Neues Kunstwerk an der Humboldt-Universität: Klänge zum Trauern nach dem 7. Oktober
Tagesspiegel,
7. November 2011 (Eva Murašov)
„Ein qualvoller Atem, der fast wie ein Fauchen klingt: Das hört man als erstes, wenn man sich zwischen die vier Lautsprecher stellt, aus denen das Stück „Mo(u)rning“ im Foyer der Humboldt-Universität erklingt.
Bald darauf setzt ein Klagegesang auf Hebräisch ein, vermischt mit rhythmischen Klängen eines Zupfinstruments. Jüdische Musiktradition wird in den folgenden sechs Minuten zitiert, mit den Tonleitern und Harmonien, den Tönen einer Klarinette. Schnelle Streicher und elektronische Verfremdung stellen Anspannung her. „An dem Ort, an dem wir recht haben, werden niemals Blumen wachsen im Frühjahr“, sagt eine Frauenstimme. Allmählich findet der Klangteppich aus der Düsternis heraus. Es sind Kinderstimmen vernehmbar, die Worte auf Arabisch und Hebräisch sagen, lachen.
Die Soundinstallation hat der argentinische Komponist und Klangkünstler Juan Pablo Martini als Auftragswerk für die Humboldt-Universität geschaffen. Sie wird fortan zu jeder vollen Stunde im Foyer erklingen, an einem Ort, der auch Touristen und Passanten offen steht.“
Klangcollage an der Humboldt-Uni erinnert an den 7. Oktober
Jüdische Allgemeine,
8. November 2024 (Christine Schmitt)
„Vier Lautsprecher, vier Scheinwerfer und etwa 30 Quadratmeter Fläche: Mehr Platz braucht die Klanginstallation nicht. Studierende, Touristen und Lehrende eilen durch das Foyer der Berliner Humboldt-Universität (HU). Einige bleiben in der markierten Umrandung stehen und warten auf die Klangcollage, die in ein paar Minuten beginnt, am 7. November, 13 Monate nach dem Massaker der Hamas in Israel am 7. Oktober 2023.
Nachdem Gebet »El male rachamim« ertönen Gedichte, Stimmen, Verse von Yehuda Amichai und Mahmud Darwish, die den Sinn von Krieg und die Trauer thematisieren. Musikalische Fragmente aus der jüdischen und der arabischen Kultur werden hörbar sowie Variationen, die an das Nova-Festival erinnern sollen, bei dem mehr als 350 Israelis am 7. Oktober ermordet wurde.“
Jüdische Studien treffen Lateinamerikaforschung: Ein internationaler Workshop zu Utopie und Krise
Stiftung Preußischer Kulturbesitz,
News vom 22. Januar 2024
„Vom 11. bis 13. Januar 2024 fand der internationale Workshop „Krisenhaften Europa, Utopie Lateinamerika. Positionen jüdischen Schreibens zwischen ‚Alter‘ und ‚Neuer‘ Welt“ am Ibero-Amerikanischen Institut (IAI) und an der Humboldt Universität zu Berlin (HU Berlin) statt.
Studierende der HU Berlin sowie internationale Wissenschaftler*innen nahmen an dem 3-tätigen Workshop teil. Das Ibero-Amerikanische Institut empfing die Teilnehmenden am ersten Tag mit einer Besichtigung der Bestände aus den Sondersammlungen und der Bibliothek des IAI. Besondere Aufmerksamkeit erweckten die Plakate der „Liga Pro-Cultura Alemana“ aus Mexiko, welche die Vernetzung und die Solidarität mit jüdischen Exilierten während der Zeit des Nationalsozialismus abbilden. Im Anschluss fand der Eröffnungsvortrag des spanischen Historikers und Utopie-Forschers Juan Pro statt. […] Die folgenden Tage des Workshops am Institut für Kulturwissenschaft der HU Berlin boten Raum für den Austausch konkreter Forschungsergebnisse. Geschichten des jüdischen Exils und Migrationen zwischen Europa, Lateinamerika und der Karibik wurden am Beispiel der Rolle von Utopien in Literatur, Philosophie und soziologischen Denkens diskutiert.“
Tango: Tanz mit Migrationsgeschichte
HU Nachrichten,
17. August 2021
Ein Interview mit Liliana Ruth Feierstein
Der Tango entstand in den Zwischenräumen, an den Ufern, den Rändern, den Rissen. Die Erfahrungen und Kulturen der Heimatvertriebenen, Migrant:innen und Verbannten aus allen Ecken in der Welt, die in den armen Stadträndern von Buenos Aires und Montevideo aufeinander trafen, flossen in die Geschichte des Tangos ein.
So chaotisch wie die Immigrant:innen sich in den Häfen von Buenos Aires und Montevideo Ende des 19. Jahrhunderts vermischt haben, haben sich auch die musikalischen Einflüsse vermischt, die den Tango beeinflussten. Zu der Habanera, die zwischen Kuba und Spanien kursierte, kamen die Rhythmen der Mazurka aus Polen und der europäischen Polka hinzu, auch der andalusische Tango mit seinen Gitano-Einflüssen flossen ein, genauso wie afrikanische Rhythmen, der afro-lateinamerikanische Candombe und die Milonga. Dabei handelt es sich um populäre Tänze: Die Enkel der Sklave:innen und armen Immigrant:innen erfinden Melodien, Rhythmen und Muttersprachen an beiden Rändern des Río de la Plata neu.
„Habitar la letra, de Liliana Ruth Feierstein“. EL ANAQUEL: LIBROS DE FILOSOFÍA JUDÍA
Radio Sefarad (VIDA JUDÍA),
Audiobeitrag vom 18.4.2021
Mit Pablo Dreizik
Este libro reúne artículos escritos durante una década sobre la relación del judaísmo con la escritura y la transmisión de esta manera “letrada” de entender el mundo. Sus cuatro capítulos incluyen: 1) “Judaísmo y Escritura(s)” tematiza los lugares virtuales de esa pertenencia y las significaciones de su elección. 2) “Del dolor a la letra” despliega la escritura judía después de la Shoá, la difícil dialéctica entre el silencio y la palabra. 3) “(D)escribir el sur: Judeoamérica” es un intento por recuperar la herencia de la palabra escrita judía en esas tierras y alimentar la savia de las raíces judeoamericanas. Finalmente, 4) “La mala letra” analiza lo que la palabra escrita también puede lograr: olvido, discriminación, prejuicio. Es parte de un estudio más extenso sobre las representaciones de judíos y gitanos en los manuales de texto alemanes.
En Alemania hay „una vida judía posible“
DW Noticias,
Videobeitrag vom 21.2.2021
Ein Gespräch mit Liliana Ruth Feierstein
La vida judía en Alemania, que celebra sus 1.700 años, estará siempre marcada por los horrores del Holocausto. Pero la experiencia de vivir en la Alemania de hoy abre espacios a la comunidad a pesar del latente peligro del antisemitismo. Entrevista con la Dra. Liliana Ruth Feierstein, profesora de historia judía de la Universidad Humboldt de Berlín.
Labormäuse der Linguistik. Das Universum der Plansprachen
ORF (Ö1 DIMENSIONEN),
Sendung vom 20.1.2021
Ein Radiobeitrag von Sabina Adlbrecht
(u.a. mit Liliana Ruth Feierstein, Thomas Macho, Bernhard Tuider)
Wie schön wäre es, wenn es eine einzige Sprache gäbe, die alle sprechen könnten – zur Erleichterung der internationalen Verständigung und Förderung eines friedlichen Miteinanders. Solche Träume und Utopien von einer Welt ohne Übersetzung hat es immer wieder gegeben. Schon im 17. Jahrhundert hatte der deutsche Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz die Idee einer universalen Zeichensprache des Denkens, die es ermöglichen sollte, alle Objekte und ihre Beziehungen, Gesetze usw. abzubilden.
Seither wurden immer wieder Konzepte für die Entwicklung einer leicht erlernbaren Universal- oder Einheitssprache vorgeschlagen und umgesetzt – von Volapük über Esperanto bis hin zu Toki Pona oder Láadan. Aus literarischer Perspektive hat sich damit erst unlängst der österreichische Schriftsteller Clemens J. Setz beschäftigt: in seinem neuen Buch „Die Bienen und das Unsichtbare“.
Die doppelte Gefahr. Jüdische Perspektiven auf die Corona-Pandemie
Deutschlandfunk (Tag für Tag),
Sendung vom 11.12.2020
Christian Röther im Gespräch mit Robert Jütte, Stefan Probst und Liliana Ruth Feierstein
Die jüdische Bevölkerung sieht sich durch Seuchen doppelt bedroht: zur gesundheitlichen Gefahr kommt die gesellschaftliche Gefahr. Denn oft werden Jüdinnen und Juden beschuldigt, für Katastrophen verantwortlich zu sein – von der Antike bis zur Coronakrise.
Die Geschichte der Medizin in Europa ist auch eine jüdische Geschichte. Denn jüdische Ärzte waren hier jahrhundertelang überrepräsentiert – im Vergleich zum jüdischen Anteil an der Gesamtbevölkerung.
„Dadurch, dass die Juden in Europa sehr lange bestimmte Berufe nicht ergreifen durften, haben sie eher diese liberalen Berufe genommen – so wie Mediziner und so weiter. Da heißt, wir haben einen enormen Einfluss von jüdischem Denken in der Geschichte der Medizin in Europa“, sagt Liliana Ruth Feierstein.
Sie ist an der Berliner Humboldt-Universität Professorin für die transkulturelle Geschichte des Judentums. Im laufenden Wintersemester organisiert sie am Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien eine digitale Ringvorlesung mit dem Titel >Plage und Krankheit<.“
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Wissenschaft als nachträglicher Widerstand gegen den Nationalsozialismus
„DIE HUMBOLDTIANERIN“
Interview: Verena Namberger, humboldt chancengleich (die Zeitschrift der Frauenbeauftragten), April 2020, S. 32f.
Ein Gespräch mit Liliana Ruth Feierstein
Das kreative Potenzial bewusstmachen
HU Nachrichten,
19. November 2019
Liliana Ruth Feierstein und Daniel Weidner berichten von der Tagung „Diaspora und Gesetz. Kultur, Religion und Recht jenseits der Souveränität“
Unter dem Titel „Diaspora und Gesetz. Kultur, Religion und Recht jenseits der Souveränität“ diskutierten internationale Wissenschaftler*innen unterschiedlicher Fachrichtungen auf der Jahrestagung des Selma Stern Zentrums vom 17. – 19. November an der Humboldt-Universität. Prof. Dr. Liliana Ruth Feierstein (HU / Selma Stern Zentrum) und Prof. Dr. Daniel Weidner (HU / Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung), die die Jahrestagung des Selma Stern Zentrums organisiert haben, berichten.
Zuerst eine Begriffsklärung: In Deutschland leben Menschen vieler Nationen. Wann spricht man von Diaspora?
Feierstein: Diaspora ist ein Begriff, der, obwohl er aus der jüdischen Geschichte kommt, einen griechischen Wortstamm hat. Das zeigt bereits seine Komplexität und die verschiedenen Schichten, die in ihm zu finden sind. Historisch einzigartig und spannend ist die Tatsache, dass der Begriff der jüdischen Diaspora mit der Zerstörung des zweiten Tempels in Jerusalem entsteht: eine Kultur hat plötzlich kein politisches Zentrum mehr und lebt fortan „verstreut“, in der Diaspora (Zerstreuung).
Weidner: Viele Jahrhunderte später haben andere Nationen dieses Konzept übernommen: die Afroamerikaner, die Armenier; eine Anlehnung an die jüdische Geschichte stand dabei außer Frage. Vor einigen Dekaden breitete sich das Konzept der Diaspora massiv in den Sozialwissenschaften aus, oft wurde er dabei in einen einfachen geographischen Begriff umgedeutet: wer nicht „zu Hause“ ist, sei in der Diaspora. Wir würden den Begriff aber gerne mit seinen komplexen Konnotationen der Extra-Territorialität benutzen.
Link zum vollständigen Interview (von Ljiljana Nikolic)
Porträt der Woche
Jüdische Allgemeine,
29.11.2018
Ein Interview mit Liliana Ruth Feierstein
Jener Teil meiner Biografie, die Erfahrung der Fragilität, hat sicherlich dazu beigetragen, dass ich viel zu Gewalt und Diktaturen arbeite. Ich habe Philosophie und Literaturwissenschaft studiert und in Mexiko vor allem zu Indio-Minderheiten geforscht. Mit einem lateinamerikanischen Thema kam ich 2000 über ein DAAD-Stipendium nach Deutschland. Im Studium der Philosophie ist die deutsche Sprache sehr wichtig, und dennoch war das kein leichter Schritt – und für meine Eltern ein kleiner Schock. Es hat Jahre gebraucht, bis sie mich hier besucht haben.