Übersicht
religiös | religiös-zeremoniell | religiös-performativ | felizitativ | approbativ | Abundanz | |
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Deutsch | ||||||
Polnisch | ||||||
Slowakisch | ||||||
Tschechisch |
de:123456
pl:12345
sk:123456
cz:12345
Sprachvergleich
Segen – błogosławieństwo – požehnanie – požehnání
Im vorliegenden Wörterbuch SuP wurden sechs Profile von Segen ausgegliedert: ein religiös-gratiales, ein religiös-zeremonielles, ein religiös-performatives, ein felizitatives, ein approbatives und ein Abundanzprofil.
Die drei religiösen Profile sind in allen Sprachen vorhanden, ebenso die metonymische Bedeutungserweiterung felizitativ sowie approbativ. Das Abundanzprofil ist nur im Deutschen und im Slowakischen vorhanden.
Diese weitgehende Übereinstimmung ist u.a. auf die gemeinsame Etymologie und die vergleichbare Entlehnungsgeschichte des Wortes aus dem Latein zurückzuführen. Die Lemmata im Deutschen, Slowakischen und Tschechischen leiten sich von < signum ‘Zeichen’ bzw. signare ‘bezeichnen’ her. Eine Ausnahme stellt hier das Polnische dar. Hier liegt die Weiterführung einer altkirchenslawischen Lehnübersetzung aus lat. < benedicere vor. Auch signare wurde – über die mittelhochdeutsche Vermittlung segenen – in anderer Funktion ins Polnische entlehnt, vgl. (po)żegnać (się) ‘(sich) verabschieden’, daneben przeżegnać (się) ‘(sich) bekreuzigen’.
Unter den religiösen Profilenist das performative Profil am häufigsten und weist auch die höchste Zahl an Wortbildungen auf. Es wurde so benannt, weil es sich hier um einen Sprechakt handelt (verbunden mit sakramentalen Handlungen), in denen Gegenständen oder Personen die göttliche Gnade zugesichert wird. Es ist syntaktisch stark eingeschränkt und findet sich in Phrasemen bzw. festen Kollokationen, vgl. slow. dať <niekomu> požehnanie/ dt. denSegen erteilen,dostať požehnanie/ dt. denSegen erhalten,udeliť <niekomu> požehnanie/ dt. denSegen erteilen/ spenden. Besonders häufige Sprachakte haben ebenfalls den Rang von festen Kollokationen:vgl.slow. dostať rodičovské požehnanie/dt. den elterlichen Segen erhalten. Ansonsten tritt häufig der Spender der Segnung als Kollokator auf, vgl. poln.ojcowskie błogosławieństwo ‘elterlicher Segen’,papieskie błogosławieństwo ‘päpstlicher Segen’,błogosławieństwo biskupa ‘Segen des Bischofs’,błogosławieństwo kapłana ‘Segen des Priesters’,błogosławieństwo Ojca Świętego ‘Segen des Heiligen Vaters’.
Das religiös-zeremonielle Profil stellt einen selbständigen Aspekt dieser Zusicherung dar, der sich zu einer eigenständigen liturgischen Handlung entwickelt hat. Es ist aufgrund der Häufigkeit dieses Aktes mit zahlreichen Belegen vertreten, weist aber eine eingeschränkte Verwendungsbreite auf (oft in Genetivverbindungen, vgl. slow. požehnanie plodov, sochy, predmetov ‘Segnung von Früchten, Statuen, Gegenständen’; mit relationalen Adjektiven:eucharistické požehnanie/ dt. eucharistischer Segen, tschech. svátostné požehnání/ dt. feierlicher Segen ,poln. prymicyjnebłogosławieństwo ‘Primizsegen, Segen bei der Priesterweihe’. Für die Gottesdienstform sind Bildungen mit Verben + na/ zum und Zeitanzeigen wie in den folgenden polnisch-deutschen Präpositionspaaren typisch: po/ nach, przed/ vor, podczas/ während usw.; vgl. , poln. po błogosławieństwie ‘nach dem Segen’, slow. ísť na požehnanie‘zum Abendsegen gehen’, zvoniť na požehnanie‘zum Abendsegen läuten’.
Das primär religiöse gratiale Profil, in dem die freie Zuwendung Gottes an den Menschen behandelt wird, tritt häufig in typischen Kollokationen Segen Gottes,göttlicher Segen,tschech. Boží požehnání auf.
In allen Sprachen lässt sich das starke Hervortreten des felizitativen Profils verzeichnen, in denen okkasionell auch eine religiöse Vorstellung anklingen kann, zumeist aber fehlt. Es wurde so genannt, weil sich Handlungen oder Ereignis sehr positiv auswirken, also ’glückbringend’ sind. Für das Polnische ist in diesem Profil charakteristisch, dass das Wort häufig für die Rettung oder Abwendung eines lästigen Zustands verwendet wird. Es handelt sich um eine Übertragung des Schemas göttlicher Gunst auf säkulare Zusammenhänge. Hier handelt es sich eigentlich um Zufälle, aber mit Resten der Wirkung eines übernatürlich verstandenen Fatums, das aber nicht personenbezogen wirkt, sondern so etwas wie eine glückliche Fügung oder ein Wink des Schicksals ist. Segen zieht in diesem Profil auch Wörter des Sacrums oder des Numinosen als Kollokatoren an (Segen stiften, poln. błogosławieństwo losu ‘ein Segen des Schicksals’, Fluch und Segen zugleich sein, poln. Przekleństwo manufaktury okazało się jednak dla gminy prawdziwymbłogosławieństwem.‘Der Fluch der Manufaktur erwies sich jedoch für die Gemeinde als wahrer Segen.’). Prädikativa sind für dieses Profil charakteristisch, vgl. dt. ein Segen (für <etw., jmdn.>)sein, einen Segen darstellen, etw. für einen Segen halten, tschech. být požehnáním ‘ein Segen sein’.
Allen Sprachen gemeinsam ist auch das approbative Profil (von lat. approbare ‘gutheißen, anerkennen’). Insbesondere im Deutschen wird damit nicht nur eine formale Genehmigung durch eine höhere Autorität ausgedrückt, sondern auch das Fehlen eines Widerspruchs zu einem Vorhaben durch eine solche Autorität betont werden kann (vgl. Meinen Segen hast Du!). Es handelt sich um eine Fokussierung auf den konzessiven Aspekt im religiös-performativen Profil und eine metonymische Übertragung desselben auf säkulare Kontexte. Für dieses Profil ist kennzeichnend, dass Segen hier fast nur in festen Kollokationen oder in Phrasemen vorkommt, vgl. Segen erhalten,seinen Segen geben,~ haben,mit dem Segen von <jmdm.>, poln. mieć <czyjeś> błogosławieństwo‘den Segen von jmdm. haben’,udzielić <komuś> błogosławieństwa ‘jmdm. den Segen erteilen’,z <czyimś> błogosławieństwem‘mit jmds. Segen’, slow./ tschech. s požehnáním‘mit dem Segen’ und slow. bezpožehnánia<niekoho>’ohne Segen von jmdm.’, tschech. mít požehnání k něčemu ‘die Erlaubnis zu etw. haben’.
Das Abundanzprofil ist für das Deutsche und Slowakische belegt. Es drückt die Idee der Fülle aus, die sich wie aus einem Füllhorn über die so Beschenkten überraschend oder scheinbar überraschend ergießt (vgl. die Kollokationen: unverhoffter Segen, unerwarteter Segen). Es liegt im Deutschen vor allem in Substantivkomposita vor. Während im Deutschen damit meist eine Fülle an natürlichen Phänomenen in positiver als auch häufig in negativ-ironischer Verwendung ohne Bezug zum Plan Gottes und zur göttlichen Vorsehung kennzeichnend ist, lässt der Gebrauch im Slowakischen häufig eine religiöse Konnotation erkennen. Es bezieht sich auch auf Phänomene, die traditionell auch als Ausdruck der Güte Gottes verstanden werden können, auch wenn kein direkter religiöser Bezug zu erkennen ist, wie z.B. Segen an Früchten und anderen Gaben der Natur sowie Kindersegen (požehnanie úrodu‘Segen der Ernte’,požehnaniedeťmi ‘Segen an Kindern, Kindersegen’). Kollokationen wie z.B. *medailové požehnanie ‘Medaillensegen’oder *snehové požehnanie ‘Schneesegen’ konnten für das Slowakische dagegen im Unterschied zum Deutschen nicht belegt werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in Bezug auf Segen eine stabile Polysemie in den betrachteten Sprachen vorliegt, wobei die Säkularisierungsprozesse in den meisten Profilen abgeschlossen zu sein scheinen. In Bezug auf das Abundanzprofil ist aber festzuhalten, dass insbesondere in den dort gebildeten Derivaten zeigt sich, dass es besonders im Deutschen Ausgangspunkt von aktuellen Säkularisierungsvorgängen ist und sich auch aktuell noch neue Domänen erschließt (vgl. neben den zuvor genannten Komposita auch die folgenden Verbindungen: Steuersegen, Geldsegen).
Derivate treten am stärksten im religiös-performativen Profil auf (oft verbale Ableitungen: dt. aussegnen,einsegnen,veraltet: sich besegnen, slow. prežehnať sa ‘sich bekreuzigen’,rozžehnať sa ‘sich verabschieden’,zažehnať ‘etw. Schlechtes abwenden, abwehren’, poln. Äquivalent zażegnać),žehnať sa ‘sich bekreuzigen’ (vgl. die Anmerkung oben zur Etymologie im Polnischen). Im Deutschen sind es zahlreiche substantivische Komposita. Im religiös-zeremoniellen Profil tauchen im Slowakischen und Tschechischen zwei verbale Präfigierungen auf, vgl. slow. požehnať ‘den Segen erteilen’,prežehnať ‘segnen’.
In den säkularen Profilen sind Wortbildungen weniger ausgeprägt, das felizitative Profil weist relativ noch die meisten Bildungen im Slowakischen auf (die aber allesamt nur Doppelungen der Derivate aus den religiösen Profile sind). Im Abundanzprofil des Slowakischen (auch im Tschechischen) taucht das Adverb požehnane ‘ein Übermaß von, reichlich’ auf. Besonders hervorzuheben sind die relativ vielen neuen Substantivkomposita im Abundanzprofil des Deutschen (ein Profil, in dem sich aktuelle die oben besprochenen Säkularisierungsvorgänge abspielen, vgl. Schneesegen, Medaillensegen). Im Polnischen kommen bis auf pobłogosławić ‘segnen’ keine Wortbildungen vor, wohl auch weil błogosławieństwoselbst bereits ein Derivat von Verb błogosławić ‘segnen’ ist.
In Bezug auf die Phraseme ist festzustellen, dass bis auf einige Formen in den religiösen Profilen (slow. Áronovské požehnanie/ dt. Priestersegen, tsch. domácí požehnání/ dt. Haussegen, poln. Góra Błogosławieństw ‘Berg der Seligpreisungen’), veraltet być w błogosławieństwie‘gesegneten Leibes sein, d.h. schwanger sein’ (häufiger być w stanie błogosławionym)vor allem feste syntaktische Verbindungen auftreten. Diese funktionieren in allen miteinander verglichenen Sprachen auf ähnliche Weise und können als profilanzeigend angesehen werden (s.o. bei der Besprechung der einzelnen Profile). Des Weiteren treten bestimmte Kollokationen gehäuft auf (Segen und Fluch zugleich sein).