht zuletzt weil die Schuld des Menschen aufgrund der Sünde in den großen christlichen Konfessionen z.Z. nicht besonders betont wird.