Eine Generation von Helden und Zeugen – Erfahrungen jüdischer Rotarmisten während des II. Weltkriegs
Doktorand am Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg, Humboldt-Universität zu Berlin
Norman Salusa geht in seinem Promotionsprojekt der Frage nach, wie die Erlebnisse antisemitischer Gewalt von Juden und Jüdinnen in der Roten Armee während des II. Weltkrieges die Zugehörigkeitsvorstellungen geprägt und verwandelt haben. Damit zusammen hängt die vermittelte wie unvermittelte Erfahrung, Augenzeuge der Massenvernichtung der jüdischen Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten geworden zu sein und nun das Erlebte in Briefen und Tagebüchern dokumentieren, verbreiten und für die Zukunft bewahren zu wollen. Darüber hinaus stellen sich weitere Fragen bezüglich der Tradition eines historischen Erfahrungsraums, der mit Juden und Militär umrissen werden kann. Der Inhalt dieses Diskurses über Krieg und Judentum kann in den Artikeln der Militärzeitung Roter Stern oder der jiddischsprachigen Eynikayt nachvollzogen werden, auf deren Seiten zum einen ein „neuer Jude“ als heldenhafter, mutiger und patriotischer Kämpfer eine gesonderte Rolle spielte und zum anderen die Auseinandersetzung mit der jüdischen Katastrophe in den deutschbesetzten Gebieten. Somit lassen sich die Vorstellungen jüdischer Zugehörigkeit, die zwischen der Intelligencija und einfachen Soldaten genauso wie der vorrevolutionären und postrevolutionären Generation zirkulierten, anhand des Dialogs zwischen Egodokumenten und Printmedien rekonstruieren. Hier spiegeln sich die Transformation der Nähe-Distanz Beziehung zwischen Sowjetstaat und jüdischer Minderheit wieder, die sich in Vermittlerfiguren wie dem Schriftsteller Ilja Ehrenburg, der während des Krieges hunderte von Briefen erhielt, kristallisiert.