Über das Projekt


Übergreifendes Ziel dieses Projekts ist es, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Sprachen in der Syntax und Semantik von experientiellen Verben anhand von präzisen empirischen Methoden zu ermitteln. Nachdem der Schwerpunkt der ersten Phase in der vergleichenden experimentellen und korpuslinguistischen Untersuchung ausgewählter nicht-kanonischer Experiencerobjekt-Eigenschaften (= sog. Psycheffekte) in ihrer syntaktischen vs. pragmatischen Bedingtheit lag, steht in der zweiten Phase eine typologische Untersuchung der Psych-Alternation (vgl. interessieren vs. sich interessieren) im Vordergrund.


Untersuchung

Dabei werden insbesondere die Rolle der morphologischen Basis von Psychverben sowie die syntaktischen und semantischen Eigenschaften der morphologischen Prozesse, die in der Psych-Alternation auftreten (Kausativierung, Dekausativierung, Konversion, Doppelderivation), betrachtet. In einer typologisch breit angelegten Untersuchung von 30 Sprachen werden zunächst die morphologischen Eigenschaften von Experiencerverben erhoben, vergleichend analysiert und in ihrer Relevanz für eine typologisch angemessene Experiencer-Theorie ausgewertet. Darüber hinaus wird mit einer quantitativen Methodologie die Bedeutsamkeit der morphologischen Unterschiede zwischen den Sprachen (a) für die Semantik und Syntax der Psychverben und (b) für die Realisierung von Experiencerereignissen im Diskurs ermittelt.

In einem Subsample von sechs Sprachen, das unterschiedliche morphologische Typen hinsichtlich der kausativen Alternation repräsentiert (Isländisch, Finnisch, Koreanisch, Spanisch, Chinesisch, Ungarisch), werden parallele experimentelle und korpuslinguistische Untersuchungen durchgeführt. Durch die experimentellen Studien werden Semantik und Syntax der Experiencerverben genau erfasst; durch quantitative Untersuchungen im Korpus wird der Einfluss dieser Eigenschaften auf das Verhalten der entsprechenden Verbkonstruktionen im Diskurs beobachtet.


Kausative Alternation

Die Untersuchungen schließen an die aktuelle theoretische Diskussion um die kausative Alternation an und bereichern diese um Erkenntnisse aus einer breiteren und bisher unberücksichtigten Palette von Sprachen. Weiterhin leistet das Projekt einen Beitrag zur lexikalischen Typologie und trägt wesentlich zur sprachvergleichenden Untersuchung der Direktionalität in der In/Transitivierung (Nichols et al. 2004) bei, indem Hypothesen bzgl. ihrer Abhängigkeit von typologischen Eigenschaften geprüft werden. Schließlich leistet dieses Projekt einen innovativen Beitrag zum aktuellen Paradigma sprachvergleichender Korpusuntersuchungen.


Hintergrund

Experiencer und Prädikate, die Experiencer selegieren, bilden einen zentralen Phänomenbereich der Theoretischen Linguistik, da sie Effekte auslösen, die außerhalb des regelhaften Verhaltens kanonischer (nicht-experientieller) Strukturen liegen. Dazu gehören Wortstellungs- und Bindungseffekte sowie besonderes Extraktionsverhalten oder Inselbildung. Verschiedene theoretische Annahmen sehen die Ursachen auf folgenden unterschiedlichen linguistischen Ebenen.

  • Semantisch-aspektuelle Eigenschaften
  • Syntaktische Eigenschaften
  • Diskurseigenschaften

Die empirischen Untersuchungen der besonderen Effekte in verschiedenen Sprachen tragen zu den bisherigen Erkenntnissen bei bzw. stellen sie in Frage. Außerdem können Faktoren genauer bestimmt werden, die für die besonderen Effekte verantwortlich sind. Dabei werden unter anderem berücksichtigt:

  • absolute & relative semantisch-aspektuelle Eigenschaften der Partizipanten (Belebtheit, Agentivität) und Prädikate (Verbklassen, Stativität, Kausativität, Individual-level/Stage-level)
  • Eigenschaften der Argumentstruktur und allg. syntaktische Eigenschaften (Kasus, syntaktische Funktion, Unakkusativität)
  • Interaktion mit sprachspezifischen Phänomenen (Scrambling, Left-Dislocation, morphologische/syntaktische Topikalisierung, Klitisierung, Quirky Subjects)
  • Interaktionen mit kontextuellen Bedingungen (Informationsstruktur, Diskursrelationen)

Sprachtypologie

Die besonderen Eigenschaften der Experiencer-Strukturen wurden über zahlreiche Sprachen hinweg festgestellt und untersucht. Deshalb liegt ein wichtiger Schwerpunkt des Projekts auf dem Sprachvergleich. Bisher untersuchte Sprachen sind unter anderem:

  • Deutsch
  • Griechisch
  • Ungarisch
  • Koreanisch
  • Chinesisch
  • Isländisch
  • Türkisch
  • Yukatekisch

Dabei wird im Besonderen darauf geachtet, vergleichbare Studien in verschiedenen Sprachen durchzuführen. Eine Herausforderung ist dabei die Berücksichtigung sprachspezifischer Eigenschaften. Die Interaktionen von Experiencer-Effekten mit sprachspezifischen Phänomenen ist ein wichtiger Erkenntnisbereich der Projektarbeit und trägt außerdem zu Übelegungen zur Konzeptualisierung typologischer Studien bei.


Methodik

Da kontrollierte linguistische Studien als zentrale Datenbasis unserer Forschungen dienen,  tragen wir durch Methodenvergleiche auch zur Diskussion über die Verlässlichkeit linguistischer Daten und der Datenerhebung bei.

Sehen Sie hierzu z. B. die Beiträge bei der AMLaP 2013 und bei der Linguistic Evidence 2014 im Bereich Publikationen.

Außerdem stellen wir die Datenbasis unserer Untersuchungen zur Verfügung. Unter Material & Daten finden Sie Auszüge aus den Experimenten sowie Vorlagen für das Experiment-Design.

dfg siegel











Über

In der aktuellen Projektphase werden die Rolle der morphologischen Basis von Psychverben sowie die syntaktischen und die semantischen Eigenschaften der morphologischen Prozesse, die in der Psych-Alternation auftreten (zum Beispiel Kausativierung, Dekausativierung, Konversion, Doppelderivation) mittels typologisch und methodologisch breit angelegter Erhebungen erforscht.

Veröffentlichungen

Belgian Journal of Linguistics
Features or scales in verb meaning? Verb classes as predictors of syntactic behaviour

Linguistic Evidence Online Proceedings
Word order acceptability and word order choice

Zeitschrift für Sprachwissenschaft
Backward binding as a psych effect: A binding illusion?

Experiencer

Experiencer und Prädikate, durch die sie selegiert werden (z.B. faszinieren, gefallen), bilden einen zentralen Phänomenbereich in Diskussionen der theoretischen Linguistik, da sie Effekte zeigen, die außerhalb des regelhaften Verhaltens kanonischer Verbstrukturen (z.B. bei schlagen) liegen und somit als Prüfstein für verschiedenste Sprachmodelle fungieren.