Jüdische Perspektiven 2.0: die zweite Reihe
Prof. Dr. Liliana Ruth Feierstein
Dieses Semester werden wir einen Blick auf die „zweite Reihe“ der Klassiker der Kulturwissenschaft werfen. Gemeinsam möchten wir ‚die Ränder beleuchten‘, um dort schließlich Autor*innen, aber auch Verleger*innen und Übersetzer*innen zu sehen, die an der Text(ur) kulturwissenschaftlicher Theorie vielleicht sanfter und darum eher unauffällig mitgewebt haben.
Unter anderen werden wir Texte von Émile Benveniste, Carlo Ginzburg, Isaiah Berlin, Marc Bloch, Georges-Arthur Goldschmidt, Franz Boas, Susan Sonntag, Emma Goldman, Sarah Kofman, Melanie Klein, Karl Abraham und Albert Memmi lesen.
Diese Vorlesung baut sachlich auf dem ersten Teil (Jüdische Perspektiven) auf, der im Winter stattgefunden hat. Dessen Besuch ist jedoch keine Voraussetzung, Studierende sind herzlich dazu eingeladen, auch neu einzusteigen und teilzunehmen. Die Perspektive bleibt dieselbe: die Geschichte der Kulturwissenschaft als eine der Grenzgänge, des Marginalen, der Spuren, der Ausnahmen und Details, der Indizien und Mikrogeschichte(n). Eine des anderen Denkens, der Isolation, der Verbrennung und des Exils, des Zuhörens, des Echos der Vergangenheit sowie des elliptischen Verstehens von etwas, das nicht da, aber trotzdem spürbar ist.
Die Vorlesung wird Klassiker der Berliner Kulturwissenschaft – sowohl aus dem deutschsprachigen als auch aus dem französischsprachigen Raum – mit Blick auf „deren“ Judentum, deren Biographie und Denken deuten, um dadurch einen erinnernden und unerwarteten Blick auf das Fach selbst werfen zu können.
(Alter/neuer) Rassismus und Antisemitismus. Verschwörungsnarrative & Hass-Rede
Prof. Dr. Liliana Ruth Feierstein
Prof. Dr. María do Mar Castro Varela
Unmittelbar nach dem Ausbruch der Pandemie kursierten weltweit Verschwörungstheorien im Netz, die oft rassistisch und/oder antisemitisch waren (und sind). So wurde zu Beginn der Pandemie die gesamte asiatische Community für den Ausbruch verantwortlich gemacht – dieser anfängliche Verdacht weitete sich schnell auf Migrant*innen im Allgemeinen, Roma und Sinti und Juden aus. Zudem deutet die jüngste Studie der Antidiskriminierungstelle des Bundes (ADS) darauf hin, dass Menschen mit Bezug auf die COVID-19-Pandemie meist aufgrund einer (angenommenen) ethnischen Herkunft diskriminiert werden. Grundsätzlich hat Alltagsrassismus, analog und virtuell in Form von Hassreden, deutlich zugenommen.
Im Seminar soll die Verschränkung von Verschwörungsnarrativen mit Antisemitismus und Rassismus vorgestellt und diskutiert werden. Den Ausgangspunkt bilden dabei aktuelle Verschwörungsnarrative; allem voran solche, die eine historisch überdauernde Kontinuität aufweisen und unter den Bedingungen der Pandemie eine neue Qualität bekommen haben. Sie enthalten ein neues ideologisches Amalgam aus EU-Ablehnung, Demokratiekritik, Impfgegnerschaft und Corona-Skepsis, das nicht nur aus falschen Informationen, sondern auch aus affektgeladenen Narrativen besteht.
Das Seminar kombiniert Textarbeit mit aktiver Gruppenarbeit, in der die Studierenden selbst recherchieren, analysieren und schließlich ihre Ergebnisse im Seminar präsentieren sollen.
Juden und Judentum in der DDR. Museum trifft Wissenschaft: Praxisseminar zu einem Ausstellungsprojekt am Jüdischen Museum Berlin
Prof. Dr. Liliana Ruth Feierstein in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum Berlin
BA-Projektseminar (Link zu Agnes)
Nach dem Holocaust entstand in Deutschland wieder jüdisches Leben – wenn auch in kleinen Zahlen. In der sowjetischen Besatzungszone begannen Überlebende ihre Gemeinden wiederaufzubauen. Der Wunsch, ein sozialistisches und besseres Deutschland zu schaffen, ließ dazu Exilierte zurückkehren.
Dieses Projektseminar widmet sich dem jüdischen Leben in der DDR – mit all seinen unterschiedlichen politischen, kulturellen, sozialen und religionspraktischen Facetten. In Kooperation mit dem Jüdisches Museum, das mit der Konzeption einer Wechselausstellung zu diesem Thema beschäftigt ist, werden wir die Möglichkeit haben, kuratorische Arbeit in ihren praktischen Aspekten kennenzulernen und an den Vorbereitungen zur Ausstellung aktiv teilzunehmen.
Anhand verschiedener Quellen und Texte sowie durch Gespräche mit Zeitzeug*innen werden wir uns zunächst mit der Geschichte der Juden und Jüdinnen in der DDR beschäftigen. Danach werden wir uns mit einigen Fragen des musealen Arbeitens und Vermittelns auseinandersetzen, um dann selbständig recherchieren zu können.
Examenskolloquium
Das Kolloquium ist offen für alle, die ihre BA- oder MA-Arbeit diskutieren möchten. Die Teilnahme ist nur nach einer verbindlichen Anmeldung bei tizian.raschpichler@hu-berlin.de möglich.