Studien zum „autoritären Charakter“: Zur Aktualität eines Konzeptes

Liliana Ruth Feierstein und María do Mar Castro Varela (Alice Salomon Hochschule)

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Der nach Beendigung des Nationalsozialismus einsetzende Entnazifizierungsprozess beinhaltete nicht nur die Demokratisierung aller staatlichen und zivilgesellschaftlichen Institutionen und der Demontage wichtiger Produktionsstätten sondern auch einen radikalen Eingriff in die pädagogischen Institutionen. Für die US-amerikanischen Alliierten war klar: die deutsche Bevölkerung bedurfte einer „re-education“. Die Befreiung Deutschlands von der Naziherrschaft war der Startpunkt zu einem langwierigen und komplexen pädagogischen Experiment. Konnte es gelingen, fragten sich die Alliierten, die deutsche Bevölkerung mithilfe pädagogischer Maßnahmen zu „guten Demokrat*innen“ zu erziehen? Und wenn ja, wie?

Im Seminar werden wir Adornos Untersuchungen zum autoritären Charakter lesen und diskutieren. Bekanntlich versuchte er Ende der 1940er Jahren hier Antworten darauf zu finden unter welchen Umständen Menschen anfällig werden, faschistischen Ideologien zu verfallen. Neben der Lektüre des Originaltextes aus dem Jahre 1950 werden wir uns begleitend auch weitere Texte ansehen und dabei die Frage verfolgen, ob und inwieweit die Überlegungen Antworten bereitstellen, um die soziale und politische Situation Europas, die durch eine fortschreitenden Rechtsruck charakterisiert werden kann, zu verstehen.

Lektüreseminar: Denken in finsteren Zeiten: Hannah Arendt’s Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft

Lutz Fiedler und Liliana Ruth Feierstein

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Hannah Arendts Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft zählt zu den Klassikern einer theoretisch fundierten Geschichtsschreibung wie einer politischen Ideengeschichte. Im Seminar wollen wir uns diesem Grundlagentext aus unterschiedlichen Perspektiven nähern. Neben dem Nachvollzug von Arendts Darstellung einer Verfallsgeschichte des modernen Nationalstaats sollen die jüdischen Geschichtserfahrungen in den Blick genommen werden, die Eingang in das Buch gefunden haben. Vor dem Hintergrund einer Deutung von Arendts opus magnum als kumulativer Gewaltgeschichte soll wiederum eine Lesart erprobt werden, die Arendts Unterscheidungen in der Darstellung von Kollektivgewalt nachgeht. Auch wenn wir Arendts Hauptwerk im Seminar nicht vollständig lesen werden, wird eine hohe Lesebereitschaft vorausgesetzt.

Seminar: Konkurrierende Gesetze und Rechtssysteme in der europäischen Geschichte

Viola Beckmann

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Im Seminar wird das Aufeinandertreffen und die Aushandlung konkurrierender Rechtssysteme thematisiert, mit der sich unterschiedliche Bevölkerungsgruppen innerhalb staatlicher Gemeinwesen konfrontiert sehen. Dabei sollen sowohl historische Perspektiven eingenommen als auch aktuelle Fragestellungen formuliert werden, die angesichts des durch Migration sich verändernden Europas in den nächsten Jahrzehnten immer wieder neu zu stellen sein werden.

Die Frage nach gesellschaftspolitischen Konfliktpotentialen und Konfrontationen zwischen religiösen Normensystemen, Institutionen und gesellschaftlichen Gruppierungen und dem modernen Rechtsstaat erschöpft sich dabei nicht allein auf eine Beschreibungen der Aushandlung zwischen Mehrheits- und Minderheitsgesellschaft. Vielmehr verweisen sie zugleich auf den residualen Fortbestand einer vormodernen korporativen Ordnung innerhalb der Strukturen des modernen National- und Rechtsstaats. Emblematisch steht dafür etwa das Beispiel des Kirchenasyls, im dem sich Konflikte zwischen Staats- und Kirchenrecht und damit zwischen zwei konkurrierenden Rechtssystemen verdichten. Ein solcher Zugriff lässt sich bspw. auch auf die Autonomie der Universitäten ausweiten, die als universitas der vormodernen korporativen Rechtsordnung erwachsen waren.