Weiselaufzucht

  1. Entwicklung der Vermehrung
    Die Vermehrung geschah früher ausschließlich durch die Verwendung eingefangener Schwärme. Später bildete man Ableger durch Teilung von Bienenvölkern vor dem Schwärmen. Erst in neuerer Zeit wird die Vermehrung von Königinnen aus besonders leistungsfähigen, sanften und schwarmträgen Völkern vorgenommen. Seitdem mit Hilfe von Belegstellen und durch Anwendung der künstlichen Besamung die Verpaarung der Königinnen kontrollierbar ist, werden auch Drohnen von ausgelesenen Völkern planmäßig eingesetzt.
  2. Zuchtvolk und Zuchtstoff
    Für die Weiselaufzucht verwendet man Zuchtstoff (meist jüngste Larven) aus einem leistungsgeprüften, durch Körung als nachzuchtwürdig anerkannten Bienenvolk. Das Zuchtvolk liefert Zuchtstoff meist für mehrere Imker und für mehrere Aufzuchtserien.
  3. Pflegevolk
    Die Aufzucht der jungen Larven zu Königinnen wird in Pflegevölkern vorgenommen. Ein Pflegevolk ist stark und brutfreudig, hat demnach einen gut entwickelten Pflegetrieb. Das Pflegevolk wird meist entweiselt. Die vom Volk selbst gebildeten Weiselzellen werden ausgebrochen. Das Volk ist nun hoffnungslos weisellos und bereit, aus fremdem Zuchtstoff Königinnen aufzuziehen.
  4. Umlarven
    Dafür hat der Imker einen Zuchtrahmen vorbereitet, in dem sich 20-30 an Stopfen geklebte künstliche Weiselnäpfe aus Wachs oder Kunststoff befinden. Nun wird der Zuchtstoff umgelarvt. Dazu werden jüngste weibliche Larven im Alter von wenigen Stunden bis zu einem Tag mit Hilfe eines Umlarvgerätes  aus ihren Zellen gehoben und in die Weiselnäpfe gelegt. Der Zuchtrahmen mit den belarvten Weiselnäpfen wird in das Pflegevolk gehängt, das sofort die Fütterung der Larven mit Weiselfuttersaft startet. Nach 5 Tagen Larvenzeit sind die Weiselzellen verdeckelt.
  5. Anbrüter
    Vielfach werden die belarvten Weiselbecher nicht unmittelbar ins Pflegevolk, sondern zunächst einem Starter- oder Anbrütevolk gegeben. Das ist dann notwendig, wenn man die Larven von einem Züchter bezieht und zum eigenen Bienenstand transportieren muss. Im Anbrüter befinden sich ca. 2 Futterwaben, eine Wasserwabe und Jungbienen eines Pflegevolkes. Das Belarven der Weiselbecher, die sich in Zuchtleisten oberhalb der Waben befinden, geschieht ab ca. 2 h Weisellosigkeit des Anbrütevölkchens. Nach 24 h Haft ohne Ausflug werden die angepflegten Weiselzellen mit den Bienen dem Pflegevolk übergeben.
  6. Verschulen
    Am Morgen des 11. Tages nach dem Umlarven werden die Weiselzellen verschult. Dazu bringt man sie in getrennte Schlüpfkäfige, indem man den Zuchtstopfen mit der daran hängenden Weiselzelle auf die Öffnung des Schlüpfkäfigs setzt und damit den Käfig verschließt, dem zuvor etwas Futterteig und einige Begleitbienen beigegeben wurden. Bei neueren Zuchtsystemen z.B. Nicot müssen keine Begleitbienen beim Verschulen zugegeben werden. Durch das Verschulen wird verhindert, dass das Pflegevolk mit der zuerst geschlüpften Königin schwärmt oder die später zum Schlupf kommenden Weiseln getötet werden. Die Schlüpfkäfige kann man in einem Hürdenrahmen stellen und wieder ins Pflegevolk zurückgeben, oder man lässt die Königinnen bei 35° C in einem Brutschrank schlüpfen. Um die erforderliche Luftfeuchtigkeit von 50-70 % zu erhalten, werden Schalen mit Wasser in den Brutschrank gestellt. Am 12. Tag nach dem Umlarven - ab dem 15. Tag nach der Eiablage - schlüpfen die Königinnen.
  7. Zeichnen
    Für die Zuchtdokumentation, um das Alter der Königin zu erkennen, aber auch zum leichteren Auffinden in ihren Völkern werden die geschlüpften Weiseln gezeichnet. Dazu klebt man ihnen ein Plättchen aus Kunststoff auf das Rückenschild. Das Zeichenplättchen enthält eine Nummer und trägt die Farbe des Schlupfjahres. Im fünfjährigen Turnus werden die Weiseln in der Reihenfolge weiß, gelb, rot, grün und blau gezeichnet. Für die Jahresendzahlen 1 und 6 gilt jeweils weiß.
  8. Verpaarung
    Die jungen Königinnen werden unterschiedlich verwendet. Für die unkontrollierte Paarung am Stand kann man sie Begattungsablegern mit 3-5 besetzten Waben im Ausfresskäfig unter Futterteigverschluß zusetzen. Nach erfolgter Begattung kann die Weisel gleich in ihrem Volk verbleiben. Zum Zwecke der kontrollierten Paarung durch natürliche Begattung auf einer Belegstelle oder durch künstliche Besamung werden die Königinnen zusammen mit jeweils ca. 1000 (eine Schöpfkelle voll) jungen über ein Absperrgitter gesiebte Bienen in einen Begattungskasten (Ein- oder Mehrwabenkästchen) verbracht, der mit ausreichend Futterteig versehen ist. Einwabenkästen sind beidseitig mit einer Glasscheibe versehen, so dass man den Beginn der Eiablage leicht kontrollieren kann. Wegen fehlender Wärmeisolierung müssen sie in Schutzhäuschen untergebracht werden. Mehrwabenkästen verfügen über mehrere Wabengassen, und ihre Außenwände sind isoliert. Zur Kontrolle der Eiablage muss man die Waben einzeln herausziehen.
  9. Belegstelle
    Belegstellen oder -stationen sind vor dem Zuflug fremder Drohnen weitgehend bis vollkommen geschützte Standorte, an denen die Begattungsvölkchen zum Zwecke der Verpaarung mit Drohnen der dort vorhandenen Drohnenvölker aufgestellt werden. Die Königinnen der je nach Umfang der Anpaarungen etwa 10-20 Drohnenvölker sind meist eine Gruppe von Geschwistern, deren Muttervolk auf Grund einer Leistungsprüfung gekört wurde. Da die Drohnen aus unbefruchteten Eiern hervorgehen, können die Königinnen der Drohnenvolksippe selbst unkontrolliert gepaart sein. Man unterscheidet Insel- und Landbelegstellen.
    Inselbelegstellen können als vollkommen paarungssicher bezeichnet werden, wenn sie etwa 3-4 Kilometer über Wasser vom Festland und anderen Inseln entfernt sind und sich auf der Insel außer der Drohnenvolksippe keine anderen Bienenvölker befinden.
    Da sich die Geschlechtstiere über Entfernungen bis zu 10-12 km entgegenfliegen können, sind Landbelegstellen nur dann weitgehend paarungssicher, wenn in einem großen Umkreis die Völker der dort vorhandenen Bienenstände der gleichen Zuchtrasse oder Zuchtlinie angehören. In den verschiedenen Ländern existieren unterschiedliche Zuchtrichtlinien, z. T. auch gesetzliche Bestimmungen zum Schutz von Belegstellen.
    Nach den Zuchtrichtlinien des Deutschen Imkerbundes e. V. als Dachorganisation der Imker-Landesverbände werden unter den Landbelegstellen Rasse- und Linienbelegstellen unterschieden.
    Rassebelegstellen verfügen über einen Schutzbezirk im Radius von mindestens 6 km. Alle Völker in diesem Bereich müssen derselben Bienenrasse angehören. Damit sowie durch die Aufstellung vieler Drohnenvölker soll ein Übergewicht der Rassedrohnen gegenüber Fremddrohnen erreicht werden.
    Linienbelegstellen sollen einen Schutzbezirk von 7-10 km haben. Alle darin befindlichen Bienenvölker müssen ständig auf die Zuchtlinie der Belegstelle umgeweiselt werden.
    Über die Zuchtrichtlinien hinaus gibt es in einigen Bundesländern, wie Bayern, Brandenburg und Thüringen gesetzliche Bestimmungen, die gewährleisten sollen, dass in den meist auf 10 km festgelegten Schutzbereichen der Belegstellen keine linienfremden Bienenvölker gehalten werden.
  10. Künstliche Besamung
    Die künstliche Besamung (KB) von Bienenköniginnen ist die sicherste Methode zur kontrollierten Paarung. Im Rahmen der Züchtung sind gezielte Anpaarungen möglich. Bei der Festigung von Vatertiermaterial für Landbelegstellen spielt die KB ebenfalls eine Rolle.
    Die Mehrfachpaarung in der Natur sollte auch in der KB durch Spermamischung von Drohnen aus mehreren Geschwisterdrohnenvölkern nachempfunden werden, um die genetische Vielfalt zu erhalten.
    Es gibt in den Bieneninstituten und Imkerlandesverbänden Besamungstechniker, die die KB vornehmen können. In einigen Instituten werden Besamungslehrgänge angeboten.
    Die KB wird mit Hilfe eines Besamungsgerätes vorgenommen. In dem Weiselhalter ist die Königin festgelegt und wird mit einer dosierten Menge CO2 in Narkose gehalten. Unter einem Stereomikroskop öffnet man die Scheide der Königin mit zwei kleinen Häkchen und besamt mit Hilfe einer Spritze, auf die zuvor das Drohnensperma aufgenommen wurde. Einen Tag vor der Besamung wird die Königin ca.5 min. narkotisiert. Durch die zweimalige Narkose geht die Königin zügig in Eilage.
  11. Das Zusetzen von Königinnen
    Bei der Weiselaufzucht wie bei der Begattung oder künstlichen Besamung treten Verluste auf. Eine aus einem leistungsgeprüften, gekörten Zuchtvolk gezogene und kontrolliert gepaarte Königin ist deshalb bis zu 50 Euro wert. Beim zudem riskanten Einweiseln einer begatteten Königin ist deshalb besondere Sorgfalt geboten.
  12. Kunstschwarm
    Unter den zahlreichen Zusetzmethoden gilt das Kunstschwarmverfahren als besonders sicher. Eine Variante ist der Freiluft-Kunstschwarm. Über einem Tisch wird ein quadratisches Brett (Schwarmlocker) oder ein offener Kunstschwarmkasten aufgehängt, an dem der Käfig mit der Königin ohne Begleitbienen unter Futterteigverschluss befestigt ist. Auf dem Tisch werden die Bienen eines Volkes oder mehrerer Völker abgefegt. Altbienen fliegen zu ihrem Volk zurück. Die pflegewilligen Jungbienen setzen sich als Schwarmtraube an das Brett mit der Königin. Ein Kunstschwarm soll etwa 2 kg wiegen. Die Weiterverwendung geschieht wie bei einem eingefangenen Naturschwarm.
  13. Einsetzen in ein Volk
    Relativ sicher ist auch das Einsetzen in ein 9 Tage weiselloses Volk. Dem entweiselten Volk werden nach 9 Tagen, wenn alle Brut verdeckelt ist, in Verbindung mit sorgfältiger Kontrolle alle selbst gezogenen Nachschaffungszellen entnommen. Die ohne Begleitbienen  gekäfigte Königin wird zwecks Geruchskontakt zunächst unter Verschluss, einen Tag später, wenn sie durch das Käfiggitter gefüttert wird, unter Futterteigverschluss zugesetzt. Im Spätsommer nach erfolgter Ameisensäurebehandlung können die Königinnen auch direkt ausgetauscht werden. Die alte Königin wird aus dem Bienenvolk entnommen und die junge Königin wird zwischen die offenen Brutwaben in einem mit Futterteig verschlossenem Käfig eingehängt.


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